Achterbahn und Kotzparty

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,,Vertraust du mir?"

Gute Frage.

Sehr gute Frage.

Darüber hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht aber eigentlich schon. ,,Ja?", fragte ich deshalb zögerlich. Warum sollte ich ihm denn nicht vertrauen? Er sah jetzt nicht gerade aus wie ein Massenmörder. Auch nicht wie ein Pedoviel er oder Vergewaltiger. Also ja. Ja ich vertraute ihm.

,,Gut. Dann Augen zu bitte."

Wie er gebeten hatte schloss ich die Augen. Ich spürte wie ein Stück Stoff vor meine Augen gelegt wurde und hinten zugeknotet wurde. ,,Au zu fest! Du stellst mir meine Gehirnzellen ab!" Ein überlautes lachen in meinem Kopf ließ mich zusammenzucken. ,,Was für Gehirnzellen?!" Ich dachte mein Kopf explodierte. ,,Du hast keine Gehirnzellen! Woher sollen die Zellen denn kommen?!"

Das würde Rache geben!

,,Vielleicht von meinem Gehirn!", fauchte ich, ausnahmsweise wirklich nur in Gedanken. ,,Hä, welches Gehirn?! Da ist ja nur Luft drin!"

,,Ach wenn da nichts drin ist, warum gibt's dann dich?!"

So, dass hatte gesessen!

Ein Triumphierendes lächeln

-

Dann lief ich gegen die Tür.

Chris hatte sie geöffnet und mich mit den Worten: ,,Raus mit dir!", aus dem Auto geschickt. Ich stieg aus und hatte noch mein triumphierendes Lächeln im Gesicht. Dann lief ich gegen die Tür weil ich mich mit dem Abstand verschätzt hatte. Warum auch immer. ,,Alles gut?", fragte er, besorgt und belustigt. Als ich nickte atmete er erleichtert durch und hakte sich bei mir unter. ,,Füße hoch hier ist ein Randstein."

Trotz seiner Warnung stolperte natürlich ich und wie man es erwartete flog ich in voller Länge auf die Straße. ,,Alles gut?", fragte er mal wieder. Wie so oft nickte ich nur und wünschte mich ganz weit weg. Am besten ins Weltall. Aber da gab es ja die kleinen grünen Menschen und vor denen würde ich es auch noch fertig bringen mich auf die Nase zu legen und mich somit total zu blamieren.

,,Kannst du laufen?" Klar! Ich hatte mittlerweile einen Airback wie im Auto als Schutz um mich herum. Zwar versagte er des Öfteren, zugegeben die meiste Zeit eigentlich, aber heute hatte er ausnahmsweise mal seinen Job getan und meine Sturz wunderbar abgefedert. ,,Wohin gehen wir eigentlich?", fragte ich dann um das Thema zu wechseln.

Ich bekam keine Antwort.

,,Komm sag doch!"

Er sagte nichts. Es machte mich sehr nervös nicht zu wissen wo wir waren. Von weiter weg hörte ich Musik die von Schritt zu Schritt lauter wurde und Schreie. Irgendwo hatte ich das schon mal gehört aber mir viel nicht mehr ein woher. ,, Wie wär's mal mit: Freizeitpark?"

Genau Gisela, daher kannte ich das. Aber Christian würde jetzt bitte nicht mit mir in einen Freizeitpark gehen! ,,Chris?", fragte ich deshalb vorsichtig. ,,Wo sind wir?" Wieder sagte er nichts.

Die Musik und die Stimmen wurden immer lauter und ich ahnte böses. Plötzlich hielt er mich fest und fummelte an dem Schaal. ,,Kannst Augen auf machen.", sagte er und ich riss mir den Schaal von meinen Augen weg. Schlagartig wechselte meine eh schon leicht blasse Gesichtsfarbe zu einer leichenblassen. Es gab da etwas, was nicht mal meine Caro wusste, und das war meine beste Freundin. Selbst meinen Eltern hatte ich dies noch nicht erzählt. Es war mir einfach zu peinlich obwohl es so viele andere Leute auch hatten. Platzangst. Und Angst vor vielen Menschen an einem Ort. Es machte mich nervös so viele Menschen auf einem Haufen zu haben, selbst wenn ich jede und jeden kannte. Und hier im Park waren immer sehr sehr viele Menschen...

,,Chris hör mal...", begann ich, wurde aber von ihm unterbrochen: ,,Nein keine Wiederrede. Ich hab bezahlt und dabei bleibt es. Und ich sage dir noch was.", bei seinem geheimnisvollen grinsen hatte ich kein gutes Gefühl. ,,Du wirst heute sehen, dass du genauso normal bist wie jeder andere auch."

Und wie wollte er das bitte machen? ,,Das siehst du in zwei Minuten. Du hast heute noch nichts gegessen oder?"

Mein Gefühl sagte mir, dass ich mich gleich sehr stark blamieren werde. Und komischer Weise hatte mein Gefühl, dass sonst immer total daneben lag, in diesen Situationen immer recht. Wir standen vor einem riesengroßen Etwas was sich Achterbahn nannte. Und Leute, mein Herz rutschte mir echt in die Hose.

,,Dann wollen wir mal", lachte Chris gut gelaunt und zog mich in einen langen dunklen Flur. Gerade so passten zwei Personen nebeneinander und ich spürte wie ich unruhig wurde. Vor uns standen etwa dreißig Leute und hinter uns ungefähr nochmal die gleiche Menge. Sie drängelten, drückten und schubsten. Und dann kam sie: Meine Nahtoterfahrung.

Die Achterbahn kam und die Leute vor uns rannten um die besten Plätze zu bekommen. Hinter uns drängelten sich die anderen an uns vorbei und wurden an die Wand gequetscht. Meiner Platzangst gab das den Rest. Ich begann zu schreien aber das fanden die Jungs nur noch lustiger und drückten sich für extra noch weiter an mich. Chris schien irgendwann zu bemerken, dass ich echte Probleme hatte und zog mich aus der Menge raus. Ich heulte schon wie ein Schlosshund und bekam kaum Luft. Er nahm mich in den Arm und versuchte mich mit: ,,Hey alles gut!", zu beruhigen, was ihm nicht gelang.

Zusätzlich machte sich die Angst vor der ersten Achterbahnfahrt meines Lebens bemerkbar. ,,Du fährst doch immer Achterbahn! Jeden Tag fliegst du auf die Nase, stehst wieder auf und fliegst wieder hin!"

Ich sollte doch zu einem Gehirn Spezialisten gehen!

,,Alles gut die Achterbahn ist harmlos!", versprach Chris aber ich traute ihm nicht. ,,Ich war noch nie auf einer Achterbahn!", gestand ich schließlich kleinlaut. Nachdem ich das gesagt hatte krallte ich mich an ihm fest denn das Teil wo man sich hinsetzte kam gerade. Wir setzen uns in die erste Reihe. Ob das gute oder schlechte Plätze waren konnte ich nicht sagen. ,,Wie oft bist du das Ding hier schon gefahren?" Vielleicht war er ja immun gegen Achterbahnen und es machte ihm nichts mehr aus. ,,Die hier jetzt noch nicht, dass wollte ich mir für einen besonderen Augenblick aufheben. Es ist ja die schnellste, höchste, längste und schlimmste Achterbahn in Europa!"

Warte.

Ganz langsam.

Wörter im Kopf wiederholen.

Wörter verstehen.

,,Was?!"

,,Entspann dich das wird geil!"

In dem Moment gab es einen Ruck und ich wurde an die Stange geschleudert. ,,Du solltest dich festhalten.", bemerkte er nüchtern. Ich knallte mich an der Halterung fest, dann ging es los. ,,Eh Chris...", begann ich, konnte meinen Satz aber nicht beenden da ich vor Schreck laut aufschrie. Es ging mit Gefühlen 1000kmh los. ,,Du solltest dich jetzt gut festhalten.", riet er und zeigte nach vorne. ,,Warum?" Er machte ein unschuldiges Gesicht.

,,Looping!"

Die Bahn nahm nochmal an Tempo zu. Ich schrie auf als wir kopfüber stehen blieben und es nicht mehr weiterging. ,,Einatmen!", rief er und die Bahn machte einen Ruck und es ging weiter. Plötzlich aber nahm er mich in den Arm. ,,Was ist?", wollte ich fragen aber er flüsterte: ,,Rückwärts runter im Dunkeln!", in mein Ohr. Das reichte um mich in eine noch schlimmere Panik zu versetzen. Die Bahn drehte sich und es wurde dunkel. ,,Warum bleiben wir stehen?" Das stehen machte mich verrückt! ,,Weil jetzt die Bahn mit Wasser befeuchtet wird.", bekam ich als Antwort was mich noch mehr beunruhigte. Warum musste man eine Bahn mit Wasser befeuchten?! ,,Damit wir nicht stecken bleiben!"

Plötzlich gab es einen ohrenbetäubenden Knall. Ich schreckte zusammen und klammerte mich an Chris. ,,Was ist das?!", rief ich panisch aber er lachte nur. ,,Wir werden jetzt erschossen!" Mir war aber nicht nach Lachen zumute. Ich hatte panische Angst.

Es knallte nochmal, dann raste die Bahn rückwärts. Mir wurde unglaublich schlecht und ich schaffte es gerade so, mich aus der Bahn zu übergeben. Aber wir fuhren rückwärts und hatten Gegenwind...

Und ich hatte die ganze Pampe im Gesicht hängen

Es war die reinste Kotzparty.

Dann riefen von hinten einige Leute das, was mir die größte Panik in meinem Leben zubereitete und mir beinahe einen Herzinfarkt bescherte:

,,Free Fall looping!"

Ich kam, sah und rannte gegen die TürWhere stories live. Discover now