~Zu schnell vorbei~

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Das Konzert begann ein bisschen zu spät, aber es war echt cool. Irgendwann sah ich dann mal genauer zu diesem Clueso –von hier hinten konnte man nicht so viel sehen- und dann fielen mir die Schuppen von den Augen: Der Mann von vorhin sah genauso aus wie Clueso.

Bildete ich mir das ein? Hatte ich das geträumt? Ich hatte doch nicht etwa mit einem Promi gesprochen ohne den Hauch einer Ahnung zu haben? Doch das Aussehen von Clueso hatte ich nie gegoogelt. Wie hätte ich dann erkennen sollen, dass Thomas, also Clueso, genauso aussah? Obwohl das Gesicht auf der Eintrittskarte zu sehen war. Das war aber anscheinend zu kompliziert für mich gewesen.

Ab diesem Zeitpunkt verging alles wie im Fluge. Und viel zu schnell war es vorbei. Es hatte wirklich Spaß gemacht, aber ich war neben der Spur gewesen und das nicht wegen des bisschen Alkohols. Oh Mann. Oh Mannomann. Ich war wirklich aufgeregt. Wieso wollte sich Clueso nochmal mit mir treffen?

Ich beeilte mich wirklich, aus dem Gebäude rauszukommen. Alle anderen ließen sich alle Zeit der Welt und waren gut gelaunt. Auf mich traf letzteres auch zu. Ich wollte unbedingt mit Clueso reden. Mehr über ihn erfahren. Aber dann würde er bestimmt denken, dass ich ihn ausnutzte.

Ich wartete gefühlt ewig auf ihn. Aber es war tatsächlich ewig. Vermutlich hatte er noch Autogramme verteilt oder sich frisch gemacht oder was auch immer. Stundenlang auf der Bühne zu stehen war immerhin auch anstrengend.

Irgendwann kam er. Er sah fertig, aber auch glücklich aus. Seine Augen leuchteten dabei so. Er war wirklich attraktiv, wenn man darüber nachdachte.

,,Das mit dem Thomas hätte mir auffallen sollen", begann ich. Er setzte sich neben mich –auf die niedere Mauer, auf der ich davor schon gesessen war- und antwortete: ,,Ist es ja auch."

,,Dieser Spruch vorher von wegen den Kopf hoch halten oder so, der war aus dem Lied." Das war eine Feststellung, und ich war wirklich stolz auf mich, dass es mir aufgefallen war.

Thomas lächelte. Ich beschloss, ihn bei seinem Namen zu nennen. Der rosarote-Panter-Name war zwar auch schön, aber seine Eltern hatten ihn ja nicht just for fun so genannt. ,,Also, Thomas, wieso sind Sie vorher hier raus gekommen?"

Wenn er mich durchlöchern durfte, konnte ich das auch. ,,Wollen wir uns nicht duzen?", fragte er. ,,Immerhin ist das hier ja kein formelles Gespräch."

,,Sehr gerne, aber du weichst jetzt nicht meiner Frage aus." Ich hoffte, dass er durch mein neues Ich nicht zu sehr verunsichert wurde und es bereute, sich mit mir getroffen zu haben. ,,Ich wollte einfach tief durchatmen, bevor es losgeht."

Das war plausibel, aber ich hatte noch viele Fragen, die ich gerne stellen würde, die wichtigste zuerst: ,,Wieso wolltest du dich nochmal mit mir treffen?

Er sah mir lange in die Augen. ,,Ich finde, du bist ein sehr außergewöhnlicher Mensch. Außerdem ist es interessant, wenn mich jemand, der ungefähr in meinem Alter ist, nicht kennt." Das konnte ich mir vorstellen. Wenn jeder mich kennen würde und die ganze Zeit Leute zu mir laufen würden, um irgendein Selfie zu machen oder ein Autogramm zu bekommen...

Ich war froh, dass ich nicht berühmt war. Ich war ein Durchschnittsmensch und endlich einmal zufrieden. Obwohl es immer etwas gab, über das man sich beschweren konnte. Und bestimmt gewöhnte man sich daran, dass viele einen kannten. Aber dennoch war ich froh.

,,Also bin ich interessant?" Ich sah ihn mit diesem Flirt-Wimpernschlag an, den Frauen in Filmen immer draufhatten. Oder ich versuchte es. Offenbar musste sich Thomas nämlich ein Grinsen verkneifen.

,,Finde ich schon. Du machst dir meines Eindrucks nach nämlich keine Umstände, vor Fremden gut dazustehen. Und der Alkohol hat das auch nicht gefördert." Jetzt musste ich grinsen. ,,Das war nicht viel. Und ich betrinke mich nie, außer wenn ich wirklich einen Grund habe." Das stimmte. Das letzte Mal war direkt nach der Trennung von meinem Freund gewesen.

Thomas setzte einen ungläubigen Blick auf, lächelte aber darunter.

,,Wie ist es eigentlich so berühmt zu sein? Machst du viele Reisen?"

,,Nun ja", begann er, ,,ich gebe halt Konzerte und reise zu den Orten, an denen die sind." Schwammiger ging es ja wohl nicht mehr, aber wenn er nicht darüber reden wollte, musste ich das akzeptieren. Also wechselte ich erneut das Thema.

,,Was hältst du von Käse?", fragte ich. Ich meinte das durchaus ernst. Doch er begann zu lachen. Obwohl ich beleidigt war, konnte ich mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Doch ich fügte hinzu: ,,Die Frage meine ich ernst."

Er sah mich an. ,,Also du bist Single?"

Überrascht nickte ich. ,,Wieso?"

,,Nun ja, falls du Lust hast, können wir uns ja nochmal sehen." Er hatte mich wirklich überrannt. ,,Du meinst...?"

,,Ich bin auch Single. Und du bist mir irgendwie sympathisch."

Wow. Das war schnell gegangen.

Weil ich noch immer nicht geantwortet hatte, sagte er: ,,Also das ist noch keine Frage, ob wir zusammen sein wollen, aber ich würde dich wirklich gerne wiedersehen. Vielleicht auch nur als Freunde."

Das kleine 'noch' im ersten Satz ließ mein Herz ein bisschen schneller schlagen. Wieso sollte ich es eigentlich nicht wagen? Thomas war vielleicht fünf Jahre älter als ich. Da konnte ich mich doch wohl ein paar Mal mit ihm treffen.

Deshalb antwortete ich: ,,Okay."

Wir wussten beide, dass das nicht ein absolutes ja war, aber uns war ebenfalls klar, dass wir beide nicht die Liebe auf den ersten Blick gespürt hatten und uns ja ruhig treffen konnten. Wie er gesagt hatte: 'Vielleicht auch nur als Freunde.'

Und so haben wir uns kennengelernt. Falls jemand in ein paar Wochen oder Monaten in einer Zeitung, einem Klatschblatt oder sonst wo von einer unbekannten Frau hört, die inzwischen mit Clueso zusammen ist, dann wisst ihr, wie es dazu gekommen ist.

Concert of my lifeWhere stories live. Discover now