1. Aller Anfang ist schwer

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1. Aller Anfang ist schwer

Noch war Nuvay ahnungslos, wie sehr eine Person das Leben einer anderen verändern konnte, als sie sich begierig weiter vorbeugte, um eine bessere Sicht auf das Spektakel zu erhaschen, dass sich vor ihr in schwindelerregender Höhe abspielte. Es war Nacht und sie saß hoch auf dem Gipfel ihres Berges. Die Sterne funkelten weit über ihr mit dem bunten Treiben der Wesen vor ihr um die Wette. Das bunte Glitzern der Schuppen im Mondlicht gewann, denn Nuvays gespannter Blick war auf sie gerichtet. In den kühlen Nachtwind mischte sich ein leichter Geruch von Schwefel und Rauch hinein, der Nuvay sanft durch die Haare strich. Ebenso sanft hielten sich diese mächtigen Wesen mit ihren riesigen Flügeln in der Luft und schmiegten sich dabei elegant aneinander, mal stärker und mal schwächer, suchend nach dem richtigen Partner. Lautes Grunzen und Raunen übertönte jedes normale nächtliche Geräusch. Den Ton gaben eindeutig diese edlen Wesen an. Die sonst so eintönigen und ereignislosen Nächte waren seit einiger Zeit angefüllt mit dem Treiben der Drachen. Es war Brunft. Alljährlich versammelten sie sich in der Nähe des Gebirges, um einen passenden Partner zu finden. Sie schwangen sich in die Lüfte und tanzten im Mondschein, um sich die Gunst der Weibchen zu sichern. Die Aufmerksamkeit der Drachen galt jetzt allein ihresgleichen. Das hatte Nuvay in all den Jahren feststellen können, da sie das Geschehen beobachtete, und so stand sie ohne die geringste Sorge, angegriffen werden zu können, auf dem Gipfel des Berges und befand sich fast schon unter ihnen. Wie hypnotisiert beobachtete sie seit Beginn der Nacht die Drachen und hatte, überwältigt von der Schönheit des Schauspiels, wieder einmal die Zeit vergessen. Sie würde sicherlich bald vermisst werden. Wie konnte sie aber an so etwas Belangloses denken, wenn ihr Herz mit jedem Flügelschlag der Drachen vor ihr freudig aufhüpfte? Wenn sie entzückt auflachte, sobald einer der Drachen wieder ein besonders schwieriges Kunststück in der Luft vollbracht hatte? Wenn sie von der strahlenden Farbenpracht, die sich ihr darbot, gebannt war und eine tiefe Leidenschaft für die Wesen vor und über ihr verspürte? Manchmal stellte sie sich vor, dass sie eine von ihnen wäre und sich eines dieser starken und mächtigen Männchen nur für sie in die Lüfte schwingen und die ganze Nacht lang nur für sie fliegen würde.

Nuvay lehnte sich lächelnd an einen Felsen und seufzte zufrieden. Sie war einfach glücklich in diesem Moment und das genoss sie. In solchen Nächten vergaß sie alle Sorgen und Pflichten. Sie war nicht allzu weit gelaufen, ihr Dorf lag nur einige hundert Meter unter ihr. Es befand sich in einem Berg oder genauer unter einem Berg. Man lebte nicht wirklich in diesem Dorf, es war eher ein Sichverstecken. Denn auf der Erdoberfläche durfte man sich nicht lange aufhalten, weil es Drachenterritorium war. In ihrer Welt gehörten Menschen unter die Erde. Die Drachen mochten es nicht besonders, wenn sich Menschen in ihrem Revier herumtrieben, was Nuvay allerdings nicht davon abhielt, ihre Welt zu erkunden. Nuvay wusste nicht, wie es in anderen Ländern auf ihrer Welt war, doch hier herrschte dieses Gesetz. Es gab bloß einen Ort, an dem die Drachen die Menschen auf der Erdoberfläche duldeten. Es war die Hauptstadt des Landes. Alle anderen Dörfer und Städte waren unter der Erde, genauso wie Nuvays Dorf, das ziemlich klein war und auch ziemlich abseits der anderen Städte lag. Es war ein richtiges Kaff, abgetrennt vom Leben der übrigen Unterstädte. Die Dorfältesten hatten Nuvay einmal erzählt, dass ihre Siedlung einst eine kleine Zwergenstadt gewesen war. Die Zwerge waren aber auf ihrer Suche nach Bodenschätzen erfolglos geblieben und hatten die Gegend verlassen. Schon längst waren die Zwerge ausgestorben, und es blieben bloß noch einige Erinnerungen an sie. In dem Dorf hatten sich dann in den letzten Jahrhunderten Menschen angesiedelt. Zurzeit lebten aber nicht mehr als hundert dort. Nuvay mochte es nicht immer, hier zu leben. Man konnte fast nichts verheimlichen. Denn was immer man tat, irgendwer bekam es mit und dann sprach es sich schnell herum.

Nuvayla - Dorf im Land der Drachen [Leseprobe]Where stories live. Discover now