Kapitel 7

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Und dann geschah es. Ich verlor die Steigbügel und rutschte aus dem Sattel. Genau in den Graben, der gute 2 Meter in den Abgrund führte. Ich schrie erschrocken auf und landete unsanft in den dreckigen Grabenwasser, das zum Glück nicht besonders hoch stand. Es dauerte keine 15 Sekunden, da erschien Tims brauner Haarschopf am Grabenrand. Er war kreidebleich. „Hast du dir wehgetan? Soll ich runter kommen?" „Bloß nicht! Und nein, mir geht es gut..." Angewidert stand ich aus dem Wasser auf und sah zu Tim hinauf. „Und wie bekommen wir dich da jetzt raus?", fragte er. Ich zuckte die Achseln und begutachtete die Böschung, die aber keinerlei halt gab. „Toll!", grummelte ich. Tim sah nachdenklich aus. Er sah etwas nach rechts und links und plötzlich erhellte sich seine Gesicht. „Dahinten ist ein Heck! Da kannst du ohne Probleme dran hochklettern!" Ichs ah ebenfalls in die Richtung, in die er guckte, und stapfte daraufhin los durch das flache aber graue Wasser.

Eine viertel Stunde später stand ich dann wieder auf dem Feldweg. „Wo ist Star Time?", fragte ich sofort, als ich Dexter sah, der brav neben Tim stand. „Auf der Koppel dort. Ist über den Graben gesprungen und rennt jetzt wie ein verrückter in einem riesen Kreis. Hat sich aber inzwischen beruhigt... So weit man das von hier aus sehen kann!", meinte Tim und kniff die Augen zusammen. Ich seufzte, kletterte über das Heck und lief zu dem unruhigen Hengst, der mit auf geblähten Nüstern und aufgerissenen Augen mir ängstlich entgegen sah. Beruhigend und mit ausgestreckter Hand ging ich langsam auf ihn zu. Als ich bei ihm angekommen war, griff ich vorsichtig nach den Zügel, die Star Time zerrissen am Gebiss anhingen. „Ganz ruhig...Der Idiot von Mopedfahrer ist doch weg!", murmelte ich beruhigend und streichelte ihm vorsichtig zwischen den Augen. Liese sprach ich weiter mit ihm, bis ich merkte, dass er sich entspannte.

„Geht es wirklich?", fragte Tim, als wir langsam nebeneinander nach Hause her ritten. „Ja man... ich bin doch nur vom Pferd gefallen! Was meinst du, wie oft das schon passiert ist?", lachte ich. Jetzt lachte Tim auch.

Als wir auf den Hof ritten, mussten wir automatisch am Biergarten des Restaurants vorbei. Und ausgerechnet Oma bediente dort gerade 2 ältere Gäste. „Oh mein Gott! Alina! Was ist passiert?", rief sie total geschockt, als uns entdeckt hatte. Sie legte sofort ihren Block und das Tablett ab, sagte zu den Gästen kurz: „Entschuldigung! Ich bediene sie gleich weiter!" und kam dann zu uns. „Gott! Kindchen! Bist du gestürzt?" Sie sah total blass aus. „Ne Oma!"; sagte ich sarkastisch und stieg mit zittrigen Beinen ab. „Ich hab auf' em Pferd geschlafen!" „Damit macht man keine Scherze!" „Sorry, aber ist es nicht offensichtlich das ich runter geflogen bin?" „Schon... aber wie konnte das denn pas..." Sie verstummte, da sie gerade gesehen hatte von welchem Pferd ich abgestiegen bin. „Wieso gehst du mit Star Time ins Gelände?", fragte sie leicht wütend. „Mann Oma... Erstens hat Opa gesagt, dass wir Star Time und Dexter nehmen sollen. Zweitens kann Star Time nichts dafür und drittens..." Ich überlegte, „Ach da fällt mir gerade nichts ein!", sagte ich dann schließlich. „Okay, Okay... aber was ist denn jetzt passiert?" Tim war inzwischen auch abgestiegen und stellte sich neben mich und meine Oma. „Wir sind galoppiert und dann ist plötzlich ein Mopedfahrer vor uns aufgetaucht!" „Mopedfahrer?!", meine Oma zog scharf die Luft ein. „Ja... es war ein Mopedfahrer...!", sagte Tim. „Wieso bist du so entsetzt Oma?", fragte ich vorsichtig. „Ist egal.. Versorgt die Pferde!" Damit drehte sie sich um und ging wieder in den Biergarten. Stirn runzelnd sah ich ihr nach. So war sie doch sonst nicht. „Na komm!", riss mich Tim aus meinen Gedanken und lief mit Dexter am Zügel los. Ich folgte ihm, wenn auch nachdenklich.

„Alina?! Ich würde dich bitten deine Aufmerksamkeit wieder dem Unterricht zu widmen, anstatt irgendwelchen privater Zettel!" Ich zuckte erschrocken zusammen, als Herr Graubner plötzlich hinter mir stand und sich den Zettel schnappte, den ich eben von Meli zugeschoben bekam habe. „Dann wollen wir doch mal gucken!", meinte Herr Graubner und faltete genüsslich den Zettel auseinander. „Vorlesen! Vorlesen! Vorlesen!", fing Kiwi an zu brüllen und sofort stimmte die ganze Klasse mit ein. „Vorlesen! Vorlesen! Vorlesen!" Ich wünschte mich an diesem Montag morgen in Grund und Boden, so peinlich war mir die ganze Sache. Herr Graubner lass sich den Zettel einmal durch und sah dann durch die Klasse. „Wer auch immer solche Zettel schreibt, sollte es in Zukunft lassen. Die Antwort wäre doch so wieso Ja gewesen!" Damit zerriss er den Zettel und schmiss ihn weg. Ein enttäuschtes Raunen ging durch die Klasse. Knallrot im Gesicht starrte ich auf mein Deutschheft, das aufgeschlagen vor mir lag. „Kilian...Bestimme mir bitte mal das Objekt!" Kiwi sah angeregt in sein Heft, dann wieder zum Graubner. „Also sie erwarten jetzt eine ernsthafte Antwort oder?" Herr Graubner seufzte. „Ja, Kilian... ich bitte sogar drum."

Endlich erklang die Klingel. Ich stopfte meine Schulsachen in meinen Ranzen und wurde auch schon Kiki aus unserem Klassenzimmer gezogen. „Jetzt sag schon...was stand auf dem Zettel?", fragte sie mich, als wir in Richtung Buswendeplatz liefen. „Keine Ahnung! Ich konnte ihn doch gar nicht lesen!" „Hätte ja sein können!", meinte Kiki. „Hätte... und was hast du heute noch so vor?", fragte ich sei um das Thea zu wechseln. „Kein Plan... meine Mutter will heute aber mal wieder Lilli reiten... glaube zwar nicht das daraus was wird, aber ich hacke garantiert nicht nach!" „Deine Mutter will Lilli mal wieder reiten! Wie lang ist das letzte mal jetzt schon her?", fragte ich sie erstaunt. „Halbes Jahr?!"; lachte Kiki und stieg in unseren Bus ein. Unser Busfahrer erhaschte ein kurzen aber gelangweilten Blick auf unsere Busfahrkarten und winkte uns weiter. Seufzend lies sich Kiki auf einen der dreier fallen, die mit dem Rücken zu den Fenstern angebracht waren. Ich setzte mich neben sie. Ich tippte gerade auf meinem neuen Handy herum, als sich jemand auf den freien Platz neben mich fallen lies. Kiki kramte gerade in ihrer Umhängetasche nach ihren Kopfhörern rum. „Kann ich heute wieder zum reiten kommen?", fragte derjenige neben mir plötzlich. Etwas erschrocken sah ich auf und direkt in Tims Gesicht. „Du konntest mein Zettel ja wohl nicht mehr lesen!", fügte er noch schmunzelnd hinzu. „Der war von dir?", fragte ich ungläubig. „Ja... also?" Ich sah in etwa nachdenklich an. „Ähh... ich weiß nicht, wie es heute mit den Pferden aussieht... Montags ist immer ziemlich viel los!" „Schade... hätte ja sein können... und wie wär' s mit morgen?" „Wenn du unbedingt reiten willst, kannst du dich doch bei Reitstunden anmelden!" Tim lief bei der Bemerkung rot an und sah auf den Boden. „Ich will ja mit dir reiten!", murmelte er da kaum hörbar. „Mit mir?! Wieso das denn?" manchmal war ich echt schwer von Begriff. Zum Glück rettete mich Kiki aus dieser unglücklichen Situation. „Alina! Ich hab meine Kopfhörer vergessen, können wir zusammen hören?" Ich nickte schnell und steckte meine Kopfhörer an mein Handy und reichte einen Kiki.

„Buhh!" Ich zuckte erschrocken zusammen und fuhr herum. Mir grinste Kiki entgegen. „Was machst du denn hier? Ich dachte deine Mutter wollte heute reiten?" „Wollte sie ja auch eigentlich! Aber du kennst sie ja!" Kiki zuckte die Schultern und band Con Life neben Dreamer an, den ich eben noch Gedanken verloren geputzt habe. „Ja... ich kenn sie nur zu gut!", meinte ich und striegelte Dreamer weiter. „Ausreiten? Oder darfst du Dreamer noch nicht im Gelände reiten?", fragte Kiki. „Ich war noch nie mit ihm ausreiten, aber wenn du dabei bist, geht das in Ordnung. Hat Mama erst heute Mittag gesagt!" „Cool! Dann auf ans Wasser!", lachte Kiki.

Ein Halbe Stunde später ritten wir vorm Hof. Kiki bloß auf dem blanken Rücken von Lilli. Ich mit Sattel. „Was hat Tim heute eigentlich zu dir im Bus gesagt? Ich hab eueh nicht zugehört! Zu dumm von mir was?" Ich seufzte. „Ist egal!" „Nee ist es nicht! Komm sag!", meinte Kiki. Ich sah zum Horizont. „Er wollte wissen, ob er heute reiten könnte! Und dann hab ich gesagt, dass das ein bisschen schlecht ist, wegen dem heftigen Schulbetrieb und so. Und dann hab ich vorgeschlagen, dass er ja Reitstunden nehmen könnte, wenn er unbedingt reiten möchte!" „Ah ja... und dann?" „So viel war das doch gar nicht, Kiki!" „Aber es reicht, dass du rot wirst... al so?" Ich sagte eine Weile gar nichts. „Er ist darauf rot geworden und hat gesagt, dass er mit mir reiten wolle!" „Awwww!", vernahm ich von Kiki, weil ich sie nicht ansah. „Der mag dich!" „Nein, tut er nicht!", murmelte ich. „Nein... überhaupt nicht. Deswegen ist er auch rot geworden und so was ne?! Magst du ihn denn inzwischen?" Ich überlegte. Immer wenn ich mit ihm zusammen war, spürte ich ein ribbeln in meinem Bauch und wenn wir uns zufällig berühren, dann bekomme ich immer eine Gänsehaut. Und insgesamt dachte ich auch immer ziemlich oft an ihn. Das erzählte ich Kiki dann auch. „Du bist verknallt! Aber so was von tausendprozentig!"


Liebe auf Umwegen *on hold*Donde viven las historias. Descúbrelo ahora