Kapitel 15

541 21 13
                                    

Sobald wir in seinem Wohnzimmer standen zeigte Levi auf die Treppe. Ich verstand sofort und ging nach oben, um meine Tasche in seinem Schlafzimmer abzustellen. Ich war zwar noch nie in seinem Schlafzimmer gewesen, aber durch logisches ausscheiden der anderen Räume konnte ich es determinieren.

Ich war überrascht, als ich eintrat. Im Gegensatz zu all den anderen Räumen, war dieser nicht in einem schlichten weiß, schwarz, grau Stil möbliert, der einem Ikeamagazin entsprungen sein könnte, sondern sehr persönlich eingerichtet. Die Wände waren zwar weiß, aber übersäht mit Fotos, bunten Plakaten und sogar Notenblättern. Ein einsamer dunkelbrauner Schrank stand an der hinteren Seite gegenüber dem Bett. Sehr spartanisch eingerichtet. Der Bettrahmen war genau wie der Schrank aus massivem Holz, dunkel und alt. Die Bettdecke war dunkelblau und sah sehr weich aus. Als ich den Blick nach oben wendete wurde ich überrascht. Die Decke war schwarz angemalt und überzogen mit einem Sternenhimmel, der der Milchstraße ähnlich sah. Ich atmete einmal tief durch die Nase ein und nahm den sanften Geruch von Waschmittel in mir auf. Der helle Parkettboden wärmte sich durch meine Socken und machte das Zimmer einladend und gemütlich.

Nachdem ich das Zimmer eingehend betrachtet hatte, legte ich meine Tasche neben dem Bett ab und ging wieder auf den Flur. Der Gedanke, dass das Schlafzimmer ausschließlich fürs Schlafen gedacht war befremdete mich. Aber ich hatte ja auch kein eigenes Haus.

Ich blieb kurz an der untersten Stufe stehen, suchte Levi und gesellte mich dann zu ihm an die Küchentheke. Ich lehnte mich an den Esstisch und schaute seinen Rücken an.

Er drehte seinen Kopf, um mich über seine Schulter hinweg anzuschauen.

„Und? Gefällts dir?"

Ich nickte und lächelte. Er nickte zurück und wendete sich wieder den Teetassen zu. Ich beobachtete, wie er mit präzisen Bewegungen das Teesieb herausholte und das getrocknete Zeug reintat. Als das Wasser aufgesetzt war drehte er sich zu mir und lehnte sich an die Theke. Die stürmischen Augen suchten meine und starrten unablässig in sie hinein, wie um einen Blick auf meine Seele erhaschen zu wollen.

Ich lächelte leicht, was seine eingefrorenen Gesichtszüge ein wenig auftauen ließ. Dann senkte er leicht den Kopf, ohne den Blickkontakt zu verlieren und ich lächelte noch breiter. Sein Mundwinkel zuckte ein wenig. Das war mir genug, ich wusste ja, dass er innerlich lächelte.

Das Wasser hinter ihm blubberte und er konzentrierte sich wieder auf die Teezubereitung. Sobald er mir den Rücken zugewandt hatte, gefror mein Lächeln auf meinem Gesicht und machte Platz für einen melancholischeren Gesichtsausdruck. Obwohl ich entspannt war, haftete noch der Streit meiner Eltern an mir. Und immer, wenn Levi mich nicht direkt ansah, hatte ich das Gefühl wegzurutschen. Er war eine Art Anker für mich und hielt mich auf dem Boden. Solange er da war, hatte ich eine Stütze, einfach jemand, an den ich mich wenden konnte. Und wenn er sich so umdrehte, dann fühlte ich mich plötzlich alleine und hohl. Wie als gäbe es nur mich in dem Raum. Vergeblich versuchte ich dieses Gefühl zu bekämpfen aber es wallte immer wieder hoch. Sogar bis zu dem Punkt, dass ich Tränen unterdrücken musste. Ich wusste, dass ich morgen wahrscheinlich über meine jetzigen Gefühle lachen würde. Ich zog es vor nicht aus allem ein Drama zu machen.

Levi zuliebe versuchte ich meine Mundwinkel wieder nach oben zu bewegen, als er mir die warme Tasse in die Hand drückte. Es war ein kleines Stückchen Trost an diesem Abend, welches ich gut gebrauchen konnte.

Levi ging voran zu diesem himmlischen Sofa und klopfte links neben sich, als er saß. Ohne zu zögern tat ich es ihm gleich.

Meine Hände umklammerten die heiße Tasse, um die Wärme in sich auf zu nehmen. Als ich meinen Blick hob, war ich froh, dass Levi mich anschaute. Er schaute nicht forschend, nicht neugierig, nicht wütend, traurig, mitleidig, oder sonstwie. Er schaute mich an, wie als wüsste er, dass ich das brauchte.

CrowboyWhere stories live. Discover now