Ich hab nen Orientierungssinn wie ein Toastbrot

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Vor diesem Kletterpark wurden wir dann entlassen und jeder konnte noch dahin gehen wo er gerne hinwollte. Die meisten aus meiner Klasse sind dann zum Stabucks gegangen während ich einsam und alleine vor diesem Kletterteil stand und nicht wusste, wie ich nach Hause kommen sollte. ,,Dann frag doch einfach irgendwelche Passanten." Giselas Idee war eigentlich gar nicht so schlecht aber bestimmt hatte ich schon einmal erwähnt, dass ich einen Orientierungssinn wie eine Scheibe ungetoastetes Weißbrot hatte und das bei mir dann ungefähr so aussehen würde:

Wenn ein Passant mir den Weg beschreiben würde sähe das so aus: ,,Das ist ganz einfach. Sie gehen dort gerade aus, im Kreisverkehr nehmen Sie die dritte Ausfahrt und nach hundertfünfzig Metern kommt auf der rechten Seite eine Ampel bei der Sie links abbiegen und dann befindet sich Ihr Ziel auf der rechten Seite!"

Ernsthaft, immer wenn mir jemand den Weg erklärte versuchte ich mir eine Karte im Kopf zu machen damit ich mir das bildlich vorstellen kann wo ich denn laufen musste aber in der Praxis klappte das irgendwie nicht. Spätestens nach der ersten Ecke wusste ich schon nicht mehr weiter. Naja aber zum Glück gab es in diesen Situationen Google-Maps wo einem der Weg angezeigt wurde und wo es egal war, wie lange man brauchte. Aber dann gab es Situationen wo Google-Maps einem halt nicht helfen konnte.

Beispielsweise letztes Jahr. Da habe ich mit meinen Großeltern eine Mittelmeerkreuzfahrt gemacht und da waren wir jeden Tag in einer anderen Stadt. Meine liebe Oma wollte sich damals immer die Kirchen, Schlösser und Denkmäler ansehen, während mein Opa gerne wanderte. Sie verbanden das dann immer so, dass sie von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten wanderten, so hatte jeder was davon. Da ich damals als neunzehnjährige auf alles Lust hatte außer wandern und besichtigen, hatte ich beschlossen, die Stadt auf meine Weise zu erkunden. Einfach gerade aus. So war ich mir zumindest halbwegs sicher, nicht irgendwo im nirgendwo zu landen. Wer mich kannte wusste aber, dass ich es trotzdem schaffte mich zu verlaufen und so war es jeden Tag das gleiche. Erst sich total sicher sein und am Ende total panisch werden, weil es in diesen Städten überall gleich aussah. Meistens hatte ich es einigermaßen pünktlich aufs Schiff geschafft, aber an das eine Mal erinnerte ich mich immer noch. Da hatte ich mich so großartig verlaufen, dass ich nicht mal mehr wusste aus welcher Richtung ich eigentlich kam. Das ganze hatte dann so geendet, dass mich damals die Polizei heulend auf der Straße aufgegabelt hatte und mich zurück zum Schiff brachte, welches bis dato schon zwei Stunden auf mich gewartet hatte. Was für ein Glück ich hatte, dass es nicht schon ohne mich losgefahren war! Dann wäre ich einsam und allein in irgendeiner italienischen Stadt, ohne Plan was ich machen sollte. Damit das nicht doch irgendwann passierte hatten meine Großeltern mich dann die komplette Zeit nicht mehr vom Schiff runter gelassen, mit der Begründung: ,,Hier kannst du dich nicht verlaufen!"

Aber dann gab es Situationen wo Google-Maps einem halt nicht helfen konnte.

Wir waren damals auf einem dieser riesigen Kreuzfahrschiffe wo tausend Personen Platz hatten und da war das Schiff dann doch ein kleines bisschen größer. Jedenfalls sah auf diesem Schiff alles gleich aus und ich war nicht mal in der Lage den Speisesaal zu finden. Nach einer Woche sollte man zwar annehmen, dass ich wusste wie man jetzt zu diesem Saal kommt, aber nein, ich verlief mich tatsächlich jedes Mal aufs Neue.

Tja, falsch gedacht!

Nun stand ich vor diesem Kletterpark und hatte nicht mal annähernd eine Idee, wie ich wieder zurückkommen sollte. Von meiner Klasse war keiner mehr da, nicht mal unsere Lehrer.

,,Dann rufst du halt Caro oder Marie an!", schlug Gisela als nächstes vor was mir aber wieder nichts brachte. Alex war Arbeiten, Caro mit ihrem Cousin unterwegs und Marie musste für ihr Studium lernen. Meine Eltern hatten beide einen Arzttermin und konnten mich deshalb auch nicht abholen. ,,Das haben die doch alle abgesprochen!", knurrte ich und zog mein viel zu dünnes T-Shirt enger um mich. Es war schweinekalt, ich hatte keine Jacke dabei und es schüttete wie aus Eimern.

Ich kam, sah und rannte gegen die TürWhere stories live. Discover now