» Fremd

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  Aufgrund von Davids Anweisungen saß ich nun mit Pat – dem zweiten Manager der Band – in einem Café in dem großen Flughafen Tokios. Ich hatte nicht viel von dem Grund mitbekommen, weswegen wir erst eine geschlagene Stunde später am Flughafen abgeholt werden sollten, jedoch konnte ich einzelne Bruchteile eines Gespräches zwischen David und Pat auffangen, wo es darum ging, dass einige Fans vor dem Flughafen standen und auf die Jungs warteten.
„Wieso müssen wir eigentlich noch warten?", murmelte ich in die Richtung des Mannes mir gegenüber und zog meinen Blick somit von den großen Menschenmassen, die ununterbrochen vor dem Café ihre Wege gingen. Ich fand es interessant all die verschiedenen Nationen zu beobachten, wie sie hektisch durch die große Halle liefen und zu ihrem Gate hetzten. Die meisten davon waren Geschäftsleute; ihr Anzug und die dazugehörige Aktentasche reichten aus, um dies zu erkennen.
„Vor dem Eingang war wohl die Hölle los. Wir hätten unmöglich mit dir da durchgehen können. Erstens wegen deiner Sicherheit und zweitens würde sonst morgen in jeder Zeitschrift in ganz Tokio spekuliert werden, wer du wohl bist. Die Jungs müssen erst bei einem Interview erwähnen, dass du Natalie unter die Arme greifst.", erklärte Pat mir mit einem Lächeln auf den Lippen. Ich nickte nur.
„Aber wir können uns so langsam auf den Weg machen, dann können wir noch eine rauchen.", kichernd zwinkerte der Manager mir zu, woraufhin er aufstand und den Wagen mit dem Gepäck ein wenig zur Seite schob, um sich seine Jacke in Ruhe überzuwerfen.

„Willst du?", Pat hielt mir eine geöffnete rote Schachtel Pall Mall unter die Nase.
„Gern, danke.", vorsichtig zog ich mir eine heraus, steckte sie zwischen meine Lippen und zündete sie mit dem Feuerzeug, welches mir entgegen gestreckt wurde, an.
Die Fans waren zum Großteil alle weg. Zumindest war der Platz vor dem Eingang des Flughafens wieder frei und man konnte sich ungestört unterhalten.
„Wie geht's dir eigentlich so in letzter Zeit?", ich sah mich gerade auf dem großen Platz, welcher sich vor mir erstreckte um, als der Manager wieder einmal die Stille durchbrach. Kräftig zog ich an dem glühenden Glimmstängel, inhalierte den Rauch und pustete ihn wenige Sekunden später wieder aus.
„Wieder viel besser.", lächelte ich. Ich gab mir die größte Mühe, mein Lächeln so überzeugend wie möglich rüber zubringen, da ich mich in dieser Situation alles andere als wohl fühlte. Pat war mir noch so fremd, ich kannte ihn schließlich kaum, und doch sprach er mich drauf an, wie es mir ging. Klar, es war eine ganz normale Frage, doch ich wusste ganz genau, dass er den Tod meiner Schwester in seinem Hinterkopf hatte.
„Es freut mich, dass du uns begleiten wirst. Ich denke, das wird nicht nur dir, sondern auch den Jungs ziemlich gut tun.", ich war es gar nicht gewohnt, so herzlich aufgenommen und angelächelt zu werden, was mir noch mehr die Schamröte ins Gesicht steigen ließ. Doch genau diese Aussage untermauerte meine vorherige Vermutung.
„Danke.", ich zog meine Mundwinkel nach oben und kratzte mich verlegen am Hinterkopf.
Bevor Pat und ich noch irgendein Gespräch anfangen konnten – wobei wohl eher Pat das erste Wort ergriffen hätte, als ich -, fuhr auch schon ein schwarzer Mercedes vor. Aus der Fahrerseite stieg ein breiter und großer Mann in einem schwarzen Anzug aus und kam auf uns zu.
„Welcome.", grüßte er uns und schüttelte kurz unsere Hände, bevor er sich an unser Gepäck machte. Auch Pat begrüßte ihn mit einem freundlichen 'Hello, thanks' und einem Handschlag, bevor er mir mit einer Geste klar machte, dass ich ins Auto steigen konnte.
Kaum hatte ich die Tür geöffnet, mich rein gesetzt, angeschnallt und meine Umhängetasche auf meinem Schoß verstaut, stieg auch Pat ein. Er ließ sich neben mir auf der Rückbank nieder.
„Ist ein Chauffeur von den Universal-Studios hier in Japan.", informierte mich Pat – dieses Mal meiner Meinung nach viel zu sachlich – über den Fahrer, welcher wieder hinter dem Steuer Platz genommen hatte und das Auto in Bewegung setzte.
„Die Fahrt dauert jetzt noch ungefähr eine halbe Stunde, bis wir an dem Hotel ankommen werden.", wieder nickte ich nur; viel zu kaputt war ich, um irgendetwas zu antworten.
Um mir meine Zeit zu vertreiben kramte ich Toms iPhone, welches er mir gütigerweise überlassen hatte, da mein Akku von meinem iPod den Geist aufgegeben hatte, aus meiner Tasche.
„Ähm, Pat? Macht's dir was aus, wenn ich so ein paar Videos auf dem iPhone gucke? Ich finde meine Kopfhörer nicht.", fragte ich den Manager, während ich immer noch in meiner Tasche herum wühlte. Ich musste sie wohl irgendwo anders hin gesteckt haben.
„Nee, ist kein Problem. Dann habe ich wenigstens auch ein bisschen Unterhaltung.", grinste er mich zwinkernd an. Ich bedankte mich mit einem einfachen Lächeln und klickte mich durch Toms iPhone zu der Rubrik Videos. Sofort klickte ich das Erste an, welches ein Livekonzert von Samy Deluxe war. Ich klickte ein-zwei weiter und sah immer wieder nebenbei aus dem Fenster, da das Video erst laden musste...  

Diagnose: Liebe - Mein erster Wunsch, der in Erfüllung gehtWhere stories live. Discover now