23. Allein

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Kapitel 23 : Allein

Mit zitternden Händen hielt ich den Brief. Er raubte mir immernoch den Atem. Einzelnde Tränen tropften nun auf das Papier, verwischten die Tinte an den Stellen, wo sie auf das Blatt trafen. Ein Schluchzen entwich meiner Kehle und ich las den Brief ein weiteres Mal, und immer wieder und wieder. 

Liebste Mirabella,

ich kann mir vorstellen, dass du mich jetzt hassen musst. Ich habe dir unheimliche Schmerzen hinzugefügt und sicherlich hast du nun auch Angst vor mir. Aber ich verstehe dich. So hat dein Bruder damals auch reagiert, als er mein Geheimnis erfuhr. Hast du dich niemals gefragt, wo seine Narbe herstammte? Die Narbe an seinem Auge? Du kannst es dir nun sicherlich denken. Und ich will dir sagen, es tut mir leid. Ich schreibe dir aber hauptsächlich, um dir zu sagen, ich habe in Hogwarts gekündigt und bin mit deiner Tante zusammen weggezogen. Nicht weit weg, aber weit von Hogwarts entfernt. Wir werden weiterhin im Ministerium arbeiten, aber Hogwarts ist für mich Geschichte. Und ich möchte, dass du die Schule auch verlässt. Ich möchte nicht, dass dir etwas geschieht. Und der Umgang mit Draco Malfoy macht das alles auch nicht gerade besser. Hast du vergessen, was sein Vater dir angetan hat? Sei doch vernünftig, Mirabella. Bitte komm zu uns. Du brauchst doch deine Familie! Aber ich habe bereits mit Dumbledore gesprochen, dies wird deine letzte Schulwoche sein, du wirst nächsten Montag zu uns reisen, per Portschlüssel. 

Wir erwarten dich, in Liebe

dein Onkel Remus

Ich hatte diesen Brief nun schon gefühlte  tausende Male durchgelesen, und ich konnte immernoch nicht glauben was dort stand. Er will mich einfach hier wegholen? Das kann nicht sein Ernst sein. Ich brauche doch meine Freunde. Sie haben mich aufgebaut, mir Liebe geschenkt. Und Draco.. Oh Draco, ohne dich kann ich doch nicht leben. Onkel Remus weiß doch garnichts über mich und ihn. Ich werde und kann ihn nicht einfach so im Stich lassen!

Ich beschloss, meinem Onkel einfach nicht zu antworten. Ich würde mich am Montag dagegen weigern, hier wegzugehen. Meine Freunde lasse ich nicht im Stich. 

Am nächsten Morgen wurde ich fröhlich von Ron begrüßt, der gerade ein Brot aß und ab und zu einen Schluck von seinem Tee trank. Madame Pomfrey brachte mir Sekunden später auch mein Frühstück und ein paar Bücher mit der Begründung, ich solle meine freie Zeit damit verbringen, den Unterrichtsstoff nachzuholen. Außerdem teilte sie mir mit, dass ich noch ungefähr 3 Tage im Krankenflügel bleiben sollte, danach könnte ich wieder ganz normal am Schulalltag teilnehmen. Doch bei dem Gedanken an den Brief meines Onkels musste ich schlucken - würde ich jemals wieder einen normalen Schulalltag erleben? 

"Hey Süße!" Draco betrat wie üblich den Krankenflügel um 16 Uhr. Heute war mein letzter Tag im Krankenflügel, morgen dürfte ich ihn verlassen. Ron war bereits heute morgen verschwunden, deswegen war es hier ziemlich öde. Heute hatte ich jedoch noch eine Aufgabe zu erledigen, ich musste Draco vom Brief meines Onkels berichten. 

"Hey Draco.." murmelte ich abwesend, in Gedanken wiedermal ganz woanders. "Was ist los?", Draco sah mich durchdringend an, "du wirkst so zerstreut." "Tut mir leid, momentan ist alles ein wenig komisch." gab ich kleinlaut zu, seine Verwirrung wurde immer größer. "Hier, das wird dir alles erklären." Ich zog den Brief meines Onkels unter meinem Kopfkissen hervor und reichte ihm meinem Freund schweigend. Während Draco ihn las, zog ich meine Beine an den Körper und legte meinen Kopf auf meine Knie, ließ Draco jedoch nicht aus den Augen. Bei jeder Zeile wurden seine Augen schmaler, und ab und zu zog er scharf die Luft ein um sie dann wieder sausend aus seinen Lungen zu pusten. 

Als er fertig war mit lesen sah er mich mit traurigen Augen an und seufzte leise. "Du willst mich allein lassen, Mirabella?", seine Stimme wurde immer leise und verzweifelter, "du willst einfach abhauen?" Nun schrie er mich mit voller Wucht an, so dass ich zusammenzuckte und wässrige Augen bekam. "Nein.. ich.." versuchte ich zu erklären, doch er sprang einfach auf, warf mir den Brief vor die Füße und lief Richtung Ausgang. "Dann hau doch ab! Wenn ich so ein schlechter Umgang für dich bin, dann geh doch! Verzieh dich! Geh zu deinem dummen Werwolfonkel, jetzt wird eh nurnoch die ganze Schule über dich lachen! Ich hätte nie gedacht, dass du mich einfach so im Stich lässt." schrie er und verschwand. Und ließ mich zurück. Traurig. Verzweifelt. Allein.

Eine Träne nach der anderen floss an meiner Wange hinab. Da war er wieder - der Draco, den ich hasste und vor dem ich mich fürchtete. Ich kam nicht einmal dazu, ihm zu erklären, dass ich doch garnicht zu meinem Onkel möchte. Aber wenn ich nun ehrlich bin, erscheint es mir als das sinnvollste, von hier zu verschwinden. Niemand braucht mich hier länger. Draco hasst mich; Ron, Hermine und Harry haben ja sich, genauso wie George und Fred. Aber die haben es ja auch nicht für nötig gehalten, mich zu besuchen als ich im Krankenflügel lag. Ginny ebenso wenig. Also steht mein Entschluss fest - Montag gehe ich zu meinem Onkel zurück. Weit weg von dieser Schule und weit weg von meinen Gefühlen. 

Schatten der Vergangenheit [Harry Potter FanFic] ✔Where stories live. Discover now