enge

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wenn ich sage, dass ich mich in meinem körper nie wohlgefühlt habe, dann scheint es für niemanden ein seltenes oder besonderes phänomen zu sein. manche werden mir zustimmen und andere genervt die augen verdrehen, weil sie diese oberflächlichkeit satt haben. ganz verallgemeinert jedoch geht es sehr vielen personen so. die dafür möglichen gründe möchte ich an dieser stelle nicht nennen, weil ich es leid bin mich über das idealbild des menschens, welches die medien und die sich davon ernährende gesellschaft erschaffen und raffiniert in die denkströme der meisten menschen eingebracht haben, auszulassen.
dass ich mich in meinem körper nicht wohl fühle, hat nichts damit zu tun, wie er aussieht, wie er geschaffen ist, welche proportionen oder welche hautfarbe er gar hat. das alles scheinen mir auch völlig irrelevante dinge zu sein, wenn ich bedenke wozu mein körper eigentlich da ist. außer den offenkundigen gründen, gibt es da nämlich noch eine mir sehr wichtige funktion.
dass mein körper mein ganzes "ich" in sich trägt und das mit aller kraft, weil die schwere meiner persönlichkeit eine last ist, sollte größeren vorrang haben, als das aussehen dieser "persönlichkeits-hülle". für mich hat auch genau das einen höheren stellenwert und ist der grund meines leidens.
ich leide, weil ich mich in meinem körper nicht wohl fühle. er ist zu klein, zu schwach und nicht dafür gemacht mich in sich zu halten. vieles von mir ist verloren gegangen. ich weiß nicht wo ich diese teile meines ich's finden soll, doch wenn ich sie finden würde, dann wäre da in mir ohnehin kein platz.
ich bin überfüllt und leer, zu viel von dem, was ich behalten habe und viel zu wenig von dem was verloren gegangen ist und auch all das, was ich noch nicht entdeckt habe.
ich leide, denn ich drohe zu platzen.
ich leide, denn ich drohe an der leere in mir einzugehen.
an manchen tagen fahre ich aus meiner haut und an anderen tagen verstecke ich mich hinter diese. wenn ich vor wut die tränen unterdrücke, spüre ich wie mein inneres nach außen möchte. jedes mal verbiete ich es. und dann vergrößert sich das innere immer mehr und mehr, sucht sich winzige plätze in mir die noch frei sind, füllt lücken die für anderes bestimmt sind und lässt mich von außen bluten.
ob ich angst habe zu verbluten?
nein.
mein inneres hält mich zusammen.

graphitblumenWhere stories live. Discover now