Tornade der Gefühle

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,,Kannst du jetzt vielleicht mal still halten?" Entrüstet lasse ich die Schultern sinken. ,,Oh tut mir leid. Ist ja nicht so, dass ich eine scheiß Kugel in der Schulter habe!" Ach jetzt wird er auch noch witzig. Genervt stelle ich das Desinfektionsmittel zurück auf den Tisch im Behandlungsraum. ,,Und da wird sie auch drin bleiben wenn du dich jetzt nicht mal zusammen reißt", keife ich zurück. Thomas gibt nur ein mit Flüchen getränktes Gemurmel von sich, läßt mich aber ansonsten Arbeiten.

Warum mache ich das eigentlich? Ach ja. Ausgerechnet der Typ der das sonst macht, ist ja erschossen worden. Ganz toll. Ich bin doch keine Krankenschwester. Aber ich habe eingesehen, dass die anderen im Moment echt was besseres zu tun haben.

Thomas zischt einmal auf und verzieht sein Gesicht. ,,Benimm dich gefälligst wie ein Mann. Ist ja nicht auszuhalten!" Er schaut mich nur wütend an. ,,Willst du auch mal?" ,,Ne aber ich bin mir sicher, dass ich mich nicht so anstelle." Er grinst mich dreckig an. ,,Wir können es ja ausprobieren wenn du willst." ,,Haha sehr witzig." Aber ganz ehrlich: so sicher bin ich mir ja nicht. Dem Kerl ist doch alles zuzutrauen.

,,Meine Fresse ich hab dir gesagt, dass das zu gefährlich ist." Er stöhnt genervt auf. ,,Aurora. Es reicht jetzt wirkli...Au!" Ok ich gebe zu: den Verband habe ich extra stark angezogen aber natürlich sofort wieder gelockert als mir mein Fehler aufgefallen ist. ,,Tommy, Tommy, Tommy", tadle ich ihn. ,,Du hast selbst gesagt, dass Jay meine Fähigkeiten besser nutzen sollte. Also warum tust du es genauso wenig?"
Ich beuge mich runter um auch seinem Oberschenkel einen Verband zu verpassen. Als ich wieder hoch komme blicke ich unwillkürlich in zwei wunderschöne braune Augen die mich traurig mustern. Sofort muss ich daran denken ihn aufzuheitern. Ich will nicht, dass diese braunen Hundeaugen traurig sind. Okay... Meine Diagnose: Hirn völlig hinüber.
,,Der Unterschied zwischen Jay und mir ist groß", beginnt er. ,,Er wollte dich nicht nutzen und ich habe Angst um dich." Perplex starre ich ihn an. Angst? Angst? Angst? Geht's noch? ,,Wieso hast du denn bitte Angst? Du wurdest fast getötet während ich hier drinnen festsitze und nicht mal raus kann. Warum bist eigentlich immer du derjenige der sich Sorgen macht obwohl mir momentan ja nun wirklich nichts passieren kann?" Ich Feuer ihm diese Worte nur so um die Ohren. Ich wette, dass die gesamte Mannschaft uns in der Haupthalle hört. ,,Du sperrst mich ein! Merkst du das noch?" ,,Ja und wie ich das merke! Aber es geht nunmal nicht anders. Wenn ich dich für drei Sekunden hier raus spazieren lasse und dich jemand sieht..." ,,Das hättest du dir echt früher überlegen müssen! Ich bin doch nicht dein Haustier verdammt! Du steckst mich in einen Käfig. Lass mich da endlich raus. Lass mich dir helfen. Ich kann doch nicht den Rest meines Lebens hier feststecken. Das kann doch nicht dein Ernst sein." ,,Irgendwann kannst du raus. Es dauert nur eine Weile."

Ich hab echt richtige Aggressionen gegen den Typen. Er macht mich völlig wahnsinnig. In mir tobt ein Strudel aus Hass und Wut. Ein richtiger Tornado.
Diese kack Gefühle! Ich hasse, hasse, hasse sie!

Thomas springt auf und landet auf seinem gesundem Bein. ,,Setz dich sofort wird hin!", ermahne ich ihn doch er ignoriert meine Drohung. ,,Das wird sich noch entzünden!", versuche ich es weiter. Jetzt fängt er sogar an ganz langsam- so fern es ihm die Schmerzen möglich machen -auf mich zuzukommen.
,,Ja. Und trotz alldem habe ich Angst um dich." Er wispert die Worte kaum hörbar. Vorsichtig gehe ich einen Schritt zurück den er sofort wieder wegmacht. Noch einer und noch einer bis in mit dem Rücken gegen die kalte Wand knalle. Ich lasse erschrocken Luft entweichen und fixiere den immer näher kommenden Thomas.
Pause! Pause! Zurück spulen! Stopp! Falscher Film, ganz falscher Film!
Ok, die Autorin treibt es echt zu weit! (Findest du?)

Immer und immer weiter drückte ich mich an die Wand und hoffte, dass sie mich gleich verschlucken würde. Dann stand er vor mir. Und ich meine direkt vor mir. Ich zuckte zusammen als er seinen einen Arm neben meinem Kopf positionierte um sich dort abzustützen und mir mit seinem Kopf noch näher zu kommen. Ich sah ihn schon garnicht mehr scharf. Ein verschwommenes Bild von wuscheligen, hellen Haaren und Lippen. Lippen die sich bewegten. ,,Alles zu seiner Zeit. Versprochen", raunt er mir zu bevor er sich umdreht und zurück zur Liege humpelt als wenn nichts gewesen wäre. Perplex stand ich immer noch da. Was und ich wiederhole was war das? Ich sag ja ich werde aus ihm nicht schlau. Er hatte es sich mittlerweile wieder bequem gemacht und schaut mich nun an. ,,Egal wie sehr du dich dagegen drückst, ich kann dich sehen." Peinlich berührt schlucke ich einmal heftig und unterlasse meinen Zwang, mich mit der Wand verschmelzen zu lassen. War aber auch eine bekloppte Idee.

Die Angst der Adler✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt