Was Wattpad mit meiner Schulleiterin zu tun hat

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Ehrlich gesagt bin ich Projekten gegenüber extrem skeptisch, was in erster Linie an meiner wundervollen Schulleiterin und ihren dämlichen Projektideen liegen könnte ... Dennoch, Wattpad bietet sich an, um das ein oder andere Projekt durchzuführen - könnte man zumindest meinen. Immerhin existiert eine Gemeinde mit den unterschiedlichsten Interessen, die alle die Leidenschaft zum geschriebenen Wort teilen. Die genauen Zahlen kenne ich leider nicht, aber allein im deutschsprachigen Raum gibt es sehr, sehr viele Nutzer, von denen sich sicher ein Teil dazu bewegen lassen könnte, an diversen Projekten teilzunehmen.

Der Gedanke ist nicht nur mir durch den Kopf gegangen, wenn man sich die Liste existierender Projekte einmal ansieht. Ich war positiv überrascht, bei der Suche nach Projekten auf eine doch vergleichsweise große Zahl zu stoßen - bis ich mir die einzelnen Profile näher angesehen und festgestellt habe, dass die meisten vor Jahren erstellt und ebenso lange inaktiv sind. Verdammt schade, besonders dann, wenn noch immer User auf besagten Profilen landen, sich danach erkundigen, ob denn noch etwas auf dem Account passiert und nicht einmal eine Antwort erhalten.  

Aber bevor ich mich darüber auslasse, was diese Projekte oder vielmehr ihre Ersteller mit meiner Schulleiterin zu tun haben, erstmal ein paar positive Beispiele. Die einzigen wirklich aktiven Projekte, die ich auf Anhieb gefunden habe, muss man dazu sagen. Im deutschsprachigen Raum, wohlgemerkt. Im englischsprachigen Wattpad sieht das Ganze etwas anders aus.

Das erste Projekt ist für eine Plattform wie Wattpad, auf der das Durchschnittsalter der User vielleicht zwischen 14 und 16 liegt, ungewöhnlich ernst. projectstoptheabuse soll die Romantisierung von häuslicher Gewalt und emotionaler Misshandlung vorbeugen. Allen, die gerade die Vorzeigefanfiction, in der die Protagonistin entführt, vergewaltigt und halb zu Tode geprügelt wird und sich dennoch in ihren Entführer verliebt, durch den Kopf geht, sind auf der richtigen Spur.
Eben jene vollkommen unrealistische Darstellung von häuslicher Gewalt soll durch das Projekt gerade gerückt werden, indem es auf Geschichten aufmerksam macht, die das Thema realistisch behandeln.

Ich bin etwas zwiegespalten bezüglich des Projektes. Auf der einen Seite stehe ich voll hinter der Grundidee, denn häusliche Gewalt ist etwas, das zum einen häufig totgeschwiegen und zum anderen oft falsch aufgefasst wird. Bestes Beispiel ist die Annahme, häusliche Gewalt würde nur in der Kombination Mann-Täter,  Frau-Opfer existieren. 
Gerade in Büchern und Filmen wird das Thema oft nicht richtig behandelt - obwohl sich hier die Frage stellt, was eigentlich richtig ist. Ist es richtig, über Gesellschaftsformen (egal, ob im historischen oder fantastischen Sinn) zu schreiben, in denen häusliche Gewalt an der Tagesordnung steht? Beziehungsweise wie weit ist es okay? Ich glaube, über diese Frage werde ich noch in hundert Jahren nachdenken - und dementsprechend ist es gut, einen Schritt in die gegenteilige Richtung zu gehen.

Meine Skepsis bezüglich des Projektes lässt sich an einem anderen, recht ähnlichen besser verdeutlichen. @NotJustSad_ ist eine Kampange, die erreichen will, dass mehr und offener über psychische Erkrankungen gesprochen wird. Meine positive Ansicht zu dem Projekt entspricht ziemlich genau jener bezüglich stoptheabuse, dementsprechend lasse ich mich dazu nicht aus. Das Problem an diesem Projekt haben die Gründer schon erkannt und arbeiten daran, es zu lösen, dennoch möchte ich kurz etwas dazu sagen.
Der Wunsch, dass auch Bücher sich stärker mit psychischen Erkrankungen beschäftigen, hat dazu geführt, dass sich sehr viele User an dem Projekt beteiligt haben. Super Sache - wäre da nicht die Tatsache, dass sich unter eine Schafherde sehr schnell auch ein schwarzes schleicht. Einige der aufgelisteten Geschichten behandeln die Thematik alles andere als ernst, was wiederum den gegenteiligen Effekt des eigentlichen Ziels hat. Wenn jemand, der absolut keine Ahnung von beispielsweise Schizophrenie hat, ein dort gelistetes Buch darüber liest, denkt er sich (vermutlich), dass es dann wohl auch realistisch dargestellt ist. Und wenn es genau das eben nicht ist ... Ich schätze wir wissen alle, was falsch vermittelte Informationen anrichten können.

Aber wie gesagt, das Team ist an dem Problem dran, von daher hoffe ich das Beste. 


Das letzte Projekt, dass ich im Schnelldurchlauf erwähnen möchte, kenne ich schon seit längerem. Die Watty-Patenschaften sind vielleicht auch dem ein oder anderem von euch ein Begriff. Im Moment hat @Rauchquarz den Hut auf. Das Prinzip ist simpel - das Projekt soll Wattpadnewbies die Möglichkeit geben, einen erfahrenen Paten zu bekommen, der mit Rat (und Tat) zur Seite steht. Tolles Projekt. Wirklich. Ich hätte mich damals in meinen Anfängen riesig gefreut, wenn mich jemand ein bisschen an die Hand genommen hätte.
Die bittere Realitität ist aber nicht, dass es nicht genug Paten gibt, sondern nicht genug Patenkinder. Ich habe mich mal Stichprobenweise durch das Projektbuch geklickt - von den um die 50 Paten hatten schätzungsweise vielleicht 15 bis 20 Patenkinder beziehungsweise User, die Interesse daran haben.

Vermutlich liegt es daran, dass das Projekt einfach nicht bekannt genug ist, aber schade ist es dennoch. Vielleicht kann man sich mal an die deutschen Wattpad-Botschafter wenden und fragen, ob das Projekt irgendwo auf der Startseite landen könnte? Einen Versuch wäre es sicher wert.


Aber zurück zum Titel, oder eher dem Grund, warum ich ihn gewählt habe. Ihr erinnert euch an meine anfängliche Aussage, auf doch recht viele Projekte gestoßen zu sein?  Nun, die Gründe, warum diese Projekte nicht mehr aktiv sind, liegen für mich auf der Hand.
Um es ein wenig anschaulicher zu machen, möchte ich euch meine Abneigung gegenüber meiner Schulleiterin (ihr könnt euch nicht vorstellen, wie froh ich bin, bald mein Abi zu haben) erklären. Sie hat die Angewohnheit, ihren Schülern gigantomanische Projekte aufzudrängeln, die diese a)nicht umsetzen können und es b)nicht wollen. Eine Telefonzelle ranzuschaffen und als Bücherschrank umzubauen, obwohl kaum ein Schüler an dem bisherigen Bücherschrank (eine freie Bibliothek, wenn man so will) Interesse hat, zum Beispiel (kann sich jemand denken, wem sie diese tolle Idee untergejubelt hat?) oder einen Schulkiosk. Wir sind ein 400 Schüler Kleinstadtgymnasium, by the way.
Also jedenfalls, der Punkt ist: sie hat unrealistische Vorstellungen, die nicht durchdacht sind. Die betroffenen Schüler dürfen die unweigerlich folgenden Probleme ausbaden und sich bei Beschwerden von ihr anhören, dass sie doch die ganze Arbeit gemacht hat. Auf Wattpad haben die Nutzer zwar selbst die Projektideen, aber das Problem scheint das Gleiche zu sein.

Man denkt sich "Hey, das ist die Idee!", fängt an und stellt bald darauf fest, dass das doch mehr Arbeit in Anspruch nimmt als erwartet. Dumm gelaufen, schätze ich. 

Kann ich auch alles nachvollziehen, aber es wäre einfach toll, wenn man erst ein paar Nächte darüber nachdenkt bevor man etwas anfängt, dass man nach ein paar Tagen abbricht. Und beim Abbrechen das Profil löschen, um zu verhindern, dass sich jemand Hoffnung auf eine Fortführung macht, wäre auch nicht schlecht.

Übrigens habe ich auch schon über ein Projekt nachgedacht, weiß aber noch nicht, ob ich es umsetze (die AliceMontroseGmbH brütet noch über der Genehmigung - ihr wisst ja, wie sich der Papierkram hierzulande zieht). Eine Art Buchclub, um vernünftige Kritik zu bekommen und im Gegenzug auch zu geben. Das würde im Endeffekt sehr stark darauf basieren, dass die Mitglieder verlässlich sind, dementsprechend bin ich noch unsicher. (Zumal ich keine Ahnung habe, ob überhaupt jemand Interesse daran hätte.)


Hat einer von euch schonmal über ein Projekt auf Wattpad nachgedacht oder sogar eines durchgeführt? Würde mich mal interessieren :)

PS: Ich wusste doch, dass ich noch ein Projekt vergessen habe - @BuchSucher versucht, einen Katalog wirklich guter Wattpadbücher zu erstellen.

Wattpad und seine PhänomeneWhere stories live. Discover now