Nicht schon wieder eine Party

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Zuerst dachte ich, es wäre einmalig. Mir ging es schrecklich und ich brauchte es, etwas, jemanden, der mich ablenkt. Ablenkt von Jake.

Eine Woche, nachdem ich ihn mit Nicki erwischt habe, bin ich am Abend zu Jona nach Hause, um Nachhilfe zu geben.

Doch, als er nicht aufgehört hat zu flirten und seine Machokommentare abzulassen, tat ich es einfach. Ich küsste ihn.

Es war der einzige Ausweg, nicht mehr an Jake zu denken.

Es fühlt sich falsch an, ja.

Ich fühle mich schrecklich dabei, ja.

Doch es lenkt mich ab und das brauche ich.

Nur eine Stunde, in der ich meinen Gedanken nicht in die Fresse schlagen will.

"Polynomfunktionen?", fragt Jona, der gerade sein Mathebuch aufschlägt.

Ich nicke, mit meinen Gedanken bei etwas anderem. Bei jemand anderem.

Die Szene mit Jake schwebt mir im Kopf herum. Damals, als wir beim Ball draußen gestanden sind. Der Abend unter den Sternen oder dieser atemberaubende Kuss bei ihm zu Hause.

Jeder Kuss mit ihm war atemberaubend.

Nein.

Nicht schwärmen.

Sofort erinnere ich mich an ihn und Nicki.

Auf ihrem Bett.

Mein Herz fängt an schneller zu schlagen und am liebsten würde ich schreien. So laut ich kann.

"Also ist x 4 plus y.", rechnet Jona laut. Seine Hand ist an meinem Oberschenkel, am liebsten würde ich sie weg stoßen., so schlecht ist mir dabei. Doch so denke ich weniger an Jake und das ist gerade mein einziger Wunsch.

"Genau, siehst du, du kannst es."

Jona lächelt mich an und dreht sich zu mir.

"Nur weil du so gut erklären kannst."

"Wenn du meinst.", scherze ich.

Er wendet sich der nächsten Rechnung zu und knabbert an seinem Kugelschreiber. Eigentlich ist er ganz nett, doch meine Gefühle führ ihn sind nicht existent.

Nada.

Niente.

Keine Gefühle.

Außer manchmal fühle ich mich genervt, weil er so selbstverliebt ist. Wäre es legal, würde er sein Spiegelbild heiraten.

Nach der Nachhilfe fährt mich Jona nach Hause.

"Hör zu, heute ist diese Party bei Aaron .", fängt er an.

"Kein Problem, ich bin dort.", sage ich mit einem Lächeln.

Alles um mich abzulenken.

Alles um diesen doofen Briten aus meinem Kopf zu bekommen.

-

Wieso gehe ich in letzter Zeit auf so viele Partys? Eigentlich wollte ich das nicht, ich wollte brav sein und anders. Anders als ich früher war.

Ich stehe mal wieder vor meinem Spiegel und betrachte mich von oben bis unten. Da ich sowieso schon ein Charakter von O.C.California bin, habe ich mich dazu entschlossen, mich auch so zu kleiden.

I'm feeling sexy and free.

Like glitter is raining on me.

Singend gehe ich die Treppe runter. Mein Kleid ist schwarz und viel zu kurz, es ist eins meiner alten Kleider. Es ist zum Glück nicht zu auffällig, doch trotzdem fühle ich mich unwohl.

Was tust du nur Junia?

Das Klingeln meines Handys reißt mich aus meinem Gedanken.

Unbekannt.

Die Worte wirken drohend auf mich.

"Hallo?", sage ich ins Telefon, meine Stimme zittrig.

Es ist still.

Stille.

Noch immer still.

"Hallo?", frage ich nochmal, diesmal bestimmter.

"Weißt du, ich höre dich atmen und das macht mir ein bisschen angst.", füge ich hinzu.

Noch immer nichts.

Noch immer...

"June ich, ich muss dich sehen.", höre ich seine Stimme. Aus Schock sage ich gar nichts, ich nehme mein Handy fester in die Hand und drücke auf den roten Knopf.

Meine Finger zittern und mein Herz schlägt bis zum Himmel.

Wieso tut er das? Wieso tut er mir das an? Wieso macht er es mir so schwer ihn nicht zu vermissen?

So ein Idiot.

So ein verdammter Idiot.

Als mein Handy noch einmal läutet, sterbe ich fast an einem Herzinfarkt.

Nachricht an mich selbst: Einen Zettel schreiben, auf dem steht, dass falls ich an einem Infarkt sterbe, Jake schuld ist.

Jona Edwards, steht auf dem Display.

"Let the fun begin.", sage ich sarkastisch, als ich ihm sage, dass ich gleich bei ihm bin.

Wohl eher: let the hell begin.

-

Das Haus ist voll von Menschen, die ich noch nie gesehen habe.

"Die gehen alle auf unsre Schule?", frage ich Jona, der mich durch die Räume begleitet.

"Ich vergesse immer, dass du neu hier bist. Ja sind sie, zumindest fast alle."

Er drückt mir einen Plastikbecher in die Hand und ich nippe an dem süßen Getränk. Es schmeckt nach Preiselbeeren und Himbeeren.

Und Wodka.

Ganz viel Wodka.

"Der ist aber extrem stark."

"So gefällt er dir doch, Miss Scheinheilig.", ärgert er mich wieder. Er denkt wirklich er hat etwas erreicht, in dem er bewiesen hat, dass ich kein kleines, unschuldiges Mädchen mehr bin.

Ich bin 17, kein kleines Mädchen und auch keine Nonne. Das habe ich schon genug oft bewiesen. Da muss man nur Jake fragen.

Jake.

Allein bei dem Gedanken an ihn habe ich Schmetterlinge in meinem Bauch.

Verdammt Junia, was ist los mit dir?

Ich bin krank.

Psychisch krank.

Ich muss mich einweisen lassen.

Schnell trinke ich mein Getränk aus und nehme auch das von Jona.

Liebe Schmetterlinge, ihr werdet jetzt ermordet, war schön euch kennengelernt zu haben, doch ich werde euch nicht vermissen.

-

Mein erster Gedanke als ich aufwache war: "Aua."

Mein zweiter Gedanke war:"Ehrlich Junia, ein typischer Hangover - ich kann mich nicht mehr an gestern erinnern-Moment? Gehts noch vorhersehbarer?"

Langsam öffne ich meine Augen, das Sonnenlicht bereitet mir Schmerzen, mein Kopf explodiert halb.
Erleichtert atme ich auf, als ich mich in meinem Zimmer wieder finde.

Doch weitere Fragen bleiben offen:

Was ist gestern passiert?

Was habe ich getan?

Wieso habe ich einen blauen Fleck am Arm?

Und am wichtigsten,

WIE ZUR HÖLLE BIN ICH NACH HAUSE GEKOMMEN?

Die NeueWhere stories live. Discover now