Kapitel 19

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Langsam öffnete ich meine Augen und blinzelte.
Wo war ich?
Unter meinen Handflächen spürte ich weichen Stoff und mir war angenehm warm.
Ah, ich lag in Cass' s Bett.
Schlagartig fiel mir der gestrige Tag ein.
Ich schien wohl bei ihm übernachtet zu haben.
Zum Glück war heute Sonntag und morgen fing erst wieder die Schule an.
Leichte Panik durchflutet mich. Hoffentlich hatte ich im Schlaf nichts peinliches gemacht oder gesagt....

Ich sah mich im Raum um und entdeckte Cass neben mir.
Seine hellblauen Augen blickten mir direkt ins Gesicht.
Unsere Stirnen(klingt bekloppt, hab aber extra im Duden nach geschaut :'D) berührten sich, sodass seine Augen nur Millimeter von meinen entfernt waren.
"Morgen..."raunte er. Mein Blick glitt zu seinen Lippen. Um meine zu berühren hätte Cass sich nur ein paar Zentimeter bewegen müssen.

Er spielte mit meinem Haar, drehte es um seinen Finger und strich mir mit den Spitzen über die Wange.
"Wir sind beide gestern wohl eingeschlafen. Ich wollte dich nicht mehr wecken, es war eh schon fast morgen..."
Benebelt verlor ich mich in den tiefen seines Blickes und war überhaupt nicht mehr fähig richtig zu registrieren, was er sagte.
"Auch wenn das gar nicht möglich gewesen wäre. Du hast mich zu dir hergezogen und geschlafen wie ein Stein." grinste er. Dadurch traten seine Grübchen hervor, die diesmal so nahe waren, dass ich mich kaum zurückhalten konnte sie zu berühren.

Viel wichtiger war aber die Tatsache, dass ich natürlich wieder etwas peinliches tun musste, kaum lag ich nicht mehr alleine im Bett, sondern mit einem Jungen.
Jetzt musste Cass ja denken ich sehnte mich zutiefst nach Liebe und war eins dieser anhänglich Kletten.

Wer weiß, vielleicht sehnte ich mich unbewusst tatsächlich etwas nach Fürsorge und nicht nur nach der Überfürsorge meiner Mum, sondern nach richtiger...Liebe.

Vielleicht hatte Jen recht und es war wirklich Zeit sich mal wieder zu verlieben.
Wenn ich das nicht sogar schon hatte.

Das wollte ich aber gar nicht wagen mir einzugestehen.

Cass vibrierende Brust an meiner riss mich in die Gegenwart zurück.
"Liz? Bist du noch anwesend oder schon wieder eingeschlafen? "
"Was?? Ochso, nein..." seufzte ich verwirrt und ließ mich in Cass' s Kopfkissen zurück sinken, das total weich war. Ich wollte auch so eins...

Cass setzte sich auf, fuhr sich durch die Haare und stand auf.
Er war definitiv schon fitter als ich.

Meine Augen waren aber schlagartig ebenfalls wach, als Cass sich sein Shirt über den Kopf zog und zu einem Schrank an der Wand ging.
Mein Blick blieb auf seinem breiten Rücken geheftet und gebannt starrte ich auf seine Schultermuskeln, die sich anspannten, als er die Schranktür öffnete und ein frisches T-Shirt heraus holte.

Schnell schaute ich peinlich berührt weg, als mir klar wurde, was ich da gerade tat.
Ich schlug die Decke zurück, setzte mich auf und suchte nach einem Wecker, fand aber keinen.
"Cass?"
"Mh?"
Meine Augen schweiften von meinem zerknittertem Oberteil zu ihm.

Mein Mund klappte auf.
Wieso hatte er sein Hemd noch nicht an?!

Das frische Shirt hatte er noch in der Hand, weswegen ich einen einwandfreien Blick auf seinen nackten Oberkörper hatte.
Viele Jungs Oberkörper hatte ich noch nicht gesehen, aber es war nicht selbstverständlich, dass man so gut aussah, dass wusste ich.
Seine Bauchmuskeln waren nicht total durchtrainiert, aber leicht definiert, was natürlicher aussah als ein übertrainiertes Sixpack.

Bevor ich noch mehr von seiner gebräunten Haut sehen konnte, sah ich schnell weg.

Abwartend, mit seinem süßen Lächeln und einer hochgezogenen Augenbrauen, wartete er.
Mist, jetzt hatte ich vergessen, was ich sagen wollte!

Ich wies mein Herz an in meiner Brust zu bleiben und sich mal gefälligst wieder einzukriegen und dachte scharf nach.
Ah, die Uhrzeit!

"Wie spät ist es?"
Ich riskierte immer noch keinen Blick auf seinen Oberkörper, sondern sah auf den Boden. Nicht das ich echt noch zu sabbern anfing.

"Fünf vor Zehn" klärte Cass mich auf.
Was, schon so spät? !
Das würde Zuhause Ärger geben...

Ruckartig stand ich auf. "Ich muss gehen!"

Erschrocken schnappte ich nach Luft, als ich sah, dass Cass direkt vor mir stand-immer noch oben ohne!
Schnell senkte ich meinen Blick wieder auf den Boden.

Ich spürte Cass' s Zeigefinger unter meinem Kinn, der meinen Kopf leicht nach oben neigte und mich so zwang ihn anzuschauen.

Seine Augen brannten sich förmlich in meine während er etwas in meinem Blick zu suchen schien. "Vielleicht können wir den Film noch mal irgendwann zusammen fertig schauen...?"

Unsere Nasenspitzen berührten sich fast und ich war mir seiner nahen Präsenz seines Oberkörpers nur allzu bewusst.
Ich konnte nichts anders tun, außer zu nicken.
Seine Augen fesselten mich komplett und ich hielt die Luft an, als er mit seinem Gesicht meinem immer näher kam.
Ich spürte sein Atem auf meinen Lippen und konnte mich vor Schreck nicht bewegen.
Oh gott, wollte er mich küssen??

Er hob eine Hand und berührte meine Wange. Aus Reflex zuckte ich zusammen, woraufhin Cass mich eingehend musterte.
"Liz...."
Ich könnte ihm stundenlang zuhören, wie er nur meinen Namen sagte. Wenn er flüsterte klang er aus seinem Mund sogar noch schöner....

"Ich mag dich mehr als nur ein bisschen, ich hoffe das ist dir klar. Du bist etwas besonderes. Und du brauchst keine Angst vor mir haben. "

In mir herrschte ein bunter Mix aus Gefühlen. Meine ängstliche, instinktive Seite fasste es wie eine Drohung auf, dass er vor hatte mir noch näher zu kommen, meine andere, verliebte Seite, ließ meine Haut kribbeln und mich ganz warm werden, da er mich mochte.

Cass kam mir langsam noch näher und jetzt war ich mir ganz sicher, dass er mich küssen wollte.
Mein Herz setzte vor Panik kurz aus und mich erfasste mit einem mal die Kälte. All die Wärme, die ich zuvor gespürt hatte, war mit einem Schlag verschwunden. Stattdessen hatte sie dem beklemmendem Gefühl, dass ich nur allzu gut kannte, platz gemacht.
Nach 2 Jahren hatte ich damit immer noch nicht abgeschlossen.

Ich musste schleunigst einen Rückzieher machen, bevor das hier noch in einer Katastrophe endete, ich schreiend davon rennen würde und es bei Cass total versaut hätte.

Hastig machte ich einen Schritt zurück und legte meine Hände auf seine warme Brust, damit er nicht näher kam.
Ein Stromschlag durchzuckte mich, als ich seine nackte Haut berührte, aber ich achtete nicht darauf.
"Cass, ich kann nicht. Das.....das geht mir zu schnell...."

Mein Körper würde für inniger Sachen wohl nie in der Lage sein, wenn auch mein Herz ihm näher kommen wollte und ihn durchaus küssen wollte. Und wie gerne.

"Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken. " entschuldigte sich Cass sofort.
Ich schüttelte nur meinen Kopf und ging zur Tür.
"Es ist nicht deine Schuld, sondern meine. Tut mir leid." sagte ich schnell und ging selbständig Richtung Haustüre.
Das ging mir alles gerade einfach zu schnell. Meine Angst hatte mich ganz im Griff und spielte mir immer wieder vor dem inneren Auge ab, dass ich bei Cass im Bett geschlafen hatte und er alles mögliche hätte machen können.

Aber ich kannte Cass und er mich mittlerweile so gut, dass ich nicht überrascht sein sollte, dass er jetzt versuchen würde mich zu küssen.
Das er was von mir wollte, wusste ich und ich mochte ihn auch mehr als nur freundschaftlich, aber für mich war es für solche Annäherungen noch einfach viel zu früh.

Auf den Weg nach draußen, begegnete ich Cass' s Mum mit einem Koffer in der Hand, aber ich nahm sie gar nicht richtig wahr. Mein Fluchtinstinkt war eingeschaltet. "Liz, bist du das?" sprach sie mich überrascht an.
Ich brachte nur ein gequältes Lächeln heraus und ging schnell an ihr vorbei.
Ihren verwirrten Blick, der in meinem Rücken lag, konnte ich noch so lange spüren, bis ich um die nächste Häuserblock Ecke bog und nach Hause ging.

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