Oneshot • Alleine lebt's sich auch gut Pt.3

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Das Gewitter hatte sich seit den letzten Tagen gehalten, man müsste aufpassen wo man hintrat, denn der Boden der Burg bestand eigentlich nur noch aus Eimern. Ständig tropfte es durch das Dach, und ständig mussten die Eimer ausgewechselt werden. Betrübt und langsamen Schrittes betrat die schwarzhaarige das Zimmer ihres Bruders, welcher auf einer Bank saß und aus dem Fenster hinaus starrte, ein Holzstück in seiner linken und einen Dolch in seiner rechten Hand sah er zu wie die Regentropfen langsam am Fenster hinunter rannten. Wie Tränen flossen sie in Strömen an der kalten Fensterscheibe hinunter, als würde sie weinen. Weinen, wegen der Schlechtigkeit in dieser Welt. Weinen, wegen der Toten in dieser Welt. Weinen, wegen denen, welche die Hoffnung verloren haben. ,,Dagur?",sprach sie langsam und setzte sich neben ihn. ,,Hm",murrte er und nickte. Dann setzte er wieder den Dolch an das weiche Holz an und schnitze an ihm herum. Wieder und wieder stach er in das Holz und teilte etwas ab. Seine Schwester atmete schwer und spielte unruhig mit ihren Fingern herum. Erneut atmete sie tief ein und brach dann endlich die bedrückende Stille:,,Was ist mit unserem Vater passiert?" Dem rothaarigen stockte der Atem, er rutschte mit seinem Dolch ab und schnitt sich in den Unterarm. Eine lange, blutige Wunde zierte seinen Arm, welche er aber gekonnt ignorierte und sich wieder seiner Arbeit widmete. Seine Schwester schaute ihn fragend an und lehnte sich weiter nach vorne. Er mied den Augenkontakt mit ihr. ,,Dagur was ist mit ihm passiert?",fragte sie erneut. Der rothaarige atmete schwer und presste die Wörter förmlich aus seiner trockenen Kehle:,,Du weißt dass ich nicht gerne über ihn rede" ,,Aber ich möchte es wissen. Könnte es nicht sein dass er noch irgendwo lebt, dass er uns sucht",halte sie nach und ihre Stimme klang vorwurfsvoll. ,,WENN DU WIEDER ZURÜCK INS HEIM WILLST DANN GEH DOCH!!!",schrie er sie wutentbrannt an und sprang auf. Das warme Blut rannte schneller aus seinem Arm hinaus und bald war seine Hand vollständig rot und das Blut tropfte langsam auf den Boden. Dicke Tropfen zierten die Steine und die schwarzhaarige stand auf. ,,Das habe ich nie gesagt!",schrie sie ihn an, ,,Ich sage doch nur dass solange ich nicht weiß wo er ist, immer noch die Möglichkeit bestehen könnte dass er uns sucht" ,,Und selbst wenn, dann hat er sich ziemlich lange Zeit gelassen!",keifte er zurück und sah auf seinen Arm hinab, ,,Er war einfach weg. Er hat uns alleine gelassen. Er wird uns nicht suchen!" ,,Und was wenn doch? Du bist doch auch einfach abgehauen und hast mich dann geholt",sagte sie und ihr stiegen Tränen in die Augen. ,,Gut, ich bin vielleicht dein älterer Bruder, aber ich kann dir nichts befehlen. Wenn du gehen willst dann geh doch. Ich werde dich sicher nicht vermissen",log der rothaarige und griff sich ein Band um seine Wunde zu verbinden. ,,Gib her ich mach das eben",sagte sie sanft und wollte sich den Stoff greifen, doch ihr Bruder zog seinen Arm blitzschnell weg. ,,Ich brauche keine Hilfe. Was meinst du wie viele Wunden ich in meinem Leben schon hatte",zischte er band sich den Stoff um seinen Arm. Seine Schwester schaute auf die Narbe die die rechte Seite seines Gesichtes zierte, dann drehte sie sich um und knallte die Tür beim verlassen des Zimmers zu, dann verschwand sie. Voller Zorn stapfte sie durch die Gemäuer, einfach weg von jedem, auf die mit Wasser gefüllten Eimer nahm sie wenig Rücksicht.

Niemand verstand sie, nicht einmal ihr eigener Bruder, der einzige den sie noch hatte. Wieso konnte er nicht einfach mit ihr reden? Ein einfaches ,,Er ist tot" oder ,,Er lebt noch" würde dich schon ausreichen. Wie lange sollte sie bitte mit dieser Ungewissheit noch leben? Sollte sie etwa für immer in dieser Burg hausen? Warum wollte ihr Dagur nicht zurück ins Heim? War es denn dort so schlimm für ihn gewesen? Mehr als einen Tag hatte er doch nicht dort verbracht, hätte er wie sie Jahre lang dort gelebt wüsste er wie schön es dort war. Dort waren ihre Freunde, ihr Zimmer und auch die Heimleiter waren nett. Oder war es im Jungentrackt etwa anders? Waren die Menschen die dort arbeiteten etwa so grausam dass man es dort keinen Tag aushielt? Aber wie hatten es die anderen denn dann geschafft? Waren sie daran gewöhnt? Es sahen sich doch alle bei den Mahlzeiten, was passiert denn so schreckliches dazwischen?

In ihren Gedanken versunken trat die schwarzhaarige einen weiteren Eimer um, welcher sich dann auf die ohnehin schon erkältete Astrid entleerte. Die blondhaarige kniff ihre Augen zu und schüttelte kurz das Wasser von ihren Armen. ,,Oh Astrid es tut mir leid das wollte ich nicht!",entschuldigte sich die grünäugige und hielt ihre Hände vor den Mund. ,,Schon gut. Bin eh schon krank",erläuterte die andere müde und niese erneut. ,,Heute ist echt nicht mein Tag",stöhnte Heidrun und senkte ihren Kopf, dann kniete sie sich hin um den Eimer wieder aufzustellen. Mit einem konstanten Tröpfeln füllten das Wasser wieder den Behälter. Sie stand wieder auf und atmete traurig aus. ,,Dir liegt doch irgendwas auf der Seele",sagte ihre Freundin sanft und legte ihr ihre Hand auf die Schulter. ,,Nein, es ist nur...",Heidrun wusste nicht recht was sie sagen sollte. Wenn sie es einfach aussprach würde vermutlich auch ihr Gegenüber sauer werden. Klar, Astrid war ihre beste Freundin, aber wer sagte Heidrun schon dass sie nicht wie ihr Bruder reagieren würde. Aber irgendwie musste sie es ja sagen. ,,Ich will wissen ob da draußen noch mehr ist",brachte die schwarzhaarige nun endlich heraus, ,,Ich bin jetzt 18 Jahre alt, es muss doch in meinem Leben noch mehr geben als diesen Wald!" Astrid schaute ihre Freundin ohne jegliche Emotionen an, so wie sie eigentlich meistens schaute, allerdings viel kälter. Dann schaute die blonde eindringlicher, wie eine Aufforderung sich noch einmal ganz genau zu überlegen was sie da eben eigentlich gesagt hatte. ,,Aha",kommentierte Sie Heidruns Aussage. ,,Bitte sei nicht sauer auf mich",flehte die schwarzhaarige und schaute verängstigt. ,,Hey Meinungsfreiheit, ich kann dazu nichts sagen",sprach die blauäugige und tat als wäre es ihr egal, doch das war es nicht. Es war ihr nicht egal dass ihre beste Freundin nichtmehr bei ihnen seien wollte, dass sie weg wollte. ,,Ich will doch nicht weg, es ist nur... was wenn da draußen noch mehr ist? Das hier kann doch nicht alles gewesen sein",erklärte Heidrun. Erneut atmete Astrid schwer ein und aus, dann sagte sie etwas, was Heidrun zu denken gab:,,Damit muss man eben rechnen. Hier ist nicht das ,,echte Leben", außerhalb des Waldes ist eine ganz andere Welt. Ich weiß nicht ob ich dort jetzt noch klar kommen würde, du vielleicht eher. Es ist deine Entscheidung, Heidrun. Aber wenn du dich wirklich entscheidest zu gehen, dann merke dir bitte eins: Dagur wird es nicht so leicht hinnehmen"

Dragons ~ Facts, News, OneshotsWhere stories live. Discover now