Kapitel • 2

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Gerade kam ich aus der Dusche, als das Telefon klingelte. Nackt, mit einem Handtuch zwischen den Fingern, tapste ich durch den Flur.
An der Nummer erkannte ich, dass es Mum war und ich nahm ab.
»Hey Mum, was gibt's?«
»Hey Liebling, was machst du gerade?« Ich rubbelte mir in diesem Moment die Haare trocken.
»War gerade unter der Dusche.«
»Ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass es heute etwas später wird und du nicht auf mich warten musst. Ich fahre nach der Arbeit noch zu Samuel.«
Sagte sie gerade Samuel? Ich hob verwundert eine Augenbraue, denn ich dachte sie wären getrennt.
»Ist wieder alles gut zwischen euch?«, wollte ich erfahren.
»Ja mein Spatz, mach dir keine Sorgen. Wir haben einiges zu klären und deshalb komme ich etwas später«, teilte sie mir mit.
Sie hatten also etwas zu klären, ich war gespannt, wie erfolgreich das sein würde.
»Okay Mum, bis dann.« Ich legte den Hörer auf und ging in mein Zimmer, bevor noch der ganze Flurbereich nass werden würde.

Später am Abend rief mich dann Ally an.
»Hey Mia. Hast du ein bisschen Zeit?« Gerade setzte ich mich auf meine Fensterbank und schaute hinunter zur Straße. Es war zwar schon nach zehn Uhr abends, aber der Verkehr nahm einfach nicht ab, was in New York nicht verwunderlich war.
»Hi Ally. Ich sitze in meinem Zimmer, habe Langeweile und überlege was ich mit den nächsten drei Wochen anfange, die ich noch Urlaub habe. Eigentlich wollte ich Dad in Berlin besuchen, aber der ist über den Sommer, mit Bianca, auf den Malediven.«
Vor einer Stunde hatte er mich angerufen und mir die guten Nachrichten überbracht. Drei Tage bevor ich zu ihm reisen wollte. Enttäuscht knabberte ich an meinen Fingernägeln und wünschte mein Vater wäre nicht ständig so ignorant. Er machte es nicht absichtlich, dennoch tat es jedes mal weh.
Ally atmete schwer aus.
»Ach Süße, das tut mir echt leid. Damit kommt er ja mal wieder früh um die Ecke, wo du doch schon am Packen warst. Dieser Mann ist die Unzuverlässigkeit in Person.«
Seufzend schloss ich das Fenster, denn der Lärm auf der Straße war nicht länger auszuhalten.
»Weißt du was ich jetzt bräuchte? Ein paar schöne, ruhige Tage am Strand. Das wäre jetzt genau das Richtige. Meinst du Daddy überlässt mir sein Strandhaus in den Hamptons?«
Ally lachte laut auf.
»Wenn der Mann auch nur ein Funken Mitgefühl im Leib hat, dann ja.« Sie hatte recht, er musste es mir überlassen. Das war ja wohl das Mindeste, was er tun könnte. Schließlich hatte er meine Urlaubspläne durchkreuzt.
»Du hast recht, ich rufe ihn morgen gleich an. Ich hoffe nur, dass er gute Laune hat. Weil an sein gutes Herz will ich lieber nicht appellieren«, entfuhr es mir. Plötzlich hörte ich Ally verträumt in den Hörer schnaufen.
»Wir hören uns morgen, Mia. Es klopft auf der anderen Leitung, es ist André.«
Ok, dieser André nervte mich jetzt schon, ohne dass ich ihn kannte.
»Na gut, dann bis morgen, Ally.« Noch bevor ich zu Ende gesprochen hatte, hörte ich das Klicken der wechselnden Leitung. Genervt verdrehte ich die Augen und ließ meinen Kopf gegen den Fensterrahmen sinken.

Am nächsten Morgen wurde ich von einem wohltuenden Kaffeegeruch geweckt. Fröhlich grinste ich in mich hinein. Samuel, er war wieder da. Also hatten die beiden sich tatsächlich versöhnt. Das fand ich dermaßen toll, dass mich nichts mehr im Bett halten konnte. In der Küche war schon der Frühstückstisch gedeckt.
»Guten Morgen, Mia« Samuel kam mir im Flur entgegen. Er balancierte ein Tablett in der Hand, auf dem die leckersten Sachen angerichtet waren.
»Ich hoffe es stört dich nicht, dass ich schon so früh hier am Werkeln bin, aber deine Mum war so hungrig, da dachte ich~« Ich stoppte ihn mitten im Satz.
»Samuel, alles gut. Ich bin froh, dass du wieder da bist. Lasst es euch schmecken.«
Schnell verschwand ich im Bad, um mich fertig zu machen. Heute wollte ich Dad anrufen, um ihn nach dem Schlüssel vom Strandhaus zu fragen. Wenn er damit einverstanden war, würde ich mich für eine Woche nach Long Island auf machen und die Seele in den Hamptons baumeln lassen. Verträumt schloss ich meine Augen, denn ich konnte den Sand schon regelrecht unter meinen Füßen spüren.
Wie ich es mir erhofft hatte, gab Dad mir sein Ok. Ich sollte zu Mrs. Perkins fahren. Sie war für die Instandhaltung des Hauses zuständig und hatte die Schlüssel.
»Bleib solange du willst, mein Schatz«, sagte Dad.
»Ich hoffe du hast einen schönen Sommer. Ich melde mich, wenn ich aus dem Urlaub zurück bin. Und steck mir das Haus nicht an.« Ich zog die Augenbrauen kraus, was war denn mit Dad los, hatte er gerade tatsächlich gescherzt? Das war neu für mich.
»Alles klar, Dad. Ich werde mich bemühen«, erwiderte ich ihm trocken.
»Mach's gut, Kleine. Ich muss los.« Es war drei Uhr nachmittags bei uns und demnach war es in Berlin neun Uhr abends. Was hatte er um diese Uhrzeit noch so Wichtiges vor? Na egal, ich machte mich gleich auf den Weg, um mir die Schlüssel von Mrs. Perkins zu holen. 

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