Kapitel 14

2.1K 154 20
                                    

Ich kann Ardy kaum beschreiben. Er ist ein Mensch, den ich schwer einschätzen kann. Irgendwie mysteriös, dennoch nicht so mysteriös wie Thaddeus.

Wir sitzen noch immer herum. Hier, auf diesem Rastplatz, neben dem ekeligen Toilettenhäuschen, und unterhalten uns über Dinge, die so dämlich sind wie meine Idee war ihn aus seiner Haft zu holen. Er riecht nach Rauch, kaum merkbar, aber dennoch für meine feine Nase offensichtlich. Seine Finger malen immer wieder die selben Ovale in den Sand, auf dem wir sitzen. Wir verschwenden Zeit Thaddeus zu finden. Aus meiner Sicht. Ich weiß nicht einmal, ob Ardy Thaddeus finden will. Ich glaube einfach, dass er mich benutzt hat, nichts weiter. Er ist nun wieder frei, so gut wie. Ich bin einfach leichtsinnig gewesen.

»Du wirst mir nicht weiter helfen, oder?« Ich lehne meinen schweren Kopf gegen das herunterkommende Häuschen.

»Denkst du, ja?«, stellt er die Gegenfrage. »Wieso bist du dir da so sicher?«

»Keine Ahnung, ist so'n Inneres Ding. Du bist jetzt wieder frei und kannst gehen wohin du willst.«

Er setzt sich gerade auf, schaut mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an und kräuselt seine Lippen in ein lächerliches Lachen.

»Zu Fuß komm ich nicht weit, Schätzchen. Ich brauch dich um aus dieser elendigen Stadt zu kommen. Ich hab kein Auto, du schon.«, er grinst, »Lass uns einen Deal machen. Einen weiteren. Du bringst mich etwas herum und ich erzähl dir währenddessen alles was ich über Taddl Tjarks weiß.«

Meine Augen treffen seine und verharren in ihnen. Sein Gesichtsausdruck wird bitterlich ernst und seine Mundwinkel senken sich zu einem schmalen Strich. Die Brauen in die Höhe gezogen. Ich glaube, dass er mit mir scherzen will, doch er meint es todernst. Mein vorgelogener Mann meint es todernst.

»Nichts weiter? Du hast unseren letzten Deal nicht einmal eingehalten.«, frage ich. Er schüttelt seinen Kopf. »Okay« und ich schüttle seine Hand einstimmig.

»Wie lautet der letzte Deal?«, fragt er mich zur Wiederholung.

»Ich hol' dich aus den Griffen der Polizei und du erzählst mir was über Thaddeus.« Grübchen hinterlassen auf seinem Gesicht Einkehrungen.

»Ah«, sagt er daraufhin und steht vom sandigen Boden auf. Er starrt mich eine Weile vom Auto aus an. Und er tut nichts anderes als dort zu stehen und seine Arme vor seiner Brust zu verschränken. »Kommst du?«, ruft er zu mir rüber.

Ich rapple mich auf, gehe zu ihm rüber und sehe, als wir zwei im Auto sitzen, auf seine gefesselten Hände. Mir tut seine Gefangenheit leid, aber es gibt nichts womit ich ihm helfen könnte. Hier ist keine Axt, mit der ich die Schellen in zwei spalten könnte. Das ist eine Raststätte, kein Baumarkt. Das erloschene Duftbündelchen an dem Rückspiegel wackelt, als ich den Motor an lasse und das Auto beginnt zu brummen. Er fährt das Fenster auf seiner Seite herunter.

»Hast du'ne Zigarette?« seine raue Stimme dringt in meine Ohren, nebenbei beginnt ein mir unbekanntes Lied im Radio zu spielen.

»Ich rauche nicht.«, sage ich.

»Solltest du mal probieren. Beruhigt.«, sagt er und schnauft frustriert. Der Wind zieht ins Auto, ich beschleunige auf der Autobahn. Der Wind macht es schwierig ihn zu verstehen, zu laut. »Jetzt komm' mir nicht mit diesem "ich bin die Ruhe selbst" Gedöns, das bist du nicht. Absolut nicht.«

»Ich weiß«, antworte ich ihm und dann schweigen wir, bis ich es aufgebe mit ihm ein Gespräch anzufangen.

Ich weiß weder, wohin wir fahren und welche Stadt ich ansteuern soll, noch ob die Polizei uns eher finden wird, als wir Thaddeus oder etwas das die Handschellen entfernen kann. Ich höre den Gesang aus dem Radio nur verzerrt und bin müde von meiner Frustration über Thaddeus Tjarks. Wieso musste er mich auch einfach verlassen? Wieso das alles? Wieso fahre ich mit Ardian Bora auf der Autobahn, obwohl ich ihn nicht einmal kenne? Wieso ignoriere ich die Anrufe meines Vaters, die sich immer mehr stauen und wieso kehre ich nicht einfach um und fahre nach Hause, lasse mich von den ganzen alten Erinnerungen umbringen und endlich meinen Depressionen unterwürfig werden?

Mystery | Taddl Where stories live. Discover now