26. Kapitel - Ich kann nichts anderes.

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Es ist alles wie immer. Zumindest kommt es mir so vor. Die Jungs benehmen sich nicht anders als sonst. Nur merke ich hin und wieder seltsame Blicke von ihnen auf mir. Am Vormittag sind Chris, John und Kyle wieder zum Klettern gegangen so bin ich mit Andy alleine. Was bedeutet dass wir Karten spielen und wir haben sogar Spaß. Überhaupt Andys lächerliche Versuche zu schummeln. Als er dann das fünfte Mal aufliegt gibt er auf und schmeißt die Karten hin. Das Spiel und somit unsere Alibibeschäftigung ist vorbei.

Eine unangenehme Stille breitet sich zwischen uns aus. Er würde bestimmt am liebsten einfach abhauen. Aber er ist gut erzogen, das hab ich in den letzten Tagen schon gemerkt und deswegen bleibt er hier neben mir sitzen. Mit jeder Sekunde voller Stille werde ich nervöser und dann frage ich das erst Beste, und dümmste was ich nur fragen könnte: „Du bist also Mechaniker?" Er lacht kurz auf und nickt: „Ja, du denkst dir sicher was hab ich denn für einen mindern Job als die anderen drei aber es ist gut so."

„Nein! Das wollte ich überhaupt nicht sagen.", beeile ich mich schnell hinterherzuschieben. Ich wollte doch nur ein Gespräch aufbauen und ihn nicht beleidigen. „Schon gut. Es ist nun Mal so. ich verdiene nicht schlecht aber ich kann von dem Geld der anderen nur träumen.", er klingt überhaupt nicht verbittert. „Andrea das wollte ich nicht damit sagen. Ich kenne mich nicht wirklich in der Formel 1 aus. Also.. ach keine Ahnung, eigentlich wollte ich nur über irgendwas mit dir reden und so tun als ob ich das verstehen würde was du sagst."

 „Nur damit wir irgendwas zum Reden haben und das nicht diese peinliche Stille ist." Ich nicke er lächelt mir aufmunternd zu. „Wir sind wirklich Loser was Smalltalk angeht."

„Ja das sind wir."

 „John ist Meister im Smalltalk aber ich finde es einfach nur dumm über das Wetter zu reden." Ich mustere ihn von der Seite wie er seinen Blick in den fast Wolkenlosen Himmel gerichtet hat, so als ob er irgendwas suchen würde, oder nach etwas Ausschau hält.

„Meinen Job, den Mechaniker Job weißt du warum ich den habe?", er schaut zu mir und die Intensität seines Blickes überrascht mich, das hier ist ganz sicher kein Smalltalk. Ich schüttle den Kopf. „Namen öffnen Türen, so ist das in dieser Welt. Überhaupt in der Branche. Und ein Onkel der im Firmenvorstand bei Ferrari sitzt ist auch eine große Hilfe. Ich will nicht sagen dass ich es nicht verdient hätte, denn ich bin richtig gut. Aber ohne meinen Namen und die Kontakte wäre ich nicht dort wo ich heute bin."

Ihm fehlt es genauso wie Chris nicht an Selbstvertrauen. Gut, wenn ich länger so darüber nachdenke dann umgibt mir hier pures Selbstvertrauen Überschuss. Mein Freund hat sich schließlich auch zum Ziel gemacht Weltmeister zu werden.

„Ein Anruf würde reichen und ich würde mit Kyle für Ferrari fahren. Nur ein Anruf, die warten praktisch drauf dass ich die Rennen fahren will. Ich bin gut, besser als die anderen." Okay, langsam wird es mir etwas unangenehm wo soll dieses Gespräch hinführen. Hat er sich einen Sonnenstich eingefangen und wird jetzt größenwahnsinnig? „

Meine Mutter hat immer gesagt ich hab Benzin im Blut. Ich bin für das Fahren geboren. Mein Dad musst du wissen war auch Fahrer. Genau wie Kyle ist er für den Roten gefahren. Das cavallino rampante. Das steigende Pferd, das war sein Leben." Will er dass ich ihm Komplimente mache? Weil er sich schlecht fühlt dass er „nur" ein Mechaniker ist. Aber Andy scheint mir nicht als Typ der will das andere sein Ego aufpolieren.

„Dann ist dein Vater doch sicher stolz auf dich dass du es zum Mechaniker gebracht hast.", versuche ich mich.

„Das.", er deutet auf mich, „ist der springende Punkt. Mein Dad liegt seit ich neun bin im Wachkoma bei uns zu Hause. Tragischer Unfall."

Mein Herz beginnt schneller zu schlagen und ich bin wie erstarrt. „Aber ich hab seinen Weg eingeschlagen. Ich bin fürs Fahren geboren. Ich hatte es leichter als John, Chris und Kyle. Ich hatte die Kontakte, den Namen und das Talent. Aber ich wollte keine Rennen fahren sondern mich mit dem Auto selbst beschäftigen. Die Mechanik, das war das was mich interessierte. Wahrscheinlich bin ich deswegen besser als die meisten anderen. Ich weiß am besten wie der Wagen tickt, schließlich habe ich geholfen ihn zu konstruieren. Aber ich pack's nicht. Trainingsfahrten wenn es sein muss mach ich mit Links und fahre nebenbei noch Rundenbestzeiten aber sobald ich am Start mit anderen stehe und auf das Signal zum Loslegen warte ist es vorbei. Alles schaltet ab. So als ob meine Batterie kaputt wäre. Das Auto ist in tackt aber ohne Batterie funktioniert nichts." Wie unter Strom spricht er zu mir. Ich verstehe nicht viel von Autos aber diesen Vergleich kann ich grad noch so folgen. Andy schüttelt den Kopf und schaut auf den See.

Wie Sand und MeerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt