Kapitel 43

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Wenn ich heute an den Tag vor genau einem Jahr zurück denke, muss ich schmunzeln und bin gleichzeitig überglücklich.
Damals wusste ich überhaupt nicht, wie mir geschah und ich habe eine Weile gebraucht bis ich verstanden habe, dass Julien nicht mit Luke und Resa zurückfliegen wird.
Nein, er ist bei mir geblieben, hat sein altes Leben und seinen Job hinter sich gelassen nur, um in meiner Nähe zu sein.
Ich bin ihm an dem Tag schluchzend, lachend und gleichzeitig weinend um den Hals gefallen und konnte mein Glück kaum glauben.
Julien hat alles aufgegeben, damit wir nicht auf Dauer hunderte von Kilometern voneinander entfernt sind!

Und heute, ein Jahr später, halte ich stolz und glücklich meinen Schulabschluss in meinen Händen.
Zwar durch den Umzug leicht verspätet, aber was soll's.
Zusammen mit Mia und meiner restlichen Klasse stehen wir auf der Bühne, die in der Turnhalle aufgebaut wurde und lassen uns feiern.
Ich bin stolz darauf, dass ich alles trotz allem gemeistert habe und jetzt an einem Punkt in meinem Leben angekommen bin, wo es nicht besser laufen könnte.
In drei Wochen beginnt mein erstes Semester an der Universität hier in Vancouver.
Nach langem hin und her habe ich mich dafür entschieden, Medizin zu studieren.

In der dritten Reihe steht Julien mit Mom und Dad zwischen alle den anderen Eltern und Freunden und applaudiert mir mit einem fetten Grinsen im Gesicht zu.

Nach der kleinen Feier, die die Schule für uns organisiert hat, ziehen Julien und ich uns in seine Wohnung zurück.
Offiziell wohne ich zwar noch bei meinen Eltern, aber die meiste Zeit verbringen wir bei ihm und der größte Teil meiner Sachen ist auch schon dort.
Am Tag vor seiner Nicht-Abreise hatte er die letzten Vorbereitungen in der neuen Wohnung getroffen, die er schon angemietet hatte, bevor er zu mir kam.
Es ist eine Art Loft in einem umgebauten Lagerhaus und dementsprechend groß ist die Wohnung auch.
Sie streckt sich über die komplette obere Etage und ist wunderschön und hell. Ich habe mich sofort in sie verliebt.

Dort angekommen, werde ich immer nervöser.
Obwohl heute ein so toller Tag ist, bin ich unglaublich aufgeregt.
Heute morgen habe ich, bevor wir zur Schule aufgebrochen sind, still und heimlich einen Schwangerschaftstest gemacht und der war positiv.
Ich habe damit zwar schon gerechnet, weil meine Periode schon zum zweiten Mal ausgeblieben ist, aber den eindeutigen Beweis schwarz auf weiss in den Händen zu halten, war schon ein ziemlicher Schock.
Ich bin noch so jung, habe gerade erst die Schule beendet und will studieren.
Wie soll das mit einem Kind nur funktionieren?
Und so lange sind Julien und ich nun auch noch nicht zusammen!
Wir haben zwar schon darüber gesprochen, irgendwann eine Familie zu gründen, aber wir waren uns einig, dass das erst in ein paar Jahren so weit sein wird. Nicht jetzt!

Im Wohnzimmer mache ich es mir auf dem Sofa bequem, weil ich etwas erschöpft bin.
Julien verschwindet kurz ins Schlafzimmer und kommt danach grinsend auf mich zu.
Er setzt sich neben mich und grinst mich weiterhin an.
Auf meinen Fragenden Blick hin, greift er in seiner Hosentasche und holt ein kleines Kästchen hervor.
"Kannst du dich noch an diese eine Party erinnern, kurz nachdem wir uns kennengelernt haben?"
Im ersten Moment weiß ich nicht, was er genau meint, aber dann fällt mir wieder diese Art Maskenball ein, zu dem Resa uns Karten besorgt hatte. Dort hatte ich damals mit einem wildfremden Kerl zuerst getanzt und dann geknutscht, bevor er einfach verschwand.
Das hatte ich völlig vergessen!
"Ja, klar. Moment mal, woher weißt du davon?!" frage ich Julien, der weiterhin vor sich hin grinst.
Und dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen!
Wie konnte ich das nicht bemerken?
"Obwohl ich leider keine Gedanken lesen kann weiß ich trotzdem, dass dir gerade ein Licht aufgegangen ist.
Ich hatte damals mitbekommen, wie ihr euch darüber unterhalten habt und habe mir kurzerhand ebenfalls eine Eintrittskarte besorgt." schmunzelt er und wartet gespannt auf eine Reaktion von mir.
"Dann warst du der Fremde, der mich einfach so geküsst hat?!"
Julien nickt.
"Damals hätte ich niemals gedacht, dass wir einen Weg finden um zusammen sein zu können und da dachte ich mir, dass ich wenigstens diese kurze Zeit auf der Party sinnvoll nutzen möchte, um dem Mädchen näher zu kommen, in das ich schon damals unbewusst verliebt war."
Unfähig etwas zu sagen, schließe ich ihn in meine Arme und küsse ihn innig.
Leider löst Julien sich aber viel zu schnell wieder von mir und bringt etwas Abstand zwischen uns.
"Jetzt lass mich endlich das sagen, was ich schon die ganze Zeit vorhabe und mir extra zurecht gelegt habe."
Wir müssen beide kurz Lachen und nachdem wir uns wieder beruhigt haben, legt er mit ernster Miene los.
"Zu allererst sollst du wissen, dass ich unglaublich stolz auf dich bin, weil du das Alles so gut gemeistert hast. Du hast einen guten Abschluss gemacht und wirst in wenigen Wochen mit dem Studium beginnen."
Er hält kurz inne und beäugt mich aufmerksam.
Dann wandert sein Blick zu dem kleinen Kästchen in seinen Händen, das er nun ganz langsam öffnet.
Zum Vorschein kommt ein atemberaubend schöner, silberner Ring, der mit drei kleinen Steinchen besetzt ist.
Sofort schießen mir die Tränen in die Augen und ich lege eine Hand an meinen Mund, unfähig etwas zu sagen.
"Julien ..."
Bevor ich weiter reden kann, stoppt er mich.
"Nein, warte. Ich bin noch nicht fertig. Dieser Ring ist ein Geschenk zu deinem Abschluss, kein Heiratsantrag. Ich möchte, dass du immer etwas bei dir trägst, das dir zeigt wie sehr ich dich liebe und gleichzeitig ein Versprechen dafür ist, dass der Heiratsantrag noch folgen wird. Wenn es nach mir geht, werden wir ein Leben lang zusammen sein und ich werde dich immer auf Händen tragen, egal wie schwer die Zeit auch sein sollte. Du bist die Frau, mit der ich Alt werden möchte. Keine andere Frau könnte mich jemals so glücklich machen, wie du.
Ich liebe dich."
Während seiner Rede habe ich bitterlich zu weinen angefangen.
Vor Freude, aber auch weil ich nicht weiß, wie er auf meine Schwangerschaft reagieren wird.
Julien nimmt den Ring aus der Schatulle, aber als er nach meiner Hand greift, halte ich ihn zurück.
"Julien, warte. Ich muss dir ebenfalls etwas sagen und ich bin mir nicht sicher, ob du danach noch genauso denken wirst, wie du es jetzt tust."
Julien sieht mich angespannt an. Ich kann sehen, dass er sich absolut nicht vorstellen kann, was jetzt auf ihn zukommt.
"Bevor ich diesen Ring annehmen kann, muss ich dir etwas sagen und vielleicht, ich hoffe es zwar nicht, änderst du dann deine Meinung wieder."
Ich atme einmal tief durch und rede dann weiter. Besser gesagt, ich flüstere. Mein Herz rast und ich weiß absolut B, wie er darauf reagieren wird.
"Julien, ich habe heute morgen einen Schwangerschaftstest gemacht. Er war positiv."
Jetzt ist es raus und mit ganz viel Pech bricht in den nächsten Minuten meine ganze Welt zusammen.
Julien sieht mich völlig schockiert und überrumpelt an und sagt etwas zusammen.
Seine Gesichtsfarbe wechselt von einem natürlichen Rosaton zu weiß. Kreidebleich.
"Du.. du bist schwanger?!" fragt er entsetzt und in seinen Augen kann ich den Schock darüber sehen.
Zaghaft nicke ich.
"Ja." sage ich bloß.
In der Wohnung wird es ganz still.
Außer unserem unregelmäßigen Herzschlag ist nichts zu hören.
Obwohl es in Wirklichkeit wahrscheinlich nicht einmal ein paar Minuten sind, in denen keiner etwas sagt, kommt es mir wie eine Ewigkeit vor.
"Schwanger." wiederholt er, als könnte er es nicht glauben.
Julien steht auf und läuft quer durch das große, geräumige Wohnzimmer.
Von links nach rechts..
Von rechts nach links..

Plötzlich bleibt er abrupt stehen, sieht mich einen Moment stumm an und im nächsten liege ich in seinen Armen und werde durch die Luft geschleudert.
"Wir bekommen ein Kind! Ich werde Vater und du die Mutter meines Kindes! Ich fasse es nicht!"
Zu meiner Erleichterung scheint er sich nach dem ersten Schock nun doch darüber zu freuen.
Und jetzt wo ich weiß, dass Julien mich nicht wegstoßen wird, kann ich mich endlich auch darüber freuen.
Obwohl es mit trotzdem immer noch eine riesige Angst macht.
"Wie weit bist du? Wird es ein Junge oder ein Mädchen?" bombardiert er mich mit Fragen.
Ich muss lachen und schüttele den Kopf darüber.
"Schatz, ich weiß auch nicht mehr als du. Fakt ist, wir bekommen ein Baby! Gleich Morgen werde ich einen Termin bei meiner Frauenärztin machen und danach wissen wir mehr. Ich bin so froh, dass du dich darüber freust! Ich hatte Angst, du würdest es nicht wollen." gestehe ich ihm unter Tränen.
Julien zieht mich auf das Sofa, direkt auf seinen Schoß.
"Nicht weinen, Baby! Natürlich war es ein Schock für mich und für dich sicherlich auch.
Immerhin war es jetzt noch gar nicht geplant und es wird auch nicht einfach. Aber wir werden das schaffen!
Wir sind jetzt eine Familie, zusammen kriegen wir alles hin.
Aber nun, mit diesem Wissen, muss ich meine Pläne natürlich umwerfen."
Ich schaue ihn irritiert an, habe keine Ahnung, was er damit meint.
Julien grinst, setzt mich neben sich auf dem Sofa ab und geht dann vor mir auf die Knie.
"Baby. In weniger als neun Monaten werden wir Eltern. Es ist mir egal, ob von einem Jungen oder einem Mädchen, Hauptsache es ist gesund!
Mit diesem Wissen, kann ich dich nur noch mehr Lieben, als zuvor.
Ich möchte nach wie vor mit dir an meiner Seite alt werden. Dabei zusehen, wie unsere Kinder aufwachsen und später vielleicht selbst Eltern und wir damit Großeltern werden.
Es ist das größte Glück, dass ich mir nur vorstellen kann und deshalb frage ich dich hiermit, ob du meine Frau werden möchtest?"
Julien öffnet erneut das kleine Kästchen und präsentiert mir den tollen Ring.
Wie schon eben, fange ich erneut an zu weinen, nicke aber ohne überhaupt darüber nachdenken zu müssen.
"Natürlich will ich das! Ich liebe dich über alles und deine Frau zu werden, ist eine große Ehre für mich.
Also Ja, ich will deine Frau werden!"
Julien nimmt lächelnd und ebenfalls mit feuchten Augen den Ring aus der Schatulle und steckt ihn an meinen linken Ringfinger.
"Ich liebe dich! Ich liebe euch beide!" flüstert er, nimmt mich in den Arm und küsst mich voller Liebe.

Jetzt ist alles Perfekt!

ENDE






Als ich vor einigen Monaten hier angefangen habe, meine erste Geschichte zu schreiben, hätte ich niemals gedacht, dass ich nicht nur diese, sondern noch zwei weitere beenden und veröffentlichen würde.
Heute bin ich froh darüber, es getan zu haben!
Es ist ein unglaubliches Gefühl, sie nicht nur zu beenden und zu veröffentlichen, sondern auch zu sehen, dass es Menschen da draußen gibt die sie lesen und mögen.

Danke dafür! 😍😘

The Teacher who learns to love me  Where stories live. Discover now