Kapitel 4

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„Hallo wer ist da?“ die Worte bleiben mir im Hals stecken. Ich habe so ein komisches Gefühl im Bauch. Ihre Stimme löst eine Flut von Bildern und Geräuschen in meinem Kopf aus. Unser Zuhause völlig zerstört, die weisse Rose, Feuer und Asche, überall Tote, Menschen die kämpfen, mutige und tapfere Freunde, Angst, Prim und dann mich. Ich stehe da, mit meinem Bogen und Pfeil in der Hand. Das Adrenalin pumpt durch meine Adern, doch ich bin ruhig wie nie zuvor.  Das Feuer in mir brennt so stark das ich es nur noch zu Ende bringen möchte. Ich setze den Pfeil an, warte einen Moment und höre das Jubeln der Menge um mich herum. Sie schreien und feuern mich an. Lass ihn fliegen, Katniss. Der Pfeil bohrt sich in das zarte Fleisch. Langsam tropft das rubinrote Blut auf die spiegelglatten, gemusterten Fliesen. „Ist da jemand?“ Ich werde prompt zurück in die Realität geholt. „Uhm ja..hey Johanna.“ flüstere ich leise vor mich hin. Die Bilder verschwimmen langsam vor meinen Augen. „Katniss?“ Ich höre einen Hauch von Hoffnung in ihrer Stimme. „Ja hey.“ All diese Erinnerungen die ich soeben vor Augen hatte, versuchte ich immer von mir fern zu halten. Ich wollte nie wieder daran erinnert werden was einmal war. Den Schmerz an die Verluste vergessen, die Vergangenheit einfach hinter mir lassen. Doch eine Stimme konnte all diese Wände, der Furcht und Angst, niederreissen. „Das mit Pe-„ „Kannst du bitte her kommen?“ Ich kann und will seinen Name nicht hören, nicht jetzt. „Natürlich. Ich packe ein paar Sachen zusammen und mache mich dann auf den Weg.“ „Bis dann..Johanna“ Es fällt mir schwer ihren Namen aus zu sprechen. „Bis dann Katniss.“ Das ist das letzte was ich von ihr höre als ich dann auch gleich auf „auflegen“ drücke.

Ich öffne die Tür und stapfe durch den Schnee die Stufen der eisigen Treppe hinunter. Ein kühler Wind weht mir ins Gesicht und durchfährt meinen Körper. Mit hastigen Schritten mache ich mich auf den Weg in den Wald, ich will einfach nur noch weg von hier, wenigstens für einen Moment. Als ich langsam auf den Wald zugehe höre ich nur noch das Gezwitscher  einiger Vögel. Die feinen Klänge die sie mit uns teilen, erfüllen die Luft um mich herum. ich nehme eine Hand voll Schnee und spüre wie er meine Finger eiskalt werden lässt. Doch die Wärme die meinen Körper durchströmt, lässt den Schnee innert Sekunden wieder schmelzen. Für einen kurzen Moment lässt mich dies schmunzeln. Snow der Schnee und ich das Feuer. Das Mädchen das in Flammen steht lässt den Mann der Kälte zu Boden stürzen, für immer. Ich blicke auf und schaue um mich herum. Die Bäume sind mit Schnee bedeckt und der See ist zugefroren. Ich betrachte den See als ich mich auf einen umgestürzten Baum setze. Weit und breit ist nur Schnee und Eis zu sehen, keinen Funken von Wärme. Nicht einmal die Wolken lassen einen Strahl der warmen und hellen Sonne durch. Auch wenn alles so düster und kalt erscheint in dieser Jahreszeit, mag ich sie. Es ist so ruhig und doch hört man den Wind durch den Wald rauschen. „Ah!“ Mich durchfährt ein kurzer Schmerz. Ich zucke zusammen und beisse mir auf die Lippe. Ich streichle sanft über meinen Bauch als ich mich wieder gerade aufsetze. Ich atme kurz durch und sauge die Luft tief in mich ein. das kleine Wesen in mir drin erinnert mich an Peeta. Es ist ein schmerzlicher aber zugleich auch ein schöner Gedanke. Er ist ein Teil von mir und wird es immer sein. Er wollte mich wahrscheinlich daran erinnern, dass ich nicht alleine bin auf dieser Welt. Nein, das bin ich nicht. Ich habe Gale. Ein Mensch der mich gelehrt hat nicht auf zu geben, auch wenn ich kurz vor dem Ende war. Einer der einzigen der mich zum Lachen bringen konnte. Eine Person die einen wichtigen Platz in meinem Leben hat. Und dann ist da natürlich Peeta. Ich wusste erst wie viel er mir bedeutet, als er mir genommen wurde. Sein Lachen werde ich nie vergessen. Ich erinnere mich gerne daran als er mich fragte was meine Lieblingsfarbe ist. Damals sah ich ihn das erste Mal richtig lachen. Seine Augen strahlten eine Wärme aus die mich einschloss. Er schien alles um sich herum vergessen zu haben. Nur für einen kurzen Moment konnte ich das auch. Aber es war ein Moment der Freude. Eine Erinnerung fürs Leben. Ich bin völlig in Gedanken als ich hinter mir plötzlich ein rascheln höre. Meine Hand schnellt zu Boden doch sie greift ins leere. Ich habe meinen Bogen nicht dabei, kommt mir dann in den Sinn. Genau jetzt, genau heute. Gerade als ich aufstehen will spüre ich eine Hand die auf meiner Schulter ruht. Ich schnappe nach Luft und mein Herz beginnt zu rasen. Meine Hände krallen sich in das morsche Holz des Baumes. Vorsichtig drehe ich mich um und blicke zu der Person die vor mir steht auf. Mich durchfährt ein kalter Schauer als ich in seine Meergrünen Augen sehe. Sein unbezahlbares Lachen bestätigt alles. Es ist Finnick.

Die Tribute von Panem - Dunkle GeheimnisseWhere stories live. Discover now