Das Gefühl von Endgültigkeit

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Ich schnappe nach Luft. Der Boden ist mit Blut befleckt. Voldemort muss wütend sein, sehr wütend.
Als ich meinen Blick hebe, sehe ich wie sich die Todesser im Kreis aufgestellt haben. Voldemort steht in der Mitte. Peter Pettigrew packt mich fester an der Schulter, schubst mich dann in die Mitte und nimmt anschließend seinen Platz im Kreis ein.

Es ist klar. Sie genießen die Show. Ich, das Schlammblut an meinem rechtmäßigen Platz. Unbewaffnet und Voldemort komplett ausgeliefert.

Langsam kriecht die Angst wieder in mir hoch. Es ist ein seltsames Gefühl. Ich habe Angst, ja. Aber es ist nicht nur Panik. Es ist auch... ein Gefühl der Endgültigkeit? Ich versuche mir vorzustellen, wie es ist, zu sterben.
Wird es schnell gehen? Werde ich Schmerzen haben? Werde ich es überhaupt merken? Oder werde ich einfach ganz plötzlich einschlafen?

"Hallo. Granger ist doch dein Name richtig?" Ich schweige. "Antworte mir!" Wieder steigen Tränen in meine Augen. Und dieses Mal kann ich sie nicht wegblinzeln. "Nanana, Mädchen. Ich möchte doch nur wissen, wen ich hier vor mir habe. Wen ich gleich töten werde." Er dreht sich mit einem hässlich Lachen zu seinen Todessern. "Nagut... Dann eben nicht." Niemand regt sich. "Irgendwelche letzten Worte?"
Ich schweige. Dieses Mal weiß ich, dass es endgültig ist. Ich glaube Draco nicht. Ich glaube ihm nicht, dass es ein Schleuderfluch war, der mich getroffen hat. Ich weiß nicht, was geschehen ist, aber jetzt spielt all das keine Rolle mehr. Ich werde nie erfahren, was Lord Voldemort von Draco Malfoy wissen wollte. Ich werde nie erfahren, ob Harry einst über ihn siegen wird, ihn der Harrys Eltern ermordet hat, Cedric Digory, Dumbledore, Nevilles Eltern gefoltert hat, und noch so viele mehr getötet hat. Und bald auch mich.
Es ist egal, ob er selbst es getan hat oder jemand anderes in seinem Befehl. Jetzt ist es sowieso egal.
Ich muss mich jetzt an Tatsache halten. Und die Tatsache ist, dass ich sterben werden. Und zwar in den nächsten paar Sekunden.

Ich hoffe, Harry und Ron werden meinen Eltern behutsam alles erklären. Eigentlich wollte ich an dem Tag nach meinem nächtlichen Ausflug ihr Gedächtnis verändern, um sie zu schützen, aber jetzt geht das wohl nicht mehr. Ob sie die Polizei gerufen haben? Ob die jetzt die gesamte Stadt nach dem vermissten Mädchen absucht? Ich glaube meine Eltern wissen, dass sie mich nicht finden werden. Sie sind klug und sie werden eins und eins zusammenzählen können.

Es macht mich traurig, dass ich sie jetzt nie wieder sehen werde. Meine Familie, Harry, Ron, Ginny, die Zwillinge, Luna und alle anderen, die ich in den letzten Jahren so lieb gewonnen habe.
Ja, irgendwie trauere ich auch über Draco. Er war am Ende ja ganz erträglich, wenn nicht sogar nett gewesen.

Aber ich weiß, sie werden es schaffen.

Ich atme tief ein. Ich schließe meine Augen und öffne sie wieder.
Und dann höre ich eine Stimme.

Im Kerker oder doch im Herzen?Where stories live. Discover now