Kapitel 20

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Nica

Der Wind wehte durch mein offenes Haar und ich schloss für einen Moment die Augen. Das Boot preschte durch das Wasser und hoch oben über uns zogen die Möwen ihre Kreise. Ians Arm lag locker über meiner linken Schulter und übte gerade genug Druck aus, damit ich an seine Seite gedrückt wurde. Ich fühlte mich rundum geborgen. Ich war genau da wo ich sein wollte: auf dem Meer und umgeben von Leuten die ich liebte. Okay, so ganz konnte ich das von Fynnia noch nicht sagen, aber sie war mir schon jetzt sehr sympathisch. Die Chancen standen gut, dass wir sehr gute Freundinnen werden konnten.

Oder auch mehr, wie es aussah. Seit unserer ersten Begegnung vor dem Haus, in dem Ian eine Ferienwohnung bewohnte, schien David äußerst angetan von der zierlichen Brünetten zu sein. Seit dem ersten Blickkontakt, dem ersten Wortwechsel, schienen die Funken zwischen den beiden hin und her zu springen. Während der gesamtem Fahrt nach Rockingham, bei der Ian und seine kleine Schwester auf der Rückbank saßen, hatten Davids Augen förmlich am Rückspiegel geklebt. Immer wieder hatte ich seinen rechten Oberschenkel angestubst, um ihn daran zu erinnern, dass er der Fahrer war und sein Blick auf die Straße gehörte. Auf dem Boot saßen sie nebeneinander, die Köpfe fast durchgehend zusammengesteckt, um sich unterhalten zu können. Ian und ich wurden fast komplett ignoriert, fast so als wären wir gar nicht anwesend.

„Wetten, dass wir Davids volle Aufmerksamkeit auf uns ziehen, wenn wir anfangen rumzuknutschen", flüsterte Ian mir ins Ohr und spielte mit einer Strähne meines Haars.

Ich musste lächeln, denn er hatte recht. Mein Bruder hatte mir ja gesagt, dass er nicht tatenlos zusehen würde, wenn Ian über mich herfiel. Vielleicht wäre das eine witzige Idee um seine Aufmerksamkeit zu erregen und um zu sehen, wie er in Gegenwart seiner neuen Freundin reagierte. Ich wandte den Kopf und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Wenn all die anderen Leute an Bord nicht wären, wäre ich sofort einverstanden", gab ich zurück, „aber ich will nicht unbedingt auffallen, immerhin hat die Tour gerade erst begonnen und wir müssen es noch eine Weile mit ihnen aushalten." Aufmunternd legte ich meine rechte Hand auf seinen linken Oberschenkel, um diesen aufmunternd zu drücken, wobei ich all die Muskeln spürte, die leicht angespannt waren. Das erinnerte mich wieder daran, wie fit er von Kopf bis Fuß war. Wie gut es sich angefühlt hatte, dass Zucken seiner Muskeln unter meinen Fingerspitzen zu spüren.

Leise knurrend gab Ian mir recht und zog mich noch enger an sich. „Aber sobald wir wieder festen Boden unter den Füßen haben garantiere ich für nichts mehr. Dafür habe ich deinen sündigen Mund einfach zu sehr vermisst." Seine Stimme war rau und verheißungsvoll und sorgte dafür, dass ein wohliger Schauer meine Wirbelsäule hinabrann.

Er hatte ja keine Ahnung, wie sehr auch ich seinen Mund vermisst hatte. Der Gedanke an seine weichen Lippen, die langsam über meine Haut glitten, hatten mir jeden Abend beim Einschlafen geholfen und mich in der letzten Nacht auch in meinem Traum heimgesucht. Am Morgen war ich mit harten Brustwarzen und einem Kribbeln zwischen den Beinen wach geworden. Beim Aufstehen hatte ich Angst davor gehabt, dass David mir erzählen würde, wie ich in der Nacht gestöhnt oder unaufhörlich Ians Namen gesagt hatte, denn ich hatte sehr intensiv von ihm geträumt. Einen sehr heißer Traum war das gewesen. Ein Traum bei denen ich normalerweise vor Scham im Erdboden versunken wäre. Zum Glück hatte David nie ein Wort gesagt. Auch wenn es nur wenige Tage gewesen waren, an denen wir uns nicht gesehen hatten, war mein Körper süchtig nach ihm, sehnte sich nach jeder noch so kleinen oder flüchtigen Berührung. War das nicht erbärmlich? Wie konnte man schon nach so kurzer Zeit süchtig nach jemandem sein?

„Ich werde mich sicher nicht wehren", gab ich leise zurück und lächelte ihn an.

Ian beugte sich leicht runter und drückte seine Lippen für einen kurzen sanften Kuss auf meine. „Jegliche Gegenwehr wird sowieso zwecklos sein", murmelte er an meinen Lippen.

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