» Unbeschreiblich

394 27 0
                                    


  „Überraschung...", flüsterte Bill mir plötzlich von hinten in mein Ohr, während er den Knoten von dem Tuch um meine Augen an meinem Hinterkopf löste und das Tuch von meinen Augen nahm. Ich hatte die Augen die ganze Zeit geschlossen und öffnete sie wieder langsam. Ich blinzelte ein- zweimal und das, was sich vor mir erstreckte ließ mich die Hand vor meinen Mund schlagen.
„Mein Gott, Bill...", hauchte ich in die große Halle, in welcher meine Stimme wenige Sekunden später wieder zurück hallte. Vor uns stand ein kleiner aber feiner Tisch mit einer weißen Tischdecke, rechts und links am Ende jeweils ein Stuhl. In der Mitte befand sich ein großer Kerzenständer, in welchem vier rote Kerzen seinen Platz gefunden und die Aufgabe hatten, Licht zu geben; es war auch das einzige Licht in der ganzen Halle.
Auf dem Tisch vor den Stühlen standen Teller, welche noch mit einem Deckel verdeckt waren. Die weiße Tischdecke wurde hier und da von einem roten Rosenblatt geschmückt. Es war wunderschön.
„Es ist so schön, Bill...", hauchte ich noch einmal, meine Hände immer noch vor meinem Mund haltend, und drehte mich einmal um meine eigenen Achse, um mich in der gesamten Halle umsehen zu können. Am Ende der Halle befand sich eine große Bühne. Ich vermutete, dass sie hier für ihre Tour probten.
„Ich... ich weiß nicht, was... was ich sagen soll...", ich drehte mich zu ihm um, sah in sein lächelndes Gesicht und ging auf ihn zu.
„Danke, Bill.", hauchte ich noch, bevor ich ihm stürmisch in die Arme fiel und meine Arme in seinem Nacken verschränkte.
Wir standen einige Sekunden so da, hielten uns einfach nur im Arm und genossen die Stille. Ich genoss den Moment. Den Moment, in dem Bill mir etwas Gutes tat, eine Überraschung für mich bereit hatte und mir eine riesige Freude bereitete.
„Ich wollte dir was Gutes tun. Nach all dem Stress und nach der schweren Zeit hast du nichts Anderes verdient. Außerdem... ich wollte dir zeigen, wie... wie wichtig du mir geworden bist und... dass... dass es mich freut, dass du... du uns begleiten wirst...", hauchte er stotternd, als er mich ein wenig aus seinen Armen gehoben hatte und mich ansah.
„Du bist wunderbar, Bill. Ich bin dir so dankbar...", ich spürte, wie mir eine kleine salzige Träne die Wange hinunter lief.
„Nicht weinen...", lächelte Bill, strich mir die Träne weg und hauchte mir einen Kuss auf meine Stirn.
„Das waren Freudentränen...", flüsterte ich und grinste ihn leicht an.
„Damit kann ich leben.", kicherte er und drückte mich noch einmal kurz. „Ich hoffe, David hat mein selbst kreiertes Essen erst bevor wir gekommen sind auf die Teller getan, sonst haben wir jetzt kaltes Essen. Ach ja, und jetzt verstehst du wahrscheinlich, warum ich meinte, dass du dich warm anziehen sollst.", lächelnd ging er auf einen Stuhl zu, zog ihn zurück und deutete mit einer Geste, dass ich mich setzen sollte. Er hatte recht; es war recht kühl hier drinnen.
„Also hattest du Hilfe?", grinste ich und beobachtete ihn dabei, wie er den Deckel von meinem Teller hob.
„Nein, ich habe alleine gekocht; verzeih also, wenn es nichts geworden ist. Aber David war halt noch hier und konnte noch ein Auge auf das Essen werfen, solange es im Topf auf dem Herd stand. Hätte ich es gleich auf die Teller gepackt und hier hingestellt, wäre es ja jetzt schon nahezu eingefroren und wir könnten die Nudeln knabbern wie Karotten.", ich musste leicht kichern.
„Du hast recht. Aber es sieht gut aus.", ich betrachtete die Nudeln mit der Tomatensoße, welche sich vor mir auf dem Teller befanden und spürte, wie leer mein Magen eigentlich war.
„Ich hoffe, es sieht nicht nur gut aus, sondern schmeckt auch genau so.", grinste er. „Guten Appetit."
„Danke, dir auch.", Bill hielt mir sein Rotweinglas entgegen, welches er soeben gefüllt hatte, entgegen und prostete mir zu. „Prost.", lächelte ich noch und tat es ihm nach, nippte danach an dem süßen Rotwein.
Das Essen war ausgezeichnet gut, der Wein schmeckte ebenso süß und gut – und das musste schon was heißen; ich hasste Rotwein – und die wunderbare Stimmung, die in der Luft lag rundete das Ganze zum Perfekten ab.
Wir unterhielten uns über belanglose Dinge, die für andere womöglich uninteressant und langweilig erscheinen würden, doch mir machte es unglaublich viel Spaß über all das zu reden. Auch Bill hatte ununterbrochen ein breites Grinsen auf den Lippen, was ich nur zu sehr genoss, da ich das Gefühl hatte, einen Menschen mit meiner Nähe und Anwesenheit glücklich zu machen. Ich hatte das Gefühl in den letzten Jahren kaum gehabt und wenn, dann war es selbstverständlich, weil ich demjenigen etwas Gutes getan hatte und ihn somit automatisch glücklich machte.
Doch heute war es anders, es war umgekehrt, fast zumindest: Bill hatte mir etwas Gutes getan, wollte mir etwas Gutes tun, hatte sich für mich ins Zeug gelegt und ohne irgendetwas zu machen – ausgenommen die Arbeit, die die ganze Überraschung ihm bereite –, machte ich ihn trotzdem glücklich, sodass er dieses unbeschwerte Lächeln in seinem Gesicht hatte. Es war ein unglaublich schönes und befreiendes Gefühl; es war unbeschreiblich.  

Diagnose Blutkrebs - Dein letzter Wunsch veränderte mein LebenHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin