Kapitel 9 ✔

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Ich seufzte tief und drehte mich auf die rechte Seite, um mein Handy von der Kommode neben meinem Bett zu fischen. Sechs Uhr morgens und Liz hatte mir bereits vier Nachrichten geschickt, dass ich bloß pünktlich am Bus sein solle. Müde angelte ich meine Hausschlappen unter dem Bett hervor und schlüpfte rein, um mich auf den Weg ins Badezimmer zu machen. Ich fühlte mich völlig ausgelaugt und hatte in den ersten Minuten nach dem Aufstehen extreme Schwierigkeiten mich davon abzuhalten nicht direkt wieder ins Bett zu gehen. Mein Blick fiel auf meine Ohrstöpsel auf dem Fußboden. Schnell schnappte ich sie mir und stöpselte sie ein. Während eine ‚Gute-Laune'-Playlist in meine Ohren schallte, ging ich ins Bad, zog mich an und richtete meine Tasche für die Schule.

Es machte mich wahnsinnig, dass ich gestern so nahe dran gewesen war mehr zu erfahren und dann einfach wieder etwas dazwischen kam. Wie viel Pech konnte ein Mensch denn bitte haben? Black tauchte immer nur auf, wenn es ihm passte. Hatte ich denn keine Möglichkeit ihn irgendwie herbeizurufen? Vielleicht durch Hayes? Wobei der damit so wenig wie möglich zu tun haben wollte, so schien es mir zumindest. Es konnte dennoch nicht schaden und schien erstmal der einzige Weg zu sein.

Im Bus plapperte Liz erbarmungslos auf mich ein und ich hatte große Schwierigkeiten ihren unzähligen Gedankengängen überhaupt nur zu folgen, geschweige denn sie zu verstehen. Es war zeitweise wirklich anstrengend und deswegen schaltete ich ab der Hälfte der Busfahrt komplett ab. Ich war müde und hatte so viele Dinge im Kopf, da konnte ich mir nicht noch Gedanken darum machen, ob Benedict Cumberbatch oder Robert Downey Jr. den besseren Sherlock spielte.

„Was ist denn mit dir los? Du warst im Bus schon so abwesend", fragte mich Liz nachdem wir ausgestiegen waren und uns auf den Weg über den Schulhof ins Schulgebäude machten. Es schwang echte Sorge in ihrem Ton mit. Ich schenkte ihr ein ehrliches Lächeln. Trotz der Tatsache, dass ich sie nahezu ignoriert hatte, machte sie sich Sorgen, anstatt sauer zu sein.

„Ich weiß nicht, ich komme momentan irgendwie nicht aus mir raus. Meine Eltern sind immer noch so übervorsichtig und es passieren ständig sonderbare Dinge" Sie hob eine Augenbraue.

„Sonderbare Dinge? Zum Beispiel?"

„Naja, ich habe so hässliche Alpträume und dann das mit den silbernen Augen. Klar, ich weiß, dass das von dem Medikamenten kommt und trotzdem mache ich mir um jede kleine Sache total viele Gedanken seit dem Unfall..." Liz nickte mitfühlend und nahm mich in die Arme, wofür ich ihr sehr dankbar war. Natürlich konnte ich ihr nicht alles erzählen, aber dennoch blieb ich so nahe an der Wahrheit wie möglich.

Kurz vor der großen Türe hielt ich inne und drehte mich suchend um. Vielleicht würde ich ja Hayes im Getümmel entdecken und ihn noch vor der ersten Stunden ausfragen können, sodass ich zumindest einigermaßen beruhigt in den Tag starten konnte. Doch natürlich war er nirgends zu sehen.

„Wäre ja auch zu schön gewesen...", brummelte ich leise und genervt und hielt Liz die Türe auf, bei der es mich jedes Mal aufs Neue überraschte wie schwer sich diese öffnen ließ. Gerade als ich ebenfalls reingehen wollte, drängte sich eine Gruppe tratschender Fünftklässlerinnen an mir vorbei und ohne ein Dankeswort durch die Türe, die ich noch immer aufstemmte.

„Klar, gerne, kein Problem", rief ich ihnen hinterher und verdrehte genervt die Augen, „Unhöfliches Pack..."

„Nanu, warum so fröhlich heute?", fragte eine dunkle Stimme hinter mir und ich fuhr herum. Es war Hayes, wer hätte es gedacht. Genau jetzt musste er mit einem amüsierten Grinsen hinter mir stehen. Ich zwang mich ebenfalls zu einem Lächeln und wies auf die Türe.

„Nach dir"

Er nickte mir dankend zu und ich folgte ihm ins Innere des Gebäudes.

„Schlecht geschlafen?", wollte er im Plauderton wissen und zwinkerte Liz zu, die das Geschehen mit verdattertem Gesichtsausdruck beobachtete. Ohje, da hatte ich nachher etwas zu erklären. Zumindest konnte ich sie in dem Sinne beruhigen, dass Hayes echt nicht mein Typ war.

„Das kommt noch", meinte er neben mir. Überrascht sah ich ihn an.

„Was meinst du?"

„Normalerweise geht das mit dem in mich verlieben bei den meisten recht schnell" Mir blieb der Mund offen stehen. Hatte er etwa...? Mein Gegenüber kringelte sich mittlerweile fast vor lachen und ich musste mich echt zusammenreißen ihn nicht anzuschreien, wie zur Hölle das möglich war.

„Schutzengel können Gedanken lesen", erklärte er so leise, dass nur ich es hören konnte und deutete mir an ihm zu folgen. Ich drehte mich zu Liz um.

„Ich muss mal eben Hayes zeigen, wo er seinen Stundenplan abrufen kann. Ich komme gleich nach", meinte ich zur ihr. Sie grinste einfach nur, schüttelte den Kopf und lief davon. Wir wussten beide, dass es mittlerweile eine App dafür gab, aber das hatte ich im ersten Moment vergessen. Auch egal.

„Du bist also Blacks Bruder, aber hast deine Ausbildung noch nicht ganz beendet und deswegen noch keinen eigenen Schützling. Hab ich das richtig verstanden?" Er nickte zustimmend. Deswegen war er also hier und Black nicht. Aber was war es, das Black davon abhielte sich selbst um seine Angelegenheiten zu kümmern?

„Kann ich ihn irgendwie erreichen?", wollte ich wissen und wandte mich wieder Hayes zu, der mich gelassen betrachtete.

„Er wird sich bei dir melden, sobald er Zeit hat. Es gibt ein paar wichtige Dinge, die er dringend regeln muss und die momentan Vorrang haben. Du musst ihm da einfach Vertrauen" Ich schnaubte nur. Das war ja mal eine super Aussage. Black machte mir höllische Angst, indem er seinen Schutzengel-Bruder zum Überwachen auf meine Schule brachte und wollte mir dann weismachen, dass ich mir keine Sorgen zu machen brauchte?


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Black -mein SchutzengelWhere stories live. Discover now