Kapitel • 3

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Nach dem ich meinen Einkauf verstaut und eine Kleinigkeit im Magen hatte, lockte mich das schöne Wetter zum Strand.
Lediglich mit einem kühlem Getränk und einem Strandtuch bewaffnet, ging ich runter zum Wasser.
Ich legte mein Tuch in den warmen Sand und ließ mich nieder. Ein paar Jugendliche spielten in der Nähe Volleyball. Ihre Stimmen schwappten zu mir herüber.
»Ich dachte du wärst besser in Form, Jake!« Ein junges Mädchen rannte den Strand entlang, hinter ihr her, ein junger Mann.
Sie taumelten ins Wasser, mitten in die Wellen hinein, alles endete mit einem kleinen Handgemenge und einem zärtlichen Kuss.
Gerade wollte ich weiter vor mich hin dösen, als etwas unsanft meinen Dämmerschlaf durchbrach und mit einem dumpfen Aufprall, neben mir landete. Ich erschrak, es war jedoch bloß der Volleyball.
»Sorry...!« Ein junges Mädchen, etwa 18 Jahre, kam zu mir rüber gejoggt.
»Ich wollte dich nicht erschrecken«, sagt sie und lachte mich an.
»Schon gut, ist ja nichts passiert.« Ich stand auf und nahm den Ball. Mit einem gekonnten Aufschlag ließ ich ihn in ihre Richtung sausen.
»Cool! Danke.« Sie nahm den Ball geschickt an. »Spielst du? Uns fehlt noch ein Mann.« Ich ging auf sie zu und klopfte mir den Sand von den Schenkeln.
»Klar, ich mach gern den vierten Mann, hab ja sonst nichts zu tun.«
»Klasse!« Sie streckte mir ihre Hand entgegen. »Ich bin Zoe, die da hinten sind Jake und Michelle, wir machen hier ein paar Tage Urlaub, bevor es zurück zur Uni geht.« Zoe war ein sehr hübsches Mädchen, ihre langen, blonden Haare hatte sie zum Zopf geflochten und ihre Augen waren so blau wie der Himmel über uns.
»Mia«, stellte ich mich ihr vor und schüttelte ihre Hand.
»Verbringst du hier auch deine Ferien?«, fragte sie. »Ja, so in der Art, ich habe ein paar freie Wochen und brauchte mal ein wenig Zeit für mich, zum Ausspannen, bevor es zurück in den stressigen Alltag geht.«
Zoe sah rüber zu den beiden Turteltauben, sie machten nicht den Eindruck, als ob sie noch Lust auf Ballsport hatten, stattdessen schlenderten sie Arm in Arm den Strand hinunter.
»Deine Freunde haben, glaube ich, keine Lust mehr zu spielen, wie es aussieht.« Etwas verlegen grinste Zoe mich an und zog entschuldigend die Schultern hoch.
»So ist das mit Verliebten, kaum auszuhalten«, schnaubte sie.
Eine Weile unterhielten wir uns noch, bevor ich mich dann verabschiedete.
»Also, man sieht sich sicher noch mal, Zoe«, sagte ich mit einem Handwink und drehte mich zum Gehen um.
»Mia, heute Abend steigt noch eine kleine Strandparty weiter vorne.« Sie zeigte mit dem Finger auf ein etwas weiter entferntes Haus. »Wenn du Lust hast, bist du herzlich eingeladen. Es kommen 'ne Menge lustiger Leute. Ich würde mich freuen.« Ich überlegte kurz, kam dann zu dem Entschluss, dass es keine schlechte Idee war. Etwas Party würde mir gut tun.
»Klar, ich komme gern, bis dann.« Ich winkte ihr und ging auf die Treppen zu, die zu meinem Strandhaus führten.

Zurück im Haus ging ich zuerst an meinen Koffer. Hoffentlich hatte ich was Passendes für eine heiße Strandparty dabei.
Ich entschied mich für das kurze, hellgelbe Kleid, das ich mir letzten Sommer in Berlin gekauft hatte. Dazu passende Flip-Flops. Gottseidank war meine Haut, dank der Dauerkarte des Solariums um die Ecke, bereits schon mit einem zarten Karamellton überzogen. Danke Ally, für dieses tolle Geburtstagsgeschenk, dachte ich mir grinsend.
Apropos Ally, ich sollte sie vielleicht mal anrufen, um ihr von meinem vielversprechenden ersten Tag hier zu erzählen.
Es klingelte ein paar Mal bis sie endlich abnahm.
»Hi, Süße! Na, bist du gut angekommen?«, wollte sie sich vergewissern.
Ich erzählte ihr alles, angefangen mit dem süßen Typen, der mir heute im Laden über den Weg gelaufen war, bis hin zur der Party, zu der ich eingeladen wurde.

Ich legte nicht zu viel Make-up auf und meine Haare hatte ich zu einem lockeren Seitenzopf gebunden. Ein paar Spritzer meines neuen Parfüms und es konnte losgehen.
Als ich runter zum Strand lief, konnte ich schon die laute Musik hören. Offensichtlich war die Party schon im vollen Gange.
Hoffentlich konnte ich Zoe überhaupt finden, in diesem ganzen Gedränge.
Einige Leute saßen draußen, um das lodernde Lagerfeuer herum.
Ich konnte Zoe nicht entdecken und ging weiter in Richtung Haus.
Auch dort konnte ich sie nicht finden.
Um nicht aufzufallen, nahm ich mir einen Becher Bier und trank einen großen Schluck. Suchend schlenderte ich durch das Getümmel und hielt Ausschau nach einem bekannten Gesicht.
Allerdings war es nicht das von Zoe, das mir ins Auge sprang. In meiner Magengrube fing es an zu flattern und mein Herz schlug mir bis zum Hals.
Konnte es wirklich sein, dass er es war?
Der süße Typ vom Lebensmittelmarkt?
Ich pirschte mich näher heran, um ihn besser in Augenschein nehmen zu können.
Tatsächlich, er war es. Um ihn herum eine Meute wilder Mädels, die alle an ihm herum tätschelten.
»Lust auf ein wenig Spaß, Süßer?«
Er lachte und lehnte freundlich aber bestimmt ab.
»Nein, danke. Lass mal gut sein. Entschuldigt bitte ... ich muss los.« Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war er heilfroh, den Mädchen entkommen zu sein.
Er war oberkörperfrei. Sicher kam er gerade aus dem Wasser, da ihm seine Hose klatschnass an den Oberschenkeln klebte. Ich musste hart schlucken, als meine Augen, an einer ziemlich intimen Stelle festklebten. Als ich mich dabei ertappte, wie ich ihm ungeniert auf seine braungebrannten Bauchmuskeln starrte, richtete ich rasch meinen Blick nach oben. Wobei unsere Augen plötzlich aufeinander trafen und ich merkte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss. In dem Moment wusste ich nicht wohin mit mir. Denn er kam jetzt genau in meine Richtung. Hoffentlich hatte er mich nicht dabei gesehen, wie ich seine muskelbepackten Regionen, unter die Lupe genommen hatte.
Warum sowas auch immer mir passieren musste, dachte ich und wäre am liebsten in einem Loch im Erdboden versunken.
Zum Glück hatte er mich nicht erkannt. Hastig wandte ich mich von ihm ab und lief eilig in Richtung Strand.
Doch plötzlich hörte ich Schritte im Sand, jemand lief mit ziemlichen Tempo hinter mir her.
»Hey du ... bleib mal kurz stehen!« Er war es! Was sollte ich jetzt tun?
Abrupt blieb ich stehen und drehte mich auf dem Absatz zu ihm um.
»Ach ... hallo. Du bist es also wirklich.« Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen musste mein Grinsen ziemlich bedeppert ausgesehen haben. Denn er sah mich schmunzelnd an.
»Wusste ich's doch. Die Lady, die ich beinah umgerannt habe.« Jetzt musste ich wirklich lachen.
»Ja, du hattest auf jeden Fall einen umwerfenden ersten Auftritt«, scherzte ich.
»Tja ... so bin ich. Einfach zum Niederknien«, konterte er selbstbewusst, was mir ziemlich gefiel. Oh man, und wie zum Niederknien er war!
»Was führt dich hier her?«, fragte er mich.
»Ach, weißt du. Ich crashe gerne mal Partys«, entgegnete ich ihm.
»Ahh, ich dachte schon du verfolgst mich.« Sein Lächeln brachte mich zum Schweigen, als mir seine nahezu perfekten, perlweißen Zähne auffielen.
»Mist, da stalke ich einmal in meinem Leben einen Kerl und schon werde ich erwischt«, wollte ich witzig klingen, doch offensichtlich scheiterte ich kläglich. Denn er sah nur grinsend über mich hinweg.
Wir unterhielten uns eine Weile am Lagerfeuer. Er war wirklich umwerfend - super süß und was mir sofort gefiel, er hatte Humor.
A.J. kam auch aus New York, was schon mal ein Pluspunkt war, dachte ich bei mir. Er war genau wie ich hier, um Urlaub zu machen.
Während er am erzählen war, musste ich mich beherrschen, um nicht zu begeistert auszusehen.
Er war wirklich sehr charmant und wortgewandt.
Sein unwiderstehlicher Duft, eine Mischung aus Sonnencreme und Meerwasser, waberte mir immer wieder in die Nase. Ob er wusste, wie er auf mich wirkte? Angestrengt versuchte ich ihm zuzuhören, doch mir gingen die dümmsten Gedanken durch den Kopf. Wie er wohl küsste? Seine geschwungenen Lippen waren der Wahnsinn!
Als ich mir diese Frage stellte, erwischte ich mich dabei, wie ich seinen Mund anstarrte. A.J. stoppte in seiner Erzählung und lächelte mich an.
»Alles in Ordnung, Mia? Langweile ich dich etwa? Du hast bis jetzt noch nicht einen Piep gesagt?« Er legte die Stirn in Falten und betrachtete mich eingängig.
»Nein, nein. Ich höre dir nur aufmerksam zu.« Versuchte ich mich herauszureden.
Was sollte ich ihm sonst sagen, dass ich angestarrt hatte, wei ich ihn gerne küssen würde, um einfach zu erfahren, wie es wäre?
O mein Gott bloß nicht! Eine leichte Panik überkam mich.
»Hast du Lust, auf einen kleinen Spaziergang am Strand?«, fragte er mich überraschend. Mein Atem setzte prompt aus und auf einmal fühlte ich mich nicht mehr wohl in meiner Haut.
»Also weißt du, ich glaube ich sollte jetzt besser gehen. Es war ein langer Tag heute.«
Gott, hatte ich das gerade wirklich gesagt?! Ein Traum von einem Mann stand hier und bat mich mit ihm einen Strandspaziergang zu machen und ich dumme Kuh, lehnte es wirklich ab!? Ally würde mich erwürgen, wenn sie davon erfahren würde.
»Stimmt, es ist schon ziemlich spät.«
»Auf jeden Fall, es hat mich echt gefreut, dich kennengelernt zu haben, A.J.«
Ich stand auf um zu gehen, als er urplötzlich meine Hand ergriff. Ein sanfter Schauer lief mir über den Körper. Seine Hand war kühl und er zog mich zurück in seine Richtung.
»Warte doch mal, wieso hast du es so verdammt eilig?« Sein Lächeln ließ mich unweigerlich dahin schmelzen. »Ich bringe dich nach Hause, okay?« Ich konnte mich nicht dagegen wehren und stimmte dem zu. Auf dem Weg zum Haus war er ziemlich still - nicht mehr so gesprächig, wie vor zehn Minuten noch.
Was wohl in seinem Kopf vorging?
Ich fragte mich, ob er mir nur den netten Typen von nebenan vorspielte, um bei mir zu landen. Zweifellos war er sehr attraktiv. Sicherlich bekam er immer das, was er wollte. Ob ich das im Moment war?
Langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen, um unsere gemeinsame Zeit noch etwas auszukosten.
»Wie lange bleibst du noch hier, bevor du wieder zurück nach Brooklyn fährst?«, wollte er wissen und sah mich durch seine langen, dunklen Wimpern an.
»Ich wollte eine Woche bleiben, bis nächsten Sonntag. Und du?«
»Ich weiß noch nicht. Das entscheide ich gerne spontan.« Sein Lächeln raubte mir den Atem. »Wie es mir gerade in den Sinn kommt«, fuhr er fort.
»Hast du keinen Job, der auf dich wartet?«
Er sah mich wieder schmunzelnd an.
»Doch, den habe ich. Aber sein eigener Chef zu sein, hat so seine Vorteile, weißt du.« Sein Grinsen wurde breiter.
»Na sieh mal einer an. Da hat jemand richtig Glück. Nicht wie wir anderen, die sich abmühen, um dem Chef alles recht zu machen.«
Ich hoffte, dass er mich nicht falsch verstehen würde.
»So, da wären wir.« Ich blieb am Treppenaufgang stehen, der hoch zum Haus führte, »... den Rest schaffe ich alleine. Danke, für den Begleitschutz.«
Er verneigte sich überschwänglich vor mir.
»Es war mir ein Vergnügen, Mia.«
Als er wieder aufrecht zum Stehen kam, sah er mir direkt in die Augen. Mit flüsternder Stimme fügte er an: »Ich hoffe auf ein baldiges Wiedersehen.« Er war mir plötzlich so nahe, dass ich seine Wärme spüren konnte und sein angenehmer Duft stieg mir in die Nase. In meinem Magen entstand unweigerlich ein Kribbeln. Langsam nahm er meine Hand in seine und alles in mir krampfte sich zusammen.
Er gab mir einen sanften Kuss auf den Handrücken und ließ mich wieder los.
»Gute Nacht, Mia.« Er ging ein paar Schritte rückwärts, »... ich glaube, wir werden uns wiedersehen. Ich habe da so ein Gefühl, weißt du.« Lachend drehte er sich um und verschwand in der Dunkelheit.

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