» Überflüssig

288 18 0
                                    

  „Fertig, wir können los.", meine Augen hatte ich noch ein wenig mit Wimperntusche bereichert, meine blasse Haut im Gesicht mit ein wenig Rouge auf den Wangen bedeckt und meine Haare fielen mir leicht wellig über meine Schultern.
„Wow, klasse.", grinste Tom. „Wenn man da mal nicht ja sagen muss, wenn du es drauf anlegst."
„Vergiss es, ich lege es nämlich nicht drauf an, mein Kleiner.", kurz wuschelte ich über seine Cornrows und griff in meine Umhängetasche, um mein Portmonee herauszufischen.
„Lass uns gehen.", ein wenig verdutzt sah Tom mich an. „Nun komm schon."
Ich ließ es mir nicht nehmen und ging vor zur Tür. Als ich auf den Hotelflur trat, stand Tom doch ungeheuer nah hinter mir, was mich kurz erschrecken ließ.
Schweigend gingen wir den Flur entlang zu den Fahrstühlen, wo wir in einen von den beiden einstiegen und ins Erdgeschoss fuhren.
„Sag mal, wo ist eigentlich Bill? Weißt du das?", fragte ich Tom, bevor sich die Türen des Fahrstuhls öffneten.
„Der wollte auch in die Hotelbar. Hat eine Verabredung.", kurz runzelte ich meine Nase und legte meine Stirn in Falten, als wir auch schon in der Bar ankamen und ich freien Blick auf Bill hatte. Er saß mit dem Rücken zu mir, neben ihm auf dem Sofa eine blonde Frau. Wahrscheinlich war es Natalie. Die beiden lachten, während Bill einen Arm um Natalie legte und an seinem Cocktail schlürfte.
Meine Laune stieg seltsamerweise sofort auf den Nullpunkt, weswegen sich mein Gesichtsausdruck auch perplex veränderte.
„Komm, lass uns hier hinsetzen. Was möchtest du trinken?", Tom deutete auf eine Sitzecke, wo ich mich sofort drauf fallen ließ. Natürlich mit dem Blick zu Bill und der blonden Frau gerichtet.
„Einen Sex on the beach.", nuschelte ich nur und sah mit einem gefährlichen Blick zu Bill hinüber, während Tom zur Bar ging und unsere Getränke bestellte. Es war ein fremdes und seltsames Gefühl, Bill dort so sitzen zu sehen. Zu wissen, dass er so viel Spaß haben konnte, obwohl ich nicht dabei war. Zu wissen, dass die Verabredung schon längst im Flugzeug abgemacht wurde und er mir vorhin, bevor ich schlafen gegangen war, nicht die Wahrheit gesagt hatte. Wieso tat er das?
„Hier, Lynn.", vernahm ich Toms Stimme. Sofort riss ich meinen Blick von Natalie und Bill und sah lächelnd auf mein Cocktailglas.
„Dankeschön.", dankend sah ich den älteren Zwilling neben mir an. „Was hast du denn da?"
„Ein Hefeweizen. Cocktails sind nicht ganz mein Ding.", grinste er. „Ah, sieh mal, da sind Bill und Natalie."
Sofort bestätigte sich meine Vermutung: Es war Natalie da neben Bill.
„Ja, schon gesehen.", murmelte ich und sog an meinem Strohhalm, um einen kräftigen Schluck aus dem Glas zu bekommen. Langsam schluckte ich das süße Getränk herunter. Es tat gut; es war erfrischend und einfach köstlich.
„Wollen wir vielleicht rüber gehen?", erwartungsvoll sah Tom mich an.
Kurz zuckte ich mit meinen Schultern. „Kein Plan, wenn du willst, können wir.", meine Stimme war nicht mehr als ein Brummen. Natürlich war ich damit alles andere als einverstanden. Ich hätte alles lieber gemacht, als mich zu den beiden zu setzen, aber auf der anderen Seite wollte ich nicht die dumme, spießige und schlecht gelaunte Begleitung heraus hängen lassen.
„Bill würde sich sicher auch freuen, wenn wir den Start des neuen Lebens zusammen betrinken würden.", lächelte Tom und stand mit dem Glas in seiner Hand auf.
„Das glaube ich wohl weniger.", nuschelte ich noch, jedoch war Tom schon fast über alle Berge und stand neben dem Tisch von Natalie und Bill, wo er auch schon Bills Begleitung begrüßte. Seufzend stand ich mit meinem Glas in meiner Hand auf und ging ihm nach.
„Hey.", ich zwang mir ein Lächeln auf die Lippen und stellte mich wie hingestellt und nicht abgeholt neben den Tisch. Bill machte keine Anstalten irgendetwas zu sagen, geschweige denn mich seiner Make-up Artistin vorzustellen. Gott sei Dank gab es Tom.
„Das ist Lynn. Du hast sicher schon einiges von Bill über sie gehört.", leicht legte Tom eine Hand auf meinen Rücken und schob mich sanft aber bestimmend ein wenig nach vorne, sodass ich Natalie die Hand geben konnte.
„Freut mich, ich bin Natalie.", sprach sie mit einem Akzent, den ich auf der Stelle nicht zuordnen konnte. Freundlich lächelte ich und setzte mich neben Bill, woraufhin Natalie zu Tom auf die andere Seite des Tisches ging und mir somit gegenüber saß.
„Hey.", flüsterte ich, als Tom und Natalie in ein Gespräch vertieft waren und Bill nur schweigend da saß. Es war seltsam, ziemlich erdrückend und beklemmend. Sonst kannte ich von Bill, dass er mir einen Kuss auf die Wange gab, mir kurz über meinen Arm oder Rücken streichelte, oder mich sofort mit einem strahlenden Lächeln ansah. Jetzt wurde er nach einem kurz 'Na' in meine Richtung sofort wieder von Natalie in ihre Aufmerksamkeit gezogen und ich saß neben dran.  

Diagnose: Liebe - Mein erster Wunsch, der in Erfüllung gehtМесто, где живут истории. Откройте их для себя