Kapitel 25

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Schweratmend bog ich an der Ecke des Flurs ab und knallte promt mit einem Unbekannten zusammmen. Erschrocken wich ich von ihm zurück und zückte mein Schwert. Meine Sicht hatte sich vom Weinen verschleiert und nun hielt ich dem Mann vor mir meinen Dolch vor den Hals.
Schaubend wich ich mir über die Augen um meine Sicht zu klären und steckte meinen Dolch wieder in meinem Gürtel, welcher mir locker um die Taille fiel.
"Was zum Teufel tust du hier ?", fluchte ich lautstark. "Ich hätte dich töten können !" 
Thion sah mich ungläubig an.
"Wieso hast du geweint ?", fragte er besorgt.
"Ich habe nicht geweint.", log ich Kyrons Bruder an. 
"Lüg mich nicht an !", zischte er. "Wir verlieren damit nur kostbare Zeit. Und in unseren Zeiten weiß man nie wie viel Zeit man noch hat. Wo ist Kyron ?"
Ich habe Thion bisjetzt erst einmal so wütend gesehen, das eine Mal, als ich seinen Bruder verspottet hatte.

"Dieser elender Bastard spielt mal wieder den verdammten Helden !", rief ich fluchend aus und schlug mit geballter Faus gegen die Wand. Die Tränen sammelten sich erneut in meinen Augen und liefen still und heimlich über meine Wangen.
Thions Augen weiteten sich.
"Wo ist er ?", rief er entsetzt.
"Würde ich noch hier stehen wenn ich das wüsste ?", schrie ich ihn an. "Verdammt glaubst du ich stünde dann nicht schon neben ihm ?"
Ein leises Schluchzen meinerseits war zu hören und ein lauter Wutschrei von Thion.
"Das ist mal wieder typisch !", schrie er.
Schnell packte er mich am Arm und zog mich hinter sich her.
"Jetzt mach keine Dummheiten, Kyron, verdammt !", fluchte er vor sich hin.

"Gott, Heilige Weisheit,
wir bitten Dich für die Opfer von Bequemlichkeit, Hass und Egoismus überall in der Welt.
In vielen Ländern dieser Erde leiden Menschen unter Terror und Krieg. Sie leben in der Angst, die nächste Woche nicht mehr lebend zu erreichen, sie trauern um Angehörige, die bei Selbstmordattentaten oder im Krieg starben. Frauen werden vergewaltigt, Säuglinge sterben, Männer werden zum Militärdienst gezwungen, Kinder haben keine andere Perspektive, als sich als Kindersoldaten dem Bürgerkrieg anzuschließen. All dies ist keine Naturkatastrophe, sondern von Menschen gesteuert, die das Leiden ausnutzen und durch Halbwahrheiten Angst zu Hass verdrehen.", seine Stimme bebte, als er irgendein Gebet herunterratterte und sich während des Laufens bekreuzigte.
Immer schneller lief Thion, als er aprubt anhielt und ich schlitternd gegen seine Schulter knallte.

"Kannst du mich nicht warnen, du Esel ?", fuhr ich ihn an und rieb mir meine schmerzemde Nase.
Erst als ich das gequältes Heulen wahrnahm, spähte ich hinter Thions Rücken hervor.
"Manaya ?", flüsterte ich und ging auf meine Cousine zu. Diese lag zu einem Embryo zusammengekauert neben einer Leiche, und wiegte sich vor und zurück.
"Geh such Kyron. Ich helfe ihr. Sie ist immer noch meine Cousine, und so sehr ich mich um deinen Bruder sorge, so kann ich sie nicht so hierlassen.", sprach ich zu Thion, welcher mich nur verständnisvoll ansah und loslief, um seinen Bruder zu retten.

Als ich Manayas Schulter berührte, zuckte sie verängstigt zurück und kroch näher zu der Leiche, welche sich nach einem zweiten Blick als Tornat herausstellte.
"Fass mich nicht an !", heulte sie. Ihr wunderschönes Kleid war mit Blut besudelten und ihr Gesicht war vom vielen Weinen gerötet und geschwollen. Auch ihre Lippen waren aufgeplatzt und ihr sonst perfekt sitzendes Haar stand zu allen Seiten ab.
"Manaya, ich kann dir helfen. Bitte lass mich", flüsterte ich leise.
"Er ist tot. Tornat ist tot !", schrie sie hysterisch und weinte noch herzzerreißender.
"Lass mich dir helfen, Manaya.", versuchte ich es erneut und sah sie mitleidig an.
"Nein, nein, ich will nicht mehr", schluchzte sie und schlang ihre Arme fester um sich. "Tornat. Diese Männer. In Uniform. Keine Rebellen. Sie haben. Es tat so weh.", weinend schlug Manaya ihre Beine fester zusammen.

"Manaya. Ich werde dir nun eine Frage stellen, und du antwortest mir mit einer ehrlichen Antwort. Wurdest du vergewaltigt ?", meine Stimme klang sanft und doch gepresst zugleich.
Ich konnte fühlen wie Manaya sich unter meinen Blicken zurückschreckte, doch schließen nickte sie.
"Sie haben... Sie sind in mein Gemach gedrungen und haben gesagt es sei auf königlichen Befehl. Ich habe nicht verstanden. Und dann, dann haben sie.", erneut war ein lautes Schluchzen zu hören. Als ich meine Hand ausstreckte, zuckte sie zurück und schüttelte kaum merklich den Kopf. 
"Manaya, hör mir zu, ich weiß du willst jetzt nicht berührt werden, doch lass mich dir helfen. Ich habe es überlebt, und genau so wirst du auch überleben. Du bist stark. Ich weiß, dass du es bist. Du wirst jetzt aufstehen, da raus gehen und so tun als wäre nichts gewesen. Zeig ihnen, dass du stark bist. Zeig ihnen, dass sie dir nicht anhaben können, zeig ihnen dass du nicht leicht zu töten bist. Lass sie glauben, dass du unversehrt bist. Lass das Volk glauben, dass du unberührt geblieben bist. Lass sie glauben, dass sie gekommen sind für Nichts. Dass dieser ganze Aufwand für Nichts war. Und lass sie büßen, für Nichts."

Manaya sah zu mir empohr, als sei ich etwas besonderes. Sie sah zu mir empohr, als würde sie mich bewundern. Langsam streckte sie ihre Hand aus und legte sie in meine. Zögernd zog ich sie näher an mich und drückte sie tröstend. Ihren Kopf presste sie gegen meine Brust, ihre Arme hatte sie um ihre Taille geschlungen und ihre Beine lagen angewinkelt vor ihr.
"Du bist so stark, Cara. Wie schaffst du es ?", wimmerte sie an meiner Brust.
"Es ist die einzige Möglichkeit zu überleben, nachdem ihr mich alle hasst.", sagte ich sanft und strich ihr über das Haar.
Langsam nahm sie ihren Kopf von meiner Brust und sah mich traurig an.
"Ich hasse dich nicht, Cousinchen.", flüsterte sie. "Niemals. Niemals könnte ich dich hassen. Ich liebe dich, Cara, du bist meine Cousine. Meine einzige Familie, für immer. Du warst meine Freundin, meine Beschützerin, meine Familie. Ich hasse nicht dich, ich hasse Mutter für das was sie in der Vergangenheit getan hat und für das, was sie heute getan hat."
Lächelnd drückte ich sie an mich.
"Ich habe dich auch immer noch lieb. Und es tut mir leid. Alles. Doch was mir am meisten leid tut ist dass ich dich damals nicht mitgenommen habe, Cousinchen. "

The Warrior Inside Me Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt