10 | Startschuss

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Mein Atem ging ruhig, mein Herz schlug gleichmäßig. Ich war bereit. Gleich würde ich die Arena sehen. Die aufkeimende Aufregung unterdrückte ich mit einem angespannten Lächeln. Die Menschen im Kapitol sollten zuerst mein Lächeln sehen. Sie sollten die perfekte Victoria sehen. Die, die alles und jeden besiegen würde.
Doch als ich ein Knacken vernahm und anhielt wusste ich, dass mein Lächeln niemand sehen würde.
Es war stockdunkel.
Ich hatte keine Ahnung wo ich war und wo die anderen waren. Würde es immer dunkel sein in dieser Arena? Waren vielleicht Nachtsichtkameras auf uns gerichtet?
Ich schloss einen Moment die Augen, straffte meine Schultern und lächelte wieder. Es war egal ob ich es nur für mich tat oder ob mich wirklich jemand sehen konnte, doch ich sollte perfekt sein. Schließlich war ich die zukünftige Siegerin.
"Willkommen zu den 40. Hungerspielen! Wir freuen uns Sie dieses Jahr als Tribute begrüßen zu dürfen. Möge das Glück stets mit euch sein.", die Stimme beendete ihre Rede schnell. Wobei man die wenigen Worte nicht als Rede bezeichnen konnte.
Kalter Wind wirbelte durch meine Haare und ich war froh, dass Jalica mir einen Haargummi ums Handgelenk gelegt hatte. Sie war wirklich wundervoll und würde dank mir wahrscheinlich groß rauskommen.
Eine große 60 erschien einige Meter von mir entfernt und ich wusste, dass dies der Countdown sein würde. Doch wohin sollte ich laufen, wenn ich nichts sehen konnte?
Diese Frage erübrigte sich allerdings, denn nach der ersten Sekunde die verstrich wurde es mit einem Schlag hell. Ich blinzelte gegen das Licht und versuchte schnellstmöglich etwas erkennen zu können.
Was ich sah, verschlug mir jedoch den Atem.
Wir standen mitten in einer riesigen Halle, die wie durch eine Kuppel überdacht war. Sie leuchtete in den schönsten Farben der aufgehenden Sonne und wurde von unzähligen weißen Säulen getragen, die wundervoll verziert waren.
Sie hatten sich unglaublich viel Mühe gegeben, waren sogar bis ins kleinste Detail gegangen. Ich strahlte.
Es waren noch 40 Sekunden Zeit, als ich all die Waffen um uns herum liegen sah. Natürlich waren unzählige Dolche dabei, die ich sofort musterte.
Sie würden unglaublich gut in meinen Händen liegen und noch besser aussehen, wenn sie im Rücken des letzten Tributen stecken würden.
Doch ich war auch ein Karriere Tribut, was hieß, dass ich mein Augenmerk auch noch auf etwas anderes richten sollte. Auf meine Mittribute.
Ich entdeckte Telum nicht sehr weit von mir entfernt und lächelte ihm aufmunternd zu, auch wenn er es nicht erwiderte. Doch das war ich schließlich schon gewohnt. Er nahm mich immerhin zur Kenntnis.
Ebenso entdeckte ich Lia und Triton. Sie schienen genauso bereit zu sein, endlich loszustürmen wie ich selbst es war.
Endlich ging es los und das Gemetzel würde für viele schwächliche Tribute nicht gut enden.
Die Sonne stieg noch höher und endlich konnte man über die ganze Arena blicken. Mit Erstaunen musste ich nämlich erkennen, dass wir in einem hohen Turm standen. Wir waren hocherhoben, die Arena weit unter uns. Springen würde wahrscheinlich den Tod bedeuten. Was teilweise ein Vorteil werden könnte, wir könnten einen Gegner bis zum Rande des Turms hetzen und ihn dann einfach hinunterschubsen. Vielleicht ein grausamer Tod aber immerhin eine gute Show.
Ich blickte in Richtung Sonne und schien im ersten Moment auf Wellen zu blicken, doch als ich ein weiteres Mal blinzelte erkannte ich, was es wirklich war. Eine Wüste. Sandkorn um Sandkorn schien sich aufzutürmen und ich erschauderte. Nein, in dieses Gebiet wollte ich nun wirklich nicht unbedingt eindringen. Man hatte wenig Kontrolle im Sand und ob es dort eine Wasserquelle gab oder nicht war schwer zu sagen. Jedenfalls konnte man von meiner Warte aus nicht sehr viel sehen.
Die dunklere Seite deutete auf Flachdächer und Häuser hin. Es wirkte wie eine kleine verlassene Stadt, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass diese Stadt nur so von Mutationen wimmeln musste. Überall bietete sie gute Verstecke und dies würde es schwer machen andere Tribute aufzustöbern. Doch mithilfe von den Spielmachern und ihren Mutationen würden sie wohl oder übel aus ihren Löchern kriechen müssen.
Dann erschien die Zahl 10 auf der Anzeigetafel und ich musste mich bereit machen. Meine Konzentration galt nur dem Füllhorn und den Waffen die darin auf mich warteten.
Beinahe direkt vor meinen Füßen lag ein Dolch und ich würde ihn nehmen, um schon die ersten Gegner auszuschalten.
Neben mir erkannte ich das Mädchen aus Distrikt 5 und ich wusste, dass sie fällig war.
Sie würde die Erste sein, denn ihr Blickt sagte mir alles was ich brauchte. Sie war zerfressen von Angst und würde wahrscheinlich nicht einmal merken, wenn ich sie dann durchbohrt hatte.
Der Startschuss erklang und ich schnellte nach vorn.
In einer fließenden Bewegung griff ich zu Boden, bekam den Dolch zu fassen und wirbelte wieder herum. Das Mädchen schien sich kaum bewegt zu haben.
Mit einer gekonnten Drehung schnitt ich ihr den Bauch auf und sie landete gurgelnd auf dem Boden. Ich kümmerte mich nicht weiter darum, sondern lief so schnell ich konnte in Richtung Füllhorn, wo ich meine Verbündeten vermutete.
Immer wieder Riss ich meinen Dolch nach oben, verletzte oder tötete Tribute, ich wusste es nicht. Doch es war auch nicht wichtig, solange ich immer jemanden traf.
Körper knallten aneinander, fielen übereinander her und kämpften um Rucksäcke oder ums Überleben.
Ich lachte als zwei Mädchen sich kreischend aufeinander stürzten. Sie würden sich wahrscheinlich gegenseitig töten.
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie sich jemand an mich heranschlich und ich wirbelte herum. Natürlich hatte der Tribut keine Chance gegen mich und glitt nach wenigen Sekunden blutüberströmt zu Boden.
Etwas außer Atem gelangte ich ans Füllhorn und wenige Minuten später war das Gemetzel zu Ende.
Lia, Triton, Telum und ich waren die Einzigen, die noch am Füllhorn waren und wir würden uns nun Gedanken machen müssen, wie wir die Verfolgung der Überlebenden aufnahmen.
Glücklich sank ich erst einmal zu Boden.
Der erste Schritt in die richtige Richtung war getan.

Der erste Schritt in die richtige Richtung war getan

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Victoria Masterson - Die 40. HungerspieleWhere stories live. Discover now