24. Kapitel

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Am nächsten Morgen wachte ich etwas verwirrt auf. Zuerst wusste ich nicht wo ich war, doch dann kam die Erinnerung zurück. Im Hellen sah das Zimmer noch schöner aus, als abends. Durch die Fensterfront konnte ich nun auf den angrenzenden Balkon gucken. Auch dieser war mit Blumentöpfen und Pflanzen bestückt. Ich sprang aus dem Bett und ging zu der Glastür. Dann trat ich hinaus in die schon längst aufgegangen Sonne. Die Luft war frisch und kühl. Direkt unter mir konnte ich den Garten sehen. Dort stand, verbunden mit einer der Terrassen ein großes blaues Wasserbecken. Es war künstlich angelegt worden und erinnerte mich an die Becken von einem Schwimmbad von früher, wo ich als Kind manchmal gewesen war. Der weitergehende Garten grenzte an einen Wald.

Ich ging wieder hinein und ins Bad. Dort lagen noch meine Klamotten von gestern. Doch diese waren dreckig und vorerst nicht mehr zu gebrauchen. Neugierig ging ich zu dem großen Kleiderschrank. Er war gefüllt mit sehr vielen Kleidungsstücken. Die Stoffe waren mir zwar unbekannt, doch die Schnitte ähnelten meiner alten Kleidung. Also nahm ich mir eine schwarze, enganliegende Hose heraus und einen dunkelroten fast lilafarbenen Wollpullover mit V-Ausschnitt und Zopfnähten am Kragen. Ich begutachtete mich im Spiegel und befand die Auswahl als in Ordnung. Damit konnte man im Ernstfall auch noch kämpfen. Dann schallte ich mir meine Dolche um die Handgelenke und versteckte sie unter den langen Ärmeln des Pullis. Meine anderen Waffen ließ ich unberührt. Ich wollte nicht unhöflich erscheinen und mit zu vielen offensichtlich getragenen Waffen durch das Haus laufen. Dann ging ich ins Bad. Dort suchte ich nach etwas bandartigem, womit ich meine langen Haare bändigen konnte. Ich flocht mir eine nur halboffene Frisur, weil ich nicht davon ausging, heute noch kämpfen zu müssen. Ich ging wieder zurück ins Schlafzimmer. Meine Haare fielen mir in Wellen den Rücken hinunter bis zu meinem Hintern und begannen mich jetzt schon zu nerven. Kurz überlegte ich sie so zu lassen, entschied mich aber dagegen und machte mir doch einen Zopf.

Die Tage vergingen und ich lernte die neumodischen Dinge wieder kennen. Auch im Haus fand ich mich langsam zurecht, ebenso wie im Garten. Ich lernte alle Pferde kennen. Insgesamt waren es elf. Besonders ein schwarzgrauer Hengst namens Shadow hatte es mir angetan. Ich durfte ihn zwar nicht reiten, denn die Jungs sagten er wäre zu wild, doch ich sah in ihm einfach einen starken Charakter. Aber auch alle anderen waren ausgesprochen hübsch und hatten etwas an sich.

Meine Tage verbrachte ich damit herumzustromern und die Umgebung zu erkunden. Manchmal zu Pferd und manchmal zu Fuß. Öfters kam auch Tarek mit. Er war wirklich nett und kümmerte sich, soweit es seine Zeit zuließ, um mich.

Drake bekam ich nicht sehr oft zu Gesicht. Er war in seinem Zimmer oder auch einfach gar nicht da. Als ich seinen Bruder danach fragte, was er denn so trieb, blitzten seine Augen nur kurz auf, dann jedoch wimmelte er mich damit ab, dass es beruflich sei.

Ich hatte herausgefunden, dass die Brüder jeden Tag entweder zusammen oder alleine trainierten. Beide waren gut. Sie beherrschten viele der Waffen und waren schnell und stark. Auch ich hielt mich in Form und trainierte jeden Tag. Jedoch achtete ich darauf, dass sie mich nicht dabei sahen. Sie musste nicht unbedingt wissen, was ich so trieb. Es konnte nie schaden, wenn der potentielle Gegner einen unterschätzte. Ich sah die beiden zwar nicht als meine Feinde, zum Teil weil es Zens Freunde waren, zum Teil aber auch, weil ich sie auf den ersten Blick als vertrauenswürdig empfand. Ich blieb aber trotzdem achtsam, was ich sagte und tat, da sie ja noch nicht die ganze Wahrheit über mich wussten. Irgendwann würde ich es ihnen jedoch erzählen müssen. Denn wenn Samuels Heere hier anrückten, würde ich in Erklärungsnot kommen.

Ich fragte mich, welche Verbindungen die Brüder zu Zen oder Samuel hatten. Denn in der normalen Welt lernte man nicht mehr so zu kämpfen. Das kam aus dem Mittelalter. Heutzutage kämpfte man mit Kampfjets, Atombomben und Maschinengewehren. Nicht mit Schwertern und Bögen. Das wusste ich aus den Nachrichten die manchmal im Wohnzimmer liefen.

Also musste es einen Kontakt zu meiner Welt geben. Ich hatte jedoch noch nicht herausgefunden was die beiden beruflich oder generell machten, was ihr spezielles Training und Wissen rechtfertigte.

Der Segen der ZeitWhere stories live. Discover now