Gedanken

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Wie ich gedacht hatte.

Mom wurde wütend. Sie empfing mich ohne einen Funken Sorge oder Erleichterung. Ich sagte nichts, ließ es über mich ergehen.

Es verletzte mich unerträglich, ich drohte daran zu zerbrechen, doch ich kam immer wieder auf die Füße um weiter zu suchen und zu kämpfen.

Immer wenn Mom wütend war, verließ mich die Hoffnung, und der Druck den sie auf mich verübte, war zu stark, um dagegen anzukämpfen, doch ich schaffte es immer, in meine Welt zu flüchten, bevor ich so erschöpft war, dass ich nicht mehr konnte.

Heute nicht.

Mom wurde rot und fuchtelte mit den Armen durch die Luft und schrie mich an, ich sollte mich in den Griff bekommen.

Ich schluckte. Eine Träne verdeckte mir die Sicht und ich spürte, dass ich schon fast gebrochen war. Ich fühlte, dass ich von allem gehasst wurde. Verabscheut und verachtet.

Mom wurde lauter. Ich schloss die Augen. Warum konnte sie nicht kommen? Warum kam meine Welt nicht? Ich brauchte sie. Ich schluchzte.

Dann wurde ich wütend. Ich stand auf und brüllte meine Mom an. "NEIN!" Mom war plötzlich ganz still. "Nicht zerbrechen.", schluchzte ich leise und rannte hoch in mein Zimmer.

Ich schloss ab und atmete durch. Ich schloss die Augen, meine Wut zu unterdrücken. Mom kannte mich nicht. Sie wusste nichts von meiner Welt. Ich musste ihr verzeihen.

Ich öffnete die Augen wieder.

Ich war nicht am Anfang.

Ich war bei den Männern, nur dass sie nicht da waren. Meine Füße waren blutig, meine Arme auch und ich hatte Kopfschmerzen.

Warum waren meine Wunden nicht verheilt, so wie immer? Ich berührte meine Arme, dort wo die Haut zerrissen war. Ein höllischer Schmerz nahm mir für Sekunden das Augenlicht.

Ich sagte nichts. Konnte nicht, wollte nicht. Ich streckte meine Hand aus. Das Kristallglas war kalt und gleichmäßig. Vorsichtig schlich ich in den Raum, in dem vor einiger Zeit die Band gespielt und gesungen  hatte. Es war warm. Angenehm warm. Meine Wunden heilten von einer Sekunde auf die nächste. Ich fühlte mich anders.

Nicht verlassen, kalt und ausgestoßen. Ich fühlte mich... anders. Schön anders.

Ich lächelte und ließ mich an der Wand herunterrutschen. Dieses Gefühl würde wieder schwinden, das wusste ich. Deshalb genoss ich es in vollen Zügen.

Ich dachte an die Band. Was machten sie hier bei mir? Und warum?

Der rothaarige Sänger hatte das Lied so gefühlvoll und emotionsgeladen gesungen, dass es schien als habe er all das mal erlebt. Ich lachte. Dass er mich verstanden hatte und mich nicht alleine in der Welt ließ.

Ich stützte meine Hände an die Stirn. Ich war verwirrt.

Warum machten diese Männer Musik in meiner Welt. Warum Musik? Ich verstand das alles nicht.

Ich stand auf und ging ein bisschen auf dem Platz herum. Er war von Kristallen eingezäunt und isoliert. Bis auf das Loch, durch das ich in den Raum gelangt war.

Ich fühlte eine seltsame Stille in meinem Kopf. Ich setzte mich wieder, um mich auszuruhen. Diese Stille war mir unbekannt. Irgendwas war anders.

Aber schön. Es sollte so bleiben. Ich fühlte mich befreit von der Last. Ich vergrub meinen Kopf wieder in den Händen und weinte vor Glück.

Eine Ewigkeit saß ich da und schöpfte Hoffnung.

Plötzlich klopfte mir Jemand auf die Schulter.

Zerbrechlich ✔️Where stories live. Discover now