.:19:. Gemeine Personen und eine traurige Geschichte

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Drei Tage später...

Aufgeregt hüpfte Ria zur Haustür. Sie konnte es kaum erwarten, endlich die anderen Schattendrachen zu sehen. Dazu würden sie und Elea mit dem Kaiserpaar zu einer kleinen Kreuzfahrt aufbrechen, denn die Drachen hausten auf einer Insel, die ein Stückchen von der Hauptinsel entfernt lag. Sie stand unter Schutz und durfte keinesfalls von irgendjemandem betreten werden. Da Ria jedoch einen Vertrag mit einem von ihnen hatte, wurde für sie eine Ausnahme gemacht.

Auf der Fahrt zum Hafen konnte sie von nichts anderem reden und machte ihren Mann damit halb wahnsinnig. Eleasar hatte in den letzten Tagen vergebens versucht, zu arbeiten. Kaum hatte er ihr von dem bevorstehenden Ausflug berichtet, war sie nicht mehr zu bremsen gewesen. Fragen wie „Wie sie wohl aussehen?", „Ob sie alle nett sind?" oder „Wie sie wohl leben?" durfte er sich im Stundentakt anhören. Es war zum Verrücktwerden.

Kaum kam die Kutsche zum Stehen, war seine Frau auch schon herausgesprungen und wartete ungeduldig auf ihn. „Beeil dich."

Liebevoll lächelnd zog er sie an sich. „Hier geblieben. Wir haben es doch nicht eilig."

Ihre hellen, orangefarbenen Augen funkelten ihn erwartungsfreudig an. „Ich weiß, aber ich bin so aufgeregt."

„Die anderen sind doch noch gar nicht da", versuchte er sie mit vernünftigen Argumenten zu überzeugen.

„Es geht darum, dass ich hier weg will", flüsterte sie ihm zu und sah ihn flehentlich an.

Verständnisvoll schmunzelte er sie an. „Du hast noch nichts von Öffentlichkeitsarbeit gehört, oder?"

„Das hat damit überhaupt nichts zu tun", entgegnete sie entrüstet. „Ich suhle mich halt nicht besonders gerne im Geglotze der Anderen."

„Wenn du willst, dass das Gerede aufhört, musst du dich wohl oder übel daran gewöhnen." Er beugte sich vor und stütze sich mit den Unterarmen auf ihren Schultern ab. „Sei doch so gut und gib deinem Mann einen Kuss."

Sie zeigte ihm den Vogel. „Sicher nicht hier draußen."

„Seit wann scherst du dich denn um andere?" Vergnügt stahl er sich seinen Kuss. „Dann komm."

Irritiert folgte sie ihm. Warum hast du auf einmal so gute Laune? Das sieht dir gar nicht ähnlich.

Mit einem skeptischen Schulterblick musterte er sie. Darf ich keine gute Laune haben?

Sie wollte ihm gerade eine gebührende Antwort geben, stockte aber. Aus den Augenwinkeln nahm sie eine ungewöhnliche Bewegung wahr. Ein Kind hatte sich aus der Menge gelöst und hastete auf den Gehweg. Es war ein kleiner Junge mit Hundeaugen und dunkelbraunen, ein wenig länger geratenen Haaren. Sofort stellten ihm zwei Soldaten nach. Mühelos erreichten sie das Kind und der eine schlug den Kleinen nieder, während der andere zum Schlag ausholte. Das konnte doch nicht wahr sein! „Halt!" Ria warf sich über das Kind, bevor die Soldaten auf den armen Kleinen einprügeln konnten.

Der kleine Junge sah sie zuerst mit großen Augen an, dann warf er sich um ihren Hals und fing an, fürchterlich zu schluchzen. Ein wenig hilflos strich sie ihm über den Rücken und versuchte zugleich, ihn durch gutes Zureden zu beruhigen. Die kleine Schürfwunde an seinem Knie heilte sie möglichst unauffällig.

„Geht es wieder?", erkundigte sie sich besorgt, als er aufgehört hatte zu weinen.

Der Kleine nickte mit nassen Augen und beäugte sie skeptisch. Seinem Stirnrunzeln nach zu urteilen passte etwas ganz und gar nicht. „Bist du wirklich so gemein wie alle sagen?"

Grau wie der Sturm [Schattenseelen 3]Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora