Kapitel 46

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Diesmal erkannte ich nicht sofort, in was für einen Raum ich war. Es war so dunkel, dass sich meine Augen nur langsam an die Lichtverhältnisse gewöhnten und sich die Umrisse der Gegenstände lange brauchten um deutlicher zu werden. Ich war wieder in meinen Körper und war niemand Außenstehendes. Ich lag auf irgendetwas weichem, eine Art Bett und blickte starr auf eine digitale Uhr, die auf einem kleinen Nachtisch stand. Die grünen Ziffern, die sagten, dass es gerade 23 : 37 Uhr war, spendeten dem kleinen Raum das einzige Licht. Als sich meine Augen endlich an die Dunkelheit gewohnt hatten, erkannte ich jemanden. Im schwachen grünen Licht konnte ich erkennen, dass es mein Bruder Luke war. Zwar war sein ganzer Körper in einer dicken Decke eingewickelt, aber dennoch guckte sein hellblonder Haarschopf hinaus. Er war vielleicht 17 oder 18, was hieß, dass ich in dieser Erinnerung ungefähr 14 oder 15 sein musste – sofern ich es von meinen anderen Erinnerungen und dem Altersunterschied in ihnen beurteilen konnte. Aber warum war ich so spät noch wach? Wartete ich auf irgendetwas? Und wenn ja, auf was?

Es waren noch ein paar weitere Minuten, die einfach so dalag und nichts tat außer auf die hellgrünen Ziffern der Uhr zu starren, die schienen stehengeblieben zu sein, da sie sich so langsam bewegten.

Es war um 23 : 52 Uhr, als ich mich so leise wie möglich aufdeckte und auf das Bett stellte. Die Federn in meiner Matratze quietschten, als ich mich zu etwas oben an der Wand streckt und das Messer, das ich von meinem Nachtisch aufgehoben hatte, schob ich unter etwas Metallisches und drückte es auf. Mit einem lauten Klick, das mich zusammenzucken ließ und ich mich zu Luke umdrehte, um mich zu versichern, dass er auch weiterschlief, schwang das Gitter des Lüftungsschachts auf. Da mein Bruder, der seelenruhig weiterschlief, nichts mitbekommen zu haben schien, stellte ich auf einen der Bettpfosten, hielt mich mit meinen Händen an dem Rahmen des Gitters fest und schwang mich in die kleine Öffnung am oberen Ende der Wand. Zwar kostete es mich ziemlich viel Kraft mich bis nach oben zu schwingen, da ich auch damals ziemlich klein war, aber ich schaffte es dennoch. Keuchend kroch in den Metallschacht, drehte mich um und schloss das Gitter so leise es ging hinter mir.

Sonderlich breit war der Schacht nicht – ungefähr 80 oder 90 Zentimeter – und genau so groß, aber da ich so klein war, fiel es mir nicht schwer mich schnell darin fortzubewegen. Ich krabbelte auf allen Vieren durch die verwinkelten Gänge, die mich ein wenig an das Labyrinth erinnerten, schien aber genau zu wissen wohin ich wollte, denn ich blieb an keiner Abzweigung auch nur einen Moment länger als nötig um zu überlegen. Immer wieder kam ich an ähnlichen Gittern vorbei, wie das durch das ich aus dem Zimmer geklettert war, aber ich konnte nie einen Blick erhaschen, was in den Räumen dahinter vor sich ging, denn mein damaliges Ich schien das nicht zu interessieren und ich konnte meinen Körper nicht selber steuern. Trotz allem war ich gespannt darauf, wohin ich so unbedingt wollte.

Es waren ungefähr weitere fünf Minuten später, als ich bei einer Abzweigung nach rechts abbog und ich in einen größeren Rau ankam. Wobei Raum war das falsche Wort, es war ja immer noch ein Lüftungsschacht, aber es war wie eine Vergrößerung des Schachtes – mindestens drei oder vier Mal so breit wie die Schächte, durch die ich gerade gekrabbelt war. An einem Ende war ein riesiger Ventilator angebracht, der mir Wind mitten ins Gesicht blies, aber der war mir gerade egal – meine Aufmerksamkeit lag auf etwas anderem.

Ein oder zwei Meter neben dem großen Ventilator saß Newt. Er war ungefähr 14 oder 15 – gleichalt wie ich – und hatte seine Hände um seine angewinkelten Knie geschlungen. Als er hörte, dass ich angekommen war, wendete er seinen Blick zu mir und schenkte mir ein aufrichtiges Lächeln.

„Ich dachte schon du kommst gar nicht mehr", sagte er zu mir und schloss mich ganz fest in den Arm, bevor er mir einen Kuss auf die Lippen gab, „wir haben uns schon so lange nicht mehr gesehen."

Alles, was wir geben mussten ~Maze Runner FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt