Das Treffen

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Jemand, der nie einen geliebten Menschen beerdigen musste, weiß, wie es ist. Wie es ist, vor dem Spiegel zu stehen und das schwarze Kleid langsam zuzumachen. Im Spiegel bemerkt man, wie rot die Augen vom Weinen sind und der Blick von einem ist voller Trauer. Man weiß, wie die Beerdigung ablaufen wird und dass man wieder sehr viel weinen wird. Ich stecke meine Haare hoch und ziehe mir meine Schuhe an. Schminken tue ich mich nicht. 

„Hayden, bist du fertig?", die raue Stimme von Riley erscheint. Wir beide werden mit Harry und Sam zur Beerdigung fahren. Heute ist es so weit, wir werden meine Eltern beerdigen. Ich wusste irgendwann wird es soweit sein, doch ich dachte nicht, dass es so früh sein würde. „Ja.", meine Stimme hört sich kalt und rau an. 

Ich hatte mal wieder die ganze Nacht geweint, mehr als sonst, aber Sam war bei mir. Er kommt in mein Zimmer und sieht mich lange an. „Es wird Zeit. Komm.", informiert er mich und gibt mir seinen Arm, damit ich mich festhaken kann. Ich mache es und wir gehen zum Auto.

„Tut mir sehr leid. Sie waren noch so jung.", Riley und ich nicken und danken alle für deren Anwesenheit. Es sind sehr viele hier, die meisten kenne ich nicht mal. Ehrlich gesagt, kann ich bei manchen nicht mal glauben, dass es ihnen wirklich leid tut. Aber ich kann ja auch nichts dagegen tun.

„Ihre Eltern haben sich sehr geliebt und wir sind froh, dass es euch gut geht. Endlich können wir euch mal sehen.", zwei Männer stehen vor uns. „Wer seid ihr?", fragt Riley sie. „Ich bin Damon und er ist Stephan.", sie grinsen uns an und wir geben uns die Hände. Bei mir schlich sich ein Lächeln ins Gesicht. Wie die Brüder aus Vampire Diaries... 

Sie erzählen uns ein bisschen von sich und meinen, dass sie unsere Eltern von früher kannten. „Wie wäre es, wenn sie später zur Lagerhalle mitkommen. Alle, die unsere Eltern sehr gut kannten, sind eingeladen.", ich lächle sie beide an. Sie nicken und geben uns Bescheid, dass sie sehr gerne kommen würden. Auch andere, die meine Eltern von früher kennen, kommen und sprechen deren Beileid aus. Wir bedanken uns immer, doch ich weiß, dass auch Riley vielen nicht glaubt.

„Wir sind heute hier versammelt, um von Jennifer und Ethan Abschied zu nehmen...", bei diesen Sätzen kommen mir schon die Tränen. Der Priester hat mit seiner Rede angefangen, doch ich kann mich nicht darauf konzentrieren. Meine Tränen nehmen kein Ende und ich fange an zu zittern. Nach einer langen Rede nehmen ein paar Männer die Särge und die Blumen und wir gehen zu den Gräben, wo sie hineingelegt werden.

„Asche zu Asche, Staub zu Staub.", er wirft ein Schäufelchen Erde ins Grab und bringt somit zu Ausdruck, dass man beim Tod wieder dorthin zurückkehrt, woher man gekommen ist. Danach sind wir dran, eine Schaufel voller Erde ins Grab zu werfen. Riley macht den Anfang. „Ihr wart perfekte Eltern. Wir werden uns immer an euch erinnern und wir danken euch für alles, was ihr für uns getan habt. Wir lieben euch, Mama und Papa.", eine Träne löst sich aus seinem Augenwinkel, welche er sofort wegwischt. 

Er nimmt meine Hand und zieht mich zu ihm. „Du schaffst das, Hayden.", ich nicke und lächle ihn an. Ich bin sehr froh, dass ich so einen Bruder habe. Auch wenn er in letzter Zeit weniger mit mir macht, ich weiß, dass er es macht, damit es mir gut geht. Damit ich mich nicht um alles kümmern muss... Meine Hand zittert, als ich die Schaufel anfasse und mit Erde fülle. „Ich liebe euch. Ich bin so dankbar, dass ihr unsere Eltern wart. Aber das Wichtigste ist, Riley und ich werden zusammenhalten. Ihr habt euch immer gewünscht, dass wir mehr zusammen unternehmen und dass wir uns besser verstehen und jetzt ist die Zeit gekommen. Es ist einfach nicht fair, dass ihr gestorben seid. Ihr habt es nicht verdient. Ihr wart die besten Eltern, die man haben kann und ich werde nie vergessen, was ihr alles für uns geopfert habt und was ihr alles für uns getan habt. Lebt wohl, Mama und Papa.", ich breche nach diesen Worten zusammen. 

Ich beginne so zu weinen, dass ich auf die Knie falle und anfange zu schreien. „Es ist nicht fair. Warum ihr? Ihr habt es nicht verdient. Nein. Nein. Nein.", ich spüre Hände an meinem Körper, aber ich kann nicht sehen, wer es ist, da meine Sicht von den Tränen versperrt ist. „Es ist nicht fair.", flüstere ich zum letzten Mal, sehe noch mal auf die Gräber und mache Platz für die anderen, die auch Abschied nehmen wollen. Ich weiß, sie haben mich die ganze Zeit beobachtet, aber es ist mir egal. Ich gehe zu Riley und er nimmt mich in die Arme. Dort weine ich mich aus. „Es ist ok. Es ist ok.", ich weiß, dass Riley auch angefangen hat zu weinen.

Und dort stehen wir beide. Arm in Arm. Weinen auf der Beerdigung unserer Eltern. 

Als mehrere wegfahren, entscheiden wir uns auch nach Hause zu fahren. Dort wird Essen vorbereitet. Als wir ankommen, stehen schon mehrere vor der Haustür und rauchen, das heißt, in dem Haus sind schon viele versammelt. Riley geht vor und begrüßt viele, da er vorhin nicht so viel Zeit hatte. Er macht es aber erst, als er sicher gegangen ist, dass Sam zu mir kommt. Sam umarmt mich sofort und nach ein paar Minuten gehen wir auch in die Lagerhalle. Dort gab es Suppe und Brot. Wir quatschen viel und manche Männer erzählen alte Geschichten über Mama und Papa. Anscheinend haben sie zusammen eine Zeit lang gewohnt. Als sich die Halle leert, gehe ich nach oben in mein Zimmer. Dort ziehe ich mein Kleid und meine Schuhe aus und lege mich ins Bett. Ich bin so müde... 

Sekunden später höre ich ein Klingeln. Ich schnappe mir mein Handy und sehe, dass ich eine Nachricht bekommen habe. Eine Nachricht von Dean... Mein Herz macht einen Sprung, als ich sie lese:

,,Hast du Lust etwas mit mir zu machen? Mir ist langweilig L"

Ich setze mich mit einem Schwung auf und schreibe ihm sofort zurück, um ihm zuzusagen. Irgendwas Gutes muss dieser Tag doch bringen... Ich ziehe mich hübsch an, schminke mich noch kurz, da ich überall rote Flecken vom Weinen habe und schnappe mir wieder mein Handy.

,,In 25 Minuten im Park? An diesem großen Stein unter einem Baum, weißt du welchen ich meine?"

Ich weiß sofort, welchen er meint. Dort gehe ich immer hin, wenn ich traurig oder wütend bin. Ich schreibe ihm, dass ich weiß, welchen er meint und ich mache mich auf den Weg dorthin. Riley oder den anderen sage ich nicht Bescheid. Sie werden wahrscheinlich gar nicht merken, dass ich weg bin. Sie müssen nämlich noch alles aufräumen und danach muss Riley noch arbeiten. Als ich dort ankomme, setze ich mich hin und warte, da er noch nicht hier ist. Ich bin, glaubte ich, 4 Minuten zu früh, aber mir macht es nichts aus.

„Hey.", ertönt eine Stimme hinter mir. Ich drehe mich um und sehe Dean. Ich habe ja auch nichts anderes erwartet. „Hey.", wir lächeln uns an, bevor er auf mich zu kommt und mich umarmt. Er riecht sehr gut und ich wünsche mir, er würde mich länger umarmen, doch er entfernt sich wieder von mir. Als er mein enttäuschtes Gesicht sieht, lächelt er noch mehr. 

„Schön, dass du Zeit für mich hast. Ich will dich heute unbedingt noch sehen, da ich einen schlechten Tag hatte und dachte, du könntest mich aufheitern. Und ehrlich gesagt, du tust es jetzt schon.", ich werde leicht rot und sehe auf den Boden. Ja, okay, ihr habt es erfasst. Ich bin in solchen Momenten schüchtern. Wir beginnen uns zu unterhalten und lachen sehr viel... Doch wir werden gestört, als plötzlich mein Handy klingelt.

„Wo bist du?", fragt mich Riley, als ich den Anruf annehme. Ich schlucke und sehe vorsichtig zu Dean, der auch auf sein Handy guckt. „Musste kurz einkaufen. Bin gleich da.", lüge ich und lege sofort auf. Dean sieht mich verwirrt an, aber ich achte nicht darauf. Riley muss nicht wissen, dass ich mich mit einem Mann treffe. Es ist meine Sache...

The Mafia AffairWhere stories live. Discover now