Kapitel 10

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Kapitel 10

Ich lasse mein Fenster offen und lese im Bett ein Buch. Vielleicht hat Roman ja heute noch Wichtiges zu tun. Ach quatsch. Was sollte der machen? Was macht er überhaupt die ganze Nacht und schläft er eigentlich nie?

Plötzlich höre ich ein Geräusch und laufe zum Fenster und sehe zum Balkon. Roman ist da und grinst mich an. Er balanciert an einer sehr schmalen Kante zu meinem Fenster. Ich reiße den Mund auf, ist er lebensmüde? Er hat es schon einmal geschafft, wieso sollte er es diesmal nicht wieder schaffen? Trotzdem bin ich besorgt.

Er schafft es heil zu meinem Fenster und klettert in mein Zimmer.

„Was ist?", fragt er mich verwundert.

„Ich würde mich sicherer fühlen, wenn du in Zukunft die Türe nimmst", sage ich immer noch mit Herz rasen. Er lacht.

„Ach", grinst er „ich hab schon Schlimmeres hinter mir. Zum Beispiel wie du mich erschreckt hast, als wir von Dach zu Dach gesprungen sind und ich fast abgerutscht wäre. Außerdem glaub ich, dass deine Eltern nicht sehr über Jungs Besuch um die Uhrzeit erfreuen wären", lacht er.

Vermutlich hat er Recht.

„Ach ja, das tut mir Leid! Ich wollte dich nicht erschrecken", entschuldige ich mich.

„Ist ja zum Glück nichts passiert", lacht Roman.

„Ich muss zugeben, dass sieht ziemlich cool aus, was ihr da macht."

„Findest du? Du müsstest mitmachen. Das fühlt sich noch viel cooler an", schwärmt er.

„Ich glaube nicht, dass ich das könnte", sage ich beschämt.

„Ach mit ein bisschen Training", sagt Roman und setzt sich auf mein Bett. Ich setze mich zu ihm.

„Ich glaube, dein Bruder wäre nicht so erfreut", sage ich. Roman rutscht etwas näher und legt einen Arm auf mich.

„Aber mich würde es freuen", sagt er und sieht mir tief in die Augen. Aus Scham blicke ich weg. Er nimmt mein Kinn in die Hand und dreht mein Gesicht wieder zu ihm und zwingt mich somit, ihn anzusehen. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin wie erstarrt in seinen blauen Augen.

Er lächelt mich an und kommt immer näher. Oh, oh. Ich schlucke noch einmal und halte die Luft an, als er seine Lippen auf meine legt. Als ich mich an dieses warme Gefühl, dass durch meinen Körper strömt gewöhnt habe, werde ich wieder locker und atme normal. Mein Herz rast tausend Mal schneller und mein ganzer Körper kribbelt.

Wir lösen uns langsam voneinander und ich presse beschämt meine Lippen aufeinander. Was war das denn? Und warum?

Roman lächelt mich an. „Ich muss jetzt wieder los, aber treffen wir uns morgen nach der Schule wieder?", fragt er mich. Ich nicke. Ich bin immer noch perplex von dem Kuss.

Roman geht zum Fenster.

„P-pass auf dich auf", stottere ich.

„Mach ich doch immer", zwinkert er mir zu und springt aus dem Fenster. Aus Sorge sehe ich nochmal nach, ob er gut gelandet ist, doch als ich beim Fenster ankomme, läuft er schon davon und die anderen Gestalten kommen von den verschiedensten Richtungen und laufen ihm hinter her. Haben die etwa auf ihn gewartet?

Ein Junge dreht sich noch einmal um und schenkt mir einen eiskalten Blick. Heiko. Ich schlucke. Meine Glücksgefühle, die ich gerade noch hatte, werden mit einem Schlag zerstört.

Was hat Heiko nur gegen mich?

You only live once (LochisFF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt