16

315 35 0
                                    

   Sturer Esel, schimpfte die junge Frau innerlich, während sie die Beine in die Hand nahm. Isabella war nicht mehr im Ballsaal. Das hatte sie auch nicht erwartet, aber sie musste sicher gehen. Giulia hatte ihr berichtet, dass der Wildfang schon vor Stunden das Anwesen verlassen hatte. Dann wusste Elouise wo sie sie finden würde. Eilig überwand sie die Baumbrücke und rannte durch die Straßen, den Blick auf die Kanäle gerichtet, auf der Suche nach Ezio.

Einige Zeit verging bis sie ihn endlich fand. Am Horizont zeichnete sich bereits der bevorstehende Sonnenaufgang ab.
"Louis? Du bist ja doch da. Bella hat vorhin ein ziemlich langes Gesicht gemacht”, rief er ihr fröhlich entgegen.
"Ich bin dieses Jahr sehr spät dran, Ezio. Ist sie bei Valentina?" Er nickte.
"Dann bring mich bitte hin”, bat sie und er nickte erneut, lächelnd. Die Zeit verging schleppend. Es ging der jungen Frau definitiv zu langsam.
"So ungeduldig?", fragte er freundlich. Sie rang sich ein Lächeln ab.
"Naja, wie gesagt ich bin verspätet."
"Verstehe", erwiderte er nur und grinste seicht vor sich hin.

Endlich kamen sie bei Valentina an. Noch immer drangen leise Geräusche und Gesprächsfetzen nach draußen, obwohl sich das Lokal schon ziemlich geleert haben musste, wenn Elouise den Stand der Sonne bedachte. Der Horizont war mittlerweile grün und gelb verfärbt und auch die Vögel hatten schon begonnen die schönsten Lieder zu zwitschern. Sie winkte dem Gondolieré nur zum Abschied und stieß die Türe zum Valentina's auf. Die Wirtin schaute auf und ihre Augen weiteten sich.

"Louis? Du bist doch in der Stadt?", kam Valentina ihr entgegen gestürmt.
"Ja, Valentina. Ist Bella hier?", fragte die junge Frau ohne Umschweife. Die rundliche Wirtin nickte.
"Sie ist schon eine halbe Ewigkeit im Kräutergarten." Elouise wartete nicht auf eine Erlaubnis, sondern stürmte einfach an ihr vorbei, durch die kleine Küche, wieder hinaus in die morgendliche Nachtluft. Einige Sterne waren noch am Himmel zu erkennen und auch der Mond hatte noch nicht aufgegeben, als ersehnte er ein Treffen, obwohl es außer Frage stand, dass die Sonne kommen würde, um ihn abzulösen.

Ihre Schritte verlangsamten sich als sie ihre Freundin auf der Bank liegend erkannte. Eine Leere Weinkaraffe samt Glas standen unweit entfernt und Isabellas Arm war schlaff von der Bank gerutscht.
Als Elouise herum getreten war musste sie schmunzeln. Der Blondschopf sah aus wie ein Engel, wenn sie schlief. Sachte hob sie ihren Kopf an und schob sich vorsichtig darunter, um ihn dann in ihrem Schoß zu betten. Sie fuhr zärtlich mit den Fingerspitzen durch die blonden Locken und hoffte, dass ihre Freundin bald erwachte.

Isabella ließ sich Zeit und immer wieder drang Wehmut in der Brünetten hoch, doch sie wollte sich diesem Gefühl nicht hingeben. Sie wollte ihre letzten Tage mit ihr unbeschwert genießen.
"Louis..." Sie klang schwach. Jetzt da die Sonne aufgegangen war, konnte Elouise erkennen, wie viel sie geweint haben musste. Womöglich hatte sie sich in den Schlaf geweint.
"Ich bin ja da”, flüsterte sie sanft zurück. Isabellas Kiefer zuckten.
"Lügnerin", entfuhr es ihr ausdruckslos.

Das reichte ihr jetzt. Würde die Andere anfangen sie zu hassen, würde sie sich das nie verzeihen.    
"Bella, wach auf! Ich bin hier", sprach sie nun laut und deutlich und strich ihr weiter über die Wange. Die Augen der Adelstochter zuckten hin und her und sie stöhnte leise.
"Bella", wiederholte sie, dieses mal viel sanfter als vorher. Allmählich öffnete die Angesprochene die Augen und blinzelte gegen die Helligkeit an. Als Elouise endlich das dunkle Blau in Isabellas Augen ausmachen konnte erntete sie einen ungläubigen Blick.

MaskenballWo Geschichten leben. Entdecke jetzt