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Unablässlich strömen Leute in und aus dem Zug. Grosse, kleine, Männer, Frauen, langhaarige, kurzhaarige, junge, alte, dunkle und hellhäutige. Alle sind verschieden, innerlich und äusserlich. Sie alle betreten den Zug mit unterschiedlichen Absichten. Die einen wollen jemanden besuchen, andere sind aus geschäftlichen Gründen hier, und wieder andere als Touristen.

Zum Beispiel der im zweiten Wagon in der ersten Sitzabteilung: kurze schwarze Haare, ungefähr 30 Jahre alt und single. Er will zu einem Treffen mit seinen Freunden und schaut gelangweilt aus dem Fenster, während die Ohrstöpsel sein Gehirn mit einer schrecklichen Musik zermatet. Zwischendurch schliesst er die Augen, wenn die Nachmittags Sonne wieder ans Fenster knallt.

Er hatte keine atemberaubende Kindheit, aber auch keine schreckliche. Seine Eltern sind Wirtschaftsflüchtlinge und sind ausgewandert, bevor er geboren wurden.

Ganz anders als die Frau, welche vor ihm sitzt und sich in ein Buch vertieft hat. Sie ist aus einer wohlwollenden Familie, doch ihre Zukunft verspricht noch mehr. Sie strebt den Beruf als Politikerin an ist aber noch weit davon entfernt, mit ihren 28 Jahren. Gute Absichten hat sie. Sie will die Welt zu einem besseren Ort machen. Ganz schön naiv, dass zu denken.

Das kleine Kind, welches drei Sitzabteilung weiter hinten sitzt und sich mit den kleinen Autos vergnügt, verschwendet keinen einzigen bösen Gedanken an die Welt. Die pure Reinheit schwebt in seinem Kopf. Nur zu schade, dass dies nicht für immer so bleibt.

Im vierten Wagon wird es spannend. Ein junges Paar keift sich an. Beide darauf bedacht eine normale Lautstärke bei zu behalten, ein echt witziges Schauspiel. Sie wirft ihm vor ihren Geburtstag vergessen zu haben, er versucht sich völlig verzweifelt aus der Lage zu reden. Wirklich ein unnötiger Streit, doch er bringt Leute zum schmunzeln.

Der Soldat an der gegenüberliegenden Fensterreihe schmunzelt immer unablässlicher, nur zu schade das sein Schmunzeln seinen grünen Augen nicht erreicht. Er war schon im vollem Kriegseinsatz. Freunde und Bekannte hat er verloren, bei einem Kugelhagel. 'Als regnete es Kugeln', hat ihn jemand davor gewarnt, der das schon mal erlebt hat. Doch die Warnung hat ihm nicht viel gebracht.

Ein Zug voller LebenWhere stories live. Discover now