Enttäuscht? Ich doch nicht / Kapitel 6

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Wir schrieben immer mehr und man muss sagen, wir verstanden uns echt gut. Er war irgendwie viel netter als ich gedacht hatte (Ich erspare euch jetzt die ganzen unspannenden Fb-  und msn-Unterhaltungen).

Das machte meine chronische Verknalltheit natürlich nicht besser und wie hätte es anders kommen sollen –

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Mael:

Naja, ich weiss es noch nicht..

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Ich:

Jaja, sag ich auch immer :P

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Mael:

Tut mir leid, wenn du jetzt enttäuscht bist, aber ich spür einfach nichts ... :/

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Ich:

Okay..

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An dem Abend weinte ich zum ersten Mal wegen einem Jungen. Warum hatte er es auch so nett gesagt? Konnte er nicht wenigstens irgendwas Blödes machen, das mir das Recht gab, ihn zu hassen?

„Er ist ein Arschloch, “ Leonie warf mir einen mitleidigen Blick zu.

„Wieso, er kann doch nichts dafür wenn er nichts für mich empfindet,“ widersprach ich kläglich. „Er ist wirklich kein Arschloch, sonst wäre er ganz anders mit mir umgegangen!“

„Trotzdem...“

Ich wusste ganz genau, dass sie keine schlagenden Argumente hatte, und fühlte mich beschissen.

„Egal,“ seufzte ich.

Inzwischen verstand ich mich übrigens immer besser mit Julia. Wir hatten so eine Art Jungs-Freundschaft irgendwie. Wir waren nicht so "Schatz ich liebe dich, will dich nie verlieren, bist die Beste "- mässig drauf (ist nicht abwertend gemeint). Irgendwie war ich verdammt froh darüber. Wir lachten über Sachen, die anderen nicht mal auffielen, oder über die sie einfach nur den Kopf schüttelten. Coldmirror war unser grösstes Vorbild, wir konnten Stunden damit verbringen, irgendwelche primitiven Witze aus ihren Harry Potter Verarschungen zu zitieren, und fanden es beim zwanzigsten Mal immer noch lustig. Sie war eine von den wenigen Personen in meinem Umfeld, der mein ewiges Mael-Gelaber nicht zum Hals heraushing. Jede Kleinigkeit erzählte ich ihr, und sie wägte mit mir ab, was er jetzt damit wieder gemeint haben könnte, und ob das jetzt ein Indiz dafür oder hierfür war und so weiter...

Auf jeden Fall, mit Mael schrieb ich trotzdem weiter. Er gab mir seine Handynummer, und ich schickte ihm immer häufiger SMS, wenn er mal nicht online war. Immer öfter schrieb er mir nicht zurück oder erst eine halbe Ewigkeit später. Das trieb mich fast in den Wahnsinn. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus.

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Ich:

Warum schreibst du nicht zurück? Hab ich irgendwas falsch gemacht? Ich will dich nicht nerven..

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Mael:

Ja, du gehst einem schon n’bisschen auf die Nerven! Immer mit diesem „Kommst du online“ und ich hab dir ja schon mal gesagt, dass ich nichts von dir will!

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Was hast du eigentlich erwartet, dass er dir ein Liebesgeständnis macht? Warum sollte er sonst nicht zurück schreiben? Kannst du nicht einmal überlegen, bevor du was schreibst? Jetzt sitzt du wieder da, und weinst, und du bist selbst schuld! 

Ich hasste diese kleine fiese Stimme in meinem Kopf, vor allem wenn sie Recht hatte.

„Ich glaub, er fühlt sich einfach eingeengt,“ sagte Julia, als ich es ihr am nächsten Morgen berichtete. Geantwortet hatte ich ihm nicht mehr. Wollte ihn ja nicht nerven. „Kann schon sein.. ich versuch ihm jetzt einfach mal ne Weile nicht zu schreiben. Vielleicht ist es ja auch gar nicht so schwer, und ohne ihn geht’s mir sowieso besser,“ meinte ich irgendwie mehr zu mir selbst.

„Arschloch halt. Mit dem würdest du dich wahrscheinlich zu Tode langweilen. Aber hey, ich muss dir ein neues Lied zeigen, es ist so geil!“

Das war noch so eine Sache, die ich an Julia liebte. Man konnte sich stundenlang mit ihr über Musik unterhalten, und wir hatten auch einen ähnlichen Geschmack. Sie schaffte es perfekt, mich abzulenken, wofür ich ihr echt dankbar war.

Sein Ego und ichWhere stories live. Discover now