„Du Arschloch", stieß sie leise hervor.
Liams Kopf schoss in die Höhe und aus großen Augen sah er sie an.
Sie hatte eigentlich nicht lauschen wollen, aber auf dem Weg in die Küche war ihr Name gefallen und ihre Füße waren automatisch stehen geblieben. Keinen Zentimeter hatte sie sich vorwärts bewegen können. Sie musste hören, was Liam sagte.
Dass Liam so vehement bestritt, dass er etwas für sie empfand und sich dabei so gegensätzlich verhielt, schmerzte. Es gab so viele Gesten und Worte, die zeigten, dass sie ihm nicht egal war. Am meisten klammerte sie sich an seine Worte, dass er wünschte sie wäre seine Freundin, daran dass sie sein Anker sei und er sie bräuchte. All die kleinen Andeutungen. Er wollte sie küssen. Sie hatten miteinander geschlafen. Es war so viel zwischen ihnen passiert und sie konnte nicht glauben, dass er nichts für sie empfand.
Dabei wusste er genau, was sie für ihn empfand. Sie hatte es versucht ihm deutlich zumachen. So oft und er hatte sie immer wieder von sich gestoßen.
Aber vielleicht sprach er auch die Wahrheit und hegte keinerlei romantische Gefühle für sie. Vielleicht behandelte er all seine weiblichen Freunde so – eine schale Ausrede um sein Verhalten zu begründen. Aber falls dem so war, warum hatte er ihr immer wieder Hoffnungen gemacht?
Langsam wich sie erst einen Schritt zurück, dann noch einen, ehe sie sich umdrehte und versuchte würdevoll davon zu gehen. Sie konnte Andy laut schimpfen hören, als sie in ihr Zimmer verschwand, wo sie sich auf das Bett hockte. Ihr Blick war starr auf die Wand gerichtet. Nachdem Andy noch einige Minuten herumgebrüllt hatte, fiel die Haustür lautstark ins Schloss und wenig später lag sie in Andys Armen. Aber sie war nicht traurig. Sie fühlte sich einfach nur leer und ausgelaugt. Es gab keine Tränen mehr, die sie Liam nachweinen konnte. Wozu? Es hatte doch keinen Sinn und half ihr nicht weiter.
Sanft löste sie sich von Andy und sah ihn an. „Fährst du mich zu Mila? Ich darf mir heute das Studio ansehen." Andy betrachtete sie und nickte schwach. Zweifel lag in seinen Augen, aber er sagte kein Wort, wofür sie ihm dankbar war. „Klar. In zwei Sekunden können wir los."
Sie konnte den besorgten Blick auf sich spüren. Er wollte etwas sagen, aber sie schüttelte den Kopf, bat ihn stumm ruhig zu bleiben und alles herunter zu schlucken was ihm auf der Zunge lag. Sie brauchte kein Mitleid. Es ging ihr gut. Sie musste lernen abzuschließen und einzusehen, dass Liam immer außerhalb ihrer Reichweite war.
Schweigend saß sie neben ihm im Wagen und lauschte der Musik, die aus den Boxen drang. Das Studio lag außerhalb Londons, in einem ruhigen Randbezirk. Jules lächelte beim Anblick des weiß getünchten Hauses und drehte sich kurz zu Andy. „Willst du mit rein?" Aber da war er schon ausgestiegen und gemeinsam liefen sie auf das Haus zu. Ihre Ankunft war nicht unbemerkt geblieben, denn Mila stand schon in der Tür.
„Jules! Wie schön, dass du da bist."
Jules drückte Mila zur Begrüßung kurz an sich, ehe sie Andy vorstellte. Nach einer Tasse Tee folgte die Führung durch das Studio und Jules verliebte sich sofort in die Räumlichkeiten. Es war nicht groß, sondern gemütlich und klein. In jedem Raum war die Liebe zu spüren, die Mila für ihre Arbeit empfand. Großformatige Fotografien hingen an den Wänden und zeigten die besonderen Momente, die Mila eingefangen hatte.
„Gefallen sie dir?", erkundigte Mila sich als sie vor einer Fotografie standen, die das Meer zeigte. Jules nickte schwach. „Ich liebe sie."
Leise lachte Mila. „Ich glaube, dann ist das der richtige Ort für dich. Hast du es dir überlegt?"
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Changing Directions
FanfictionIn Köln. Zurück in ihrem alten Leben muss Jules erkennen, dass sie mehr zurückgelassen hat, als ihr lieb ist und sie diesmal niemanden hat, der ihr den Rücken stärkt. In Los Angeles. Zurück auf der Bühne muss Liam erkennen, dass sein Traum m...