Kapitel 23 - Der Weihnachtsball (1)

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„Er hat was?!", quietschte Mara, als ich ihr nach dem Essen von dem Kuss erzählte. „Ich wusste es!"

„Jetzt schrei nicht so laut, dass es gleich die ganze Schule weiß!", bremste ich sie hastig, obwohl wir bei geschlossener Tür in ihrem Zimmer saßen. Aber man wusste nie. Bekanntlich hatten Wände ja Ohren.

„Oh und er hat gesagt, du sollst ein dunkelblaues Kleid tragen?"

„Habt er."

„Oh, oh, oh, du wirst wunderschön aussehen. Ich weiß da schon was."

„Mara, bitte", versuchte ich, ihre Begeisterung zu bremsen. Natürlich hatte ich nichts dagegen, wenn sie mich hübsch machte, denn ihren Schminkkünsten hatte ich nichts entgegenzusetzen, aber man musste nicht übertreiben. Außerdem war es nicht mein Ziel, aufzufallen wie ein mit zu viel Glitzer bestreutes Einhorn.

„Das wird schon werden."

Komischer Weise war ich die Ruhigere, während meine Freundin sich aufführte, als wäre sie diejenige, die von Will eingeladen worden war.

„Deine Ruhe will ich haben", meinte Mara und atmete tief ein.

„Ich bin ganz ruhig."

Ich lachte über ihren Versuch, sich einzukriegen und den Rest des Tages verbrachten wir tatsächlich damit, Pläne für den Ball zu schmieden. Außerdem erzählte sie mir, dass sie danach für eine Woche zu ihren Eltern fahren würde, um mit ihnen Silvester zu feiern. Soweit hatte ich noch nicht einmal im Ansatz geplant und hoffte, einfach einen gemütlichen Abend mit meiner Mum zu verbringen.
Pünktlich zur Nachtruhe fiel ich in mein Bett und ließ den Tag Revue passieren. Verträumt rief ich mir das Gefühl von Wills Lippen auf meinen ins Gedächtnis und schlief mit einem glücklichen Lächeln ein.

Hochmotiviert und selbst überrascht von mir, saß ich am nächsten Vormittag im Bus in die Stadt. Meine Mum hatte mir nach dem Frühstück eine unfassbare Summe Geld mit den Worten: „Für deinen ersten Weihnachtsball." in die Hand und einen liebevollen Kuss auf die Haare gedrückt. Jetzt freute ich mich wirklich auf den Tag mit Mara, die ununterbrochen vor sich hin plapperte.

In Ottawa herrschte reges Treiben, denn jeder schien vor den Feiertagen noch letzte Besorgungen machen zu wollen. Bis Weihnachten waren es nur noch drei Tage und die festliche Stimmung lag bereits jetzt in der Luft. Dazu kämpfte sich auch noch die Sonne zwischen den Wolken hervor und brachte den Schnee zum Glitzern. Eigentlich konnte der Tag gar nicht besser werden.

Ich hakte mich bei Mara unter und gemeinsam schlenderten wir die Sparks Street entlang, eine schöne Fußgängerstraße mit vielen Cafés und Geschäften, in der sich die Menschen nur so tummelten. Der Geruch von Kaffee und heißer Schokolade stieg mir in die Nase und ich seufzte.
Dann zog Mara mich auch schon in den ersten Laden, in dessen Schaufenster die schönsten und auch noch teuersten Kleider hingen.

„Bist du sicher, dass das der richtige Laden ist?", fragte ich skeptisch und ließ meinen Blick über die Stangen voller traumhafter Kleider schweifen, deren Wert meine Vorstellungen sowie den Inhalt meines Portemonnaies bei weitem überstiegen.

„Ganz sicher", entgegnete Mara mit leuchtenden Augen und dirigierte mich in den hinteren Bereich des Geschäfts.
Überwältigt von der Schönheit der Kleider, stand ich einfach nur doof da. Ich würde mich niemals für eines entscheiden können, aber zum Glück hatte ich ja Mara.
Meine Freundin hatte mein Dilemma bereits erkannt und scannte in rasendem Tempo die dunkelblauen Kleider.

„Das hier", sagte sie, zog einen Kleiderbügel hervor und drückte ihn mir in die Hand.

„Da sind die Umkleiden, aber wage nicht, es wieder auszuziehen, bevor ich dich nicht gesehen habe." Damit steuerte ich auf die Kabinen zu, den Bügel fest umklammert. Hinter dem Vorhang schlüpfte ich aus meinen Klamotten und stieg gespannt in den Traum von einem Kleid. Der Stoff schmiegte sich kühl an meine Haut, floss sanft um meine Beine und funkelte wie ein Sternenhimmel.

Academy for Elementarys 1 - Verborgene KräfteWhere stories live. Discover now