Dumbledores Idee [2/2]

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Nach dem Ausbruch herrschte zunächst Stille in dem Raum. Dracos Gedanken rasten. In der Bibliothek, nachdem sie das Buch über den Trank gefunden hatten, hatte er Hermine noch gesagt, dass er für den Rest seines Lebens mir ihr zusammenbleiben wollte. Aber heute Morgen hatte er auch noch geglaubt es würde einen Ausweg geben. War das wirklich erst wenige Stunden her gewesen? Seitdem hatten die Lehrer alle seine heimlich gehegten Hoffungen brutal zerstört. Draco fühlte sich, als wäre er plötzlich um Jahre gealtert.

»Sie können sich nicht im Entferntesten vorstellen, wie es mir geht«, presste er hervor. Etwas drückte ihm die Luft ab, drängte ihn dazu, fluchtartig den Raum zu verlassen.

Draußen ging er gebeugt bis zum Ende des Ganges. Dort lehnte er sich an die Wand und wartete auf Granger. Er musste sie sehen, bevor er zurück in seinen Gemeinschaftsraum ging. Seine Magenschmerzen hatten schon wieder ein Niveau erreicht, von dem er wusste, dass er so keinesfalls die ganze Nacht durchstehen könnte.


Er rutschte an der Wand entlang nach unten und vergrub seine Hände in den Haaren. Was Draco am meisten zu schaffen machte, war die Angst vor seinem Vater. Wie sollte er Lucius erklären, dass sein Sohn sich durch eigene Dummheit und eine Verkettung unglücklicher Umstände ausgerechnet an Hermine Granger gebunden hatte?

Wenn es wenigstens eine reinblütige Hexe gewesen wäre. Sogleich tauchte Pansys breites Gesicht vor ihm auf. Er schloss die Augen und versuchte das Bild zu vertreiben. Es hätte ja auch eine aus einem anderen Haus sein können. Luna Lovegood erschien in seiner Einbildung. Draco stöhnte. Von Hermine würde er wenigstens keine abgedrehten Theorien zu hören bekommen. Gab es denn kein intelligentes, temperamentvolles und zugleich nettes Mädchen mit reinem Blut in Hogwarts?

Ginevra Weasley, schoss es ihm durch den Kopf. Er riss entsetzt die Augen auf. Eine Blutsverräterin war für seinen Vater sicherlich noch weit schlimmer, als eine talentierte muggelstämmige Hexe. Doch durch Hermine wurde er selbst zum Verräter an den Werten seiner Vorfahren, auch wenn das für Draco beinahe ohne Belang war. Wenn er etwas durch diesen Krieg gelernt hatte, dann die Tatsache zu akzeptieren, dass alle Menschen gleich waren, zumindest sofern sie magische Fähigkeiten besaßen. Ohne Hermine Granger und ihre Freunde würde heute der Dunkle Lord über die Zaubererwelt herrschen.

Doch sein Vater klammerte sich an den alten Werten fest, wenn er sich auch öffentlich mit seiner wahren Meinung zurück hielt.

Bis zu den Osterferien musste Draco sich eine Strategie überlegen. Er konnte schlecht gemeinsam mit Hermine Granger an der Hand plötzlich im Manor auftauchen. Die Ferien bei ihr zu verbringen, erschien ihm jedoch auch keine Option. Sicherlich verbrachte sie diese Zeit mit Weasley und Potter.

Draco verzog den Mund. Seine Magenschmerzen nahmen stetig zu. Er wusste, er hätte Hermine weder beleidigen, noch bei ihrem Nachnamen nennen dürfen, doch sein Temperament war schlichtweg mit ihm durchgegangen.

Ihr dürfte es allerdings auch nicht gerade blendend gehen. Schließlich hatte sie ihn ebenfalls angegriffen. Leidlich akzeptables Aussehen, Draco schnaubte empört. Sie wollte ihn doch wohl nicht ernsthaft glauben machen, sie fände Ronald Weasley attraktiv.

Draco lehnte den Kopf an die Wand und stützte die Arme auf den angezogenen Beinen ab. Wo blieb die Gryffindor nur? Ungeduldig starrte er auf die Tür, die sich gerade öffnete. Hermine trat heraus und ließ das Fläschchen mitsamt dem Zettel in ihrer Rocktasche verschwinden. Sie reichte Slughorn die Hand, der sogleich hinter ihr die Tür schloss. Hermine drehte sich um und rieb sich über den Magen. Sie stutzte sichtlich, als sie Draco erblickte. Er versuchte in ihrem Gesicht die Empfindungen abzulesen. War da ein Hauch von Erleichterung zu sehen, weil er auf sie gewartet hatte und sie sich jetzt gegenseitig von den Schmerzen befreien konnten? Dass sie welche hatte erkannte er ganz deutlich.

Zögernd blieb sie vor ihm stehen. Ihre Lippen zitterten und ihre Augen schimmerten feucht. Draco stand auf. Er trat einen Schritt auf sie zu und stand nun so dicht vor ihr, dass er ihr Parfüm riechen konnte. Blumig und ganz dezent, dachte er. Der Duft passte zu ihrem Wesen.

Er schluckte. Wie von selbst hoben sich seine Hände. Draco strich Hermine zunächst über das Haar. Dann streichelten seine Finger ihre Wangen. Ihre Haut war so warm und weich, ihre Lippen voll und schienen ihn aufzufordern, sich zu ihnen hinabzubeugen und sie zu erobern.


Zu seiner grenzenlosen Verwirrung bemerkte er, wie sie sich leicht öffneten und ihre Zunge sacht darüber leckte. Sogleich fühlte er ihre Hände, die sich um seine Taille legten, und einen leichten Druck ausübten.

Ihre Augen wirkten fast schwarz in dem dämmrigen Korridor, der nur durch eine Fackel beleuchtet war. Sie presste sich an ihn, während ihre Hände über seinen Rücken fuhren, wandte ihr Gesicht jedoch ab.

Mit einer Hand strich Draco Hermines Haar nach hinten und legte ihre linke Halsseite frei. Wie unter Zwang senkte er den Kopf. Seine Lippen berührten sacht die empfindliche Haut hinter dem Ohrläppchen.

Hermine gab ein leises Stöhnen von sich, was bei Draco sofort ein Ziehen unterhalb der Gürtellinie auslöste. Sein Mund wanderte über ihren Hals, drückte leichte Küsse auf ihre warme Haut und seine Nase sog tief den verführerischen Duft ein. Er wollte mehr davon, viel mehr.

Hermine bog den Kopf nach hinten und stemmte ihre Hände gegen seine Schultern. »Draco, warte noch«, flüsterte sie erstickt.

Er löste sich von ihr. Überrascht stellte er fest, dass er völlig ausgeblendet hatte, wen er gerade im Begriff gewesen war zu küssen. Seine Erregung fiel in sich zusammen. Aber es hatte gewirkt, seine Bauchschmerzen hatten sich verflüchtigt.

Vor lauter Scham traute er sich zunächst nicht, ihr in die Augen zu sehen. Draco schluckte und ließ seinen Blick unruhig durch den Korridor schweifen.

Nicht auszudenken, wenn ihn jemand dabei gesehen hätte. Der Gemeinschaftsraum der Slytherins war ganz in der Nähe. Auch wenn es schon spät war, so bestand doch die latente Gefahr entdeckt zu werden.

Er sah, wie die Gryffindor ihre Hände verknotete. »Ich ...«, setzte sie an und verstummte.

Draco wartete. Hermine räusperte sich und versuchte es erneut. »Ich gehe dann mal in meine Räume. So schnell werden wir den Trank sicherlich nicht brauchen.«

Sie stockte erneut und Draco schaffte es lediglich zustimmend zu nicken.

»Also dann, Draco, gute Nacht, wir sehen uns.«

»Wird sich wohl nicht vermeiden lassen«, rutschte es ihm heraus. Verdammt, rief er sich zur Ordnung. Sei nett zu ihr, wenn du nicht wieder Magenschmerzen haben willst. »Das sollte ein Scherz sein«, ergänzte er deshalb schnell. »Ehrlich Hermine, wenn es schon eine sein musste, dann hätte es mich wesentlich schlimmer treffen können.«

Jetzt sah sie wirklich überrascht aus. »Was gibt es in deinen Augen Schlimmeres als eine muggelstämmige Hexe?«

»Eine steindumme Hexe«, erwiderte er ohne mit der Wimper zu zucken.

Die Gryffindor kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe herum. Sie schien abzuwägen, ob das tatsächlich die Wahrheit sein konnte. Offenbar kam sie zu keinem Ergebnis, denn sie zuckte mit den Schultern und wandte sich ab.

»Schlaf schön«, rief Draco ihr nach. Er vernahm ein geflüstertes »Du auch«, ehe die Gryffindor um die Ecke des Korridors bog.


Hermine verbrachte eine unruhige Nacht. Immer wieder schreckte sie aus wirren Träumen hoch. Erneut fühlte sie Dracos Lippen ihren Hals hinabwandern, spürte die Erregung, die seine Berührungen in ihr ausgelöst hatten.

Sie wusste natürlich, dass es ausschließlich auf den Trank zurückzuführen war, dass sie so auf ihn reagierte. Dennoch war ein Teil in ihr – ein winzig kleiner Teil selbstverständlich – fasziniert von den Gefühlen, die der Slytherin in ihr auslöste. Noch nicht einmal annähernd hatte sie je ähnliches empfunden. Obwohl ihr Kopf Draco Malfoy weiterhin ablehnte, wurde ihr Körper von ihm angezogen.

Hermine warf sich auf die andere Seite und starrte in die Dunkelheit. In der Schublade ihres Schreibtisches hatte sie die Phiole mit dem Verhütungstrank unter einigen Ersatzfedern versteckt.

Die Gryffindor spürte wie sie errötete, obgleich niemand sie sehen konnte. Ihr wurde ganz schlecht bei dem Gedanken an Professor Slughorns Worte und daran, dass die irgendwann mit Draco Malfoy ...

Sie stöhnte und presste ihr Gesicht in das Kopfkissen. Nicht auszudenken, was wohl Harry und Ginny sagen werden. Hermine schluckte und stand auf.

Im Dunkeln tastete sie sich bis zum Badezimmer und trank einen Schluck Wasser. Sie würde es ihren Freunden bald beichten müssen, denn lange würde sie den Schlamassel nicht vor ihnen verbergen können.

Hermine spritzte sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht und seufzte. Sie schleppte sich zurück ins Bett und irgendwann schlief die tatsächlich ein.

 


Unstillbares VerlangenWhere stories live. Discover now