Das, in dem ihn die Erkenntnis trifft

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„Was soll ich tun?"

Nochmals wurden ihm die Tanzschritte gezeigt, die er in wenigen Stunden auf der Bühne präsentieren würde.

Nochmals versuchte er es zu wiederholen.

Nochmals scheiterte er.

Ein Seufzen verließ seine Lippen und er fuhr sich durch die Haare. „Ich pack das nicht", stieß er hervor und legte den Kopf in den Nacken. Tief atmete er durch und knetete sich den Nacken.

„Im Studio hat es auch funktioniert. Du denkst einfach zu viel, Liam." Die Stimme von Peter riss ihn aus seiner Verzweiflung. „Du kannst es", beschwor der Schwarzhaarige Liam, der nur schwach nicken konnte, ehe er den Kopf schüttelte. „Nein", widersprach er, woraufhin Peter grinste. „Wenn man dich so ansieht, könnte man meinen, dass du noch nie auf der Bühne gestanden hast."

Liam räusperte sich. „Zumindest noch nie alleine und noch nie um zu tanzen."

Peter verdrehte die Augen. „Stell dir einfach vor, du wärst da ganz alleine im Studio."

„Toller Tipp. Funktioniert nur nicht", brummte Liam, denn genau mit diesem Gedanken würde er sich dem Publikum nur noch bewusster werden.

Es war sein erster Fernsehauftritt - allein. Neben einigen Sekunden auf der Couch von Graham Norton, würde er auch Singen – und Tanzen. Zu Zeiten der Band stand es außer Frage, dass sie jemals eine Choreographie einstudierten und tanzten wie es viele Boybands vor ihnen getan hatten. Es sprach gegen eines ihrer Grundgesetze, die sie in der Band hatten: niemals einen Gruppentanz aufführen.

Nun aber, schien sich irgendjemand in den Kopf gesetzt zu haben, dass es nicht cool genug war, wenn Liam steif in der Mitte stand, während um ihn herum Tänzer wirbelten. Er hatte sich überreden lassen und eigentlich fand er es ganz gut, denn er bewegte sich gerne.

Aber mittlerweile fragte er sich, was ihn bei dieser Entscheidung geritten hatte. Sein Blick huschte zu Peter, der ihn aufmunternd ansah. „Versuchen wir es noch einmal langsam."

Schwach nickte Liam, nahm Aufstellung und die ersten Töne von „Strip that down" erklangen. Er kämpfte sich durch die drei Minuten und am Ende warf er Peter einen verzweifelten Blick zu.

„Na ja... die Generalprobe muss schief gehen", sagte dieser zuversichtlich, was jedoch dafür sorgte, dass Liams Herz in die Hose rutschte. „Mach eine Pause und wir sehen uns später." Peter klopfte Liam aufmunternd auf die Schulter und ließ ihn in dem kleinen Tanzstudio alleine.

Tief atmete Liam durch, griff nach der Wasserflasche und trank einige Züge daraus. Er setzte die Flasche ab, angelte nach seinem Handy nur um festzustellen, dass Jules sich nicht gemeldet hatte.

Seit der Rückreise aus Schweden, hatte er sie nur noch kurz gesehen. Eine Möglichkeit mit ihr unter vier Augen zu sprechen hatte es nie gegeben, denn wenn nicht Andy in der Nähe war, dann war es Mila. Sie erfand Ausreden und schließlich sagte sie ihm für den heutigen Abend ab.

Dabei hätte er sie gebraucht.

Er schüttelte den Kopf, raffte seine Sachen zusammen und verließ das Studio um für die nächsten Stunden den Kopf freizubekommen. Zu seinem Glück befand sich in dem Tanzstudio ein Raum, der für Krafttraining genutzt wurde und so konnte er dort seine überschüssige Energie und seinen Frust über seine momentane Situation auslassen.

Mit schmerzenden Muskeln, aber ausgepowert und mit einem leeren Kopf, wurde er schließlich zum Fernsehstudio gefahren, wo er direkt in die Maske manövriert wurde. Er ließ sich frisieren und schminken, tippte nebenher auf seinem Handy herum und stieß tiefe Seufzer aus.

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