1. Fünf Jahre

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1. Fünf Jahre

Krankenhäuser.

Häuser für kranke Menschen.
Häuser in denen Niemand gerne ist.

Häuser die manche Leute nie wieder lebend verlassen werden.

Ein Haus in dem ich seit gestern festsitze, weil mir nach fünf langen, erlebnisreichen und hektischen Jahren alles zu viel geworden ist.

Fünf Jahre in denen ich so viel erlebt habe, wie ich es mir niemals hätte erträumen können.
Und fünf Jahre die aus mir Jemand Anderen gemacht haben. Die aus Jedem Jemand Anderen gemacht hätten.
Fünf Jahre die mich so stark verändert haben, dass meine Familie nicht mehr den Sohn und Bruder in mir sehen kann, den sie vor fünf Jahren zur Casting-Show begleitet haben.

Ich weiß nicht was sie in mir sehen wenn sie mich anschauen. Vielleicht sehen sie mich auch garnicht mehr.

Vielleicht sieht mich Niemand mehr.

Oder sie sehen mich so wie ich mich fühle.

Vielleicht können sie den ängstlichen und unsicheren Jungen in mir sehen, der nur vorgibt glücklich, extrovertiert, erfolgreich und humorvoll zusein.
Genau so fühle ich mich nämlich.

Wie ein kleiner Junge von vielleicht zehn Jahren, der ein schlimmes Erlebnis hinter sich hat und nur noch in die schützenden Arme und die Geborgenheit seiner Mutter fliehen will.

Es ist seltsam sich mit 21 Jahren so zu fühlen, oder seine Mutter zu vermissen.
Wobei das ja eigentlich gar nichts Schlimmes ist.

Aber in den fünf Jahren ist so viel passiert, dass alles hat mich verändert. Das zumindest, sagen meine Familie und Freunde. Menschen die mir nahe stehen und mich kennen oder besser gesagt kannten.

Mir selbst ist das bis vor kurzem nie richtig aufgefallen.

Ich habe mich von Anfang so verstellt, weil uns gesagt wurde, dass wir so am Besten berühmt und erfolgreich würden.
Natürlich haben wir fast alles gemacht was sie uns gesagt haben. Sie waren die Profis und wir die Neulinge.
Wir hatten alle den gleichen Traum, der nun zum Greifen nah war.

Und es hat so wirklich funktioniert.
Wir konnten noch wir selbst sein, aber wir hatten Richtlinien und Regeln an die wir uns zu halten hatten.
Wenn Niall, Louis, Liam, Zayn und ich alleine waren, dann konnten wir so sein wie wir waren.
Aber je älter wir würden, desto schärfer wurden diese Regeln, desto mehr standen wir im Rampenlicht, desto mehr mussten wir gefallen und desto weniger waren wir alleine.

Also mussten wir fast immer unsere antrainierte Maske aufsetzen und unsere Rollen spielen.
Wir konnten nicht mehr wir sein und jeder hatte seine Geheimnisse. Jeder wurde zu einem Mysterium das keiner mehr verstand, wir selbst mit inbegriffen. Wir lebten uns mit der Zeit auseinander weil wir uns einander nicht mehr alles anvertrauten. Wir konnten nicht einmal uns selbst vertrauen, ich zumindest.

Wir lebten unseren Traum, den Traum den viele haben, aber nicht leben können. Wir wären Idioten gewesen das Alles aufzugeben.

Und wenn man einmal seinen Kindheitstraum verwirklicht und einen Fuß in diese Welt gesetzt hat, dann gewöhnt man sich an den Luxus, die Aufmerksamkeit, die Vorzüge, wie die Nachteile und an seine Rolle.
Es ist wie ein Kreislauf aus dem man kaum ausbrechen kann. Und ich habe es nicht geschafft. Ich habe meinen Absprung aus dem Zug vor langer Zeit verpasst und meine vielleicht einzige Möglichkeit an mir vorbei ziehen lassen.

Ich bin zum Meister meiner Rolle geworden und habe sie perfekt gespielt.

Irgendwann, wenn man seine Rolle lange genug und überzeugend gespielt hat, dann kommt der Punkt an dem man seine Rolle nicht mehr nur länger spielt.
Es kommt der Punkt, an dem man anfängt seine Rolle zu leben.
Man nimmt die Rolle an und lässt sein Ich, hinter sich.

Genau so war es bei mir.

Der Aufreißer-Harry und der Harry mit den Schlagzeilen, wurde meine Rolle.

Wenn das Management meinte es wäre Zeit wieder ein paar Schlagzeilen für One Direction zu machen, damit wir wieder mehr in den Fokus der Gesellschaft und der Medien gerückt werden, dann gab es diese schon wenige Tage später.
Manche waren harmlos und weniger spektakulär.

Und manchmal wurde von uns verlangt eine Fake-Beziehung zu beenden oder eine neue mit einem anderen Star anzufangen. Mit Jemandem auf unserem „Niveau", wie sie es so schön sagten. Mit Jemandem der One Direction pusht und für gute oder überhaupt für Schlagzeilen sorgt.

Als gäbe es diese nicht auch ohne solche Aktionen.

Aber wenn du deine Rolle lebst, dann tust du das einfach. Du setzt dein bestes, verliebtes und charmantestes Lächeln auf, triffst dich mit der Person, die das Management raus gesucht hat und sorgst dafür, dass Bilder„vom angeblichen Pärchen der Woche, des Jahres oder was auch immer" entstehen und ins Internet und alle anderen Plattformen gelangen.

Auf sowas stürzen sich alle wie Aasgeier und dir selbst wird das mit der Zeit irgendwann egal.

Mit den Jahren wird alles zur Routine, die Gefühle werden ausgeschaltet oder verdrängt(nicht, dass das gesund wäre. Achtung!!Ironie) und dein Traum und der Anfang dieses wundervollen Traumes verblassen und verschwinden.

Man spielt seine Rolle so lange und so gut, bis man sie selbst glaubt und sich selbst belügt.

Man ist nicht nur Schauspieler für alle Anderen, sondern gleich auch noch für sich selbst.
Nur einige Wenige, die, die dich schon dein ganzes Leben lang kennen, bemerken deine Veränderung, die du selbst aber nicht wahrnimmst oder wahrhaben willst.

Aber sie können nichts dagegen machen.

Und alle Anderen interessiert es einfach nicht.

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Ps: Nehmt das, was in diesem Kapitel steht oder was noch kommen wird, bitte ernst. Es ist nicht unmöglich das sowas passiert und wir können unseren Beitrag dazu leisten ob es passiert oder nicht. Die Jungs sind zwar alle erwachsen, aber wir müssen trotzdem alle eine bisschen aufeinander aufpassen, auch wenn sie uns nicht kennen und wir sie vermutlich nie wirklich kennenlernen werden. Es passiert so viel Schlimmes heutzutage und da kann Jeder mitwirken, egal wie viel oder wenig er macht. Manchmal ist es nur deine Meinung und Einstellung, die etwas bei dir und Anderen bewirken kann.

Harry Styles - Change my lifeWhere stories live. Discover now