Kapitel 20 - Mr. Vampire

1.7K 119 11
                                    

Ich war erstaunt gewesen, dass ich sie geküsst hatte - wenn auch nicht abgeneigt es nochmal zu tun -, doch noch wesentlich überraschter war ich, als sie mich zurück küsste.

Ein winziger Funken Hoffnung keimte in mir auf, dass sie mich vielleicht doch nicht hasste. Doch selbst dieser war schnell vergessen als ihr köstlicher Duft mir die Sinne zu vernebeln drohte und ich spüren konnte, wie meine Fangzähne unendlich langsam und fast schon schmerzhaft heran wuchsen, bis sie ihre Lippen zu zerreißen drohten.

Schnell zog ich mich zurück, denn Gott allein wusste was ich jetzt tun würde, wenn der Geruch ihres Blutes in der Luft hing. Sie blickte mich mit weiten Augen an, schien noch viel überwältigter zu sein, als ich es vermocht hätte zu sein und ich begegnete ihrem Blick mit einer ungreifbaren Neugierde.

Nie hatte jemand solche Gefühle in mir hervor gerufen, solche Gier in mir geweckt. Weder Mensch noch Vampier.

Fast schon hätte ich erwartet, dass sie wieder zu Sinnen kam und sich empört zurück zog, so wie sie sich zuvor gehabt hatte, doch stattdessen stieß sie einen tiefen Seuftzer aus, der ach so zufrieden klang und lies sich sacht gegen meine Brust sinken.

Vorsichtig um keinen plötzlichen Sinneswandel hervor zu rufen lockerte ich meinen Griff um sie, war jedoch keines Wegs gewillt meine Vorherrschaft über ihren Körper aufzugeben, so lies ich meine Hände auf ihren Hüften ruhen. Wohl in dem Wissen, dass sie sich melden würde, gefiele es ihr nicht.

Eine Weile lagen wir so dar, keiner gewillt diese Ruhe aufzugeben, während ich nur ahnen konnte, worüber sie sich den Kopf zerbrach. Abgesehen davon hatte ich meine eigenen Gedanken. Wie würde es jetzt weiter gehen? Würden wir tatsächlich dahin zurück kehren, uns aus dem Weg zu gehen? Oder gab es eine andere Chance?

Ich war noch gefangen in meinen Gedanken als ich spürte, wie sie sich erhob. Mit schief gelegtem Kopf sah ich sie an, doch sie vermied meinen Blick und stand stattdessen auf. Als ich bemerkte dass sie auf die Tür zusteuerte, stand ich in weniger als einer halben Sekunde im Türrahmen.

Ich war gerade dabei den Mund zu öffnen, als ich ihr Tränen nasses Gesicht sah. Was auch immer ich hatte sagen wollen, es blieb mir mit einem Mal im Hals stecken.

"Spar es dir," fauchte sie. "Spar es dir einfach..." Ihre Stimme wich einem leisen Flüstern als sie mir fes in die Augen sah.

"Ich verstehe dich einfach nicht. Warum tust du das?"

Sie wartete nicht auf die Antwort, die wahrscheinlich nie gekommen wäre. Stattdessen schob sie sich an mir vorbei und hastete den Flur entlang, während ich immer noch wie  festgefroren an der Stelle stand.

Ich hatte sie verletzt. Diesmal hatte ich sie verletzt und das schlimmste war:

Ich hatte es nicht gewollt.

UngebissenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt