E I G H T T E E N

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Mit einer fließenden Bewegung stieg Caleb zu seinem Bruder ins Auto. Seinen Rucksack warf er auf die Rückbank, dann schnallte er sich an und wartete darauf, dass Damon losfuhr. Doch sein Bruder sah ihn nur abwartend an.
„Wieso hast du so lange gebraucht?"
„Musste noch etwas klären.", erwiderte Caleb nur. Damon warf ihm noch einen kurzen ungläubigen Blick zu, startete aber ohne ein Wort den Motor.

„Wieso hast du Kelsea eigentlich die ganze Zeit so merkwürdig angesehen?", fragte Caleb schließlich. Er versuchte es beiläufig klingen zu lassen, aber innerlich brannte er vor Neugier. Sein Bruder zögerte und kurz war Caleb sich nicht sicher, ob er eine Antwort bekommen würde.
„Das sollte nicht ich dir erzählen...", meinte Damon schließlich.
„Ach bitte, sag es mir doch einfach.", versuchte er ihn zu überzeugen. Caleb konnte spüren, wie die Fassade seines Bruders zu bröckeln begann, also setzte er noch einmal nach: „Und wenn es um meine Tanzpartnerin geht, sollte ich Bescheid wissen. Findest du nicht?"

„Sie hat Knieschmerzen.", meinte Damon seufzend. Verwirrt sah Caleb seinen Bruder an.
„Na und?"
„Ich rede von starken Schmerzen.", sagte Damon ernst, „Sie war schon bei einem Arzt, aber der hat nichts gefunden und war kein Sportmediziner, weil sie noch nicht so lange in England ist und keine Kontakte hat."
„Und du sollst dir ihr Knie jetzt anschauen, oder was?", hakte Caleb nach.
„Ja, das war James Idee und als ich ihr dann beim Training zugeschaut habe, ist mir aufgefallen, dass ihr ein tolles Team wärt. Also habe ich ihr einen Deal vorgeschlagen."
Caleb nickte verstehend: „Gar nicht so dumm. Aber wieso wolltest du dann das Training beenden?"
„Ich hatte noch keine Gelegenheit mir das anzusehen und sie wollte nicht, dass es irgendwer erfährt. Aber ich habe gesehen, wie sie versucht hat mit weniger Kraft wegzuspringen, wahrscheinlich hatte sie Schmerzen..."

„Glaubst du, sie hat sich deshalb so komisch verkrampft, wenn ich sie halten sollte?", fragte Caleb.
Irgendwie tat es ihm ja leid, wie er mit ihr umgesprungen war, aber woher hätte er das denn wissen sollen? Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Sie waren jetzt ein Team, da war es wichtig, dass sie ihm sowas erzählte. Wie sollte er denn sonst auf sie achtgeben? Langsam spürte er wieder die Wut in sich aufsteigen. Dieses Mädchen machte ihn wahnsinnig.

„Keine Ahnung. Vielleicht ist das einfach noch zu ungewohnt für sie."
„Und wieso sind ihre Eltern nicht mit ihr zum Arzt gegangen?"
„Sie wohnt bei ihrem Bruder und der weiß nicht mal, dass sie Eiskunstläuferin ist."
Wieder setzte Caleb zu einer Frage an, doch Damon unterbrach ihn. „Nein, keine Ahnung wieso. Ich weiß das alles auch nur von James, der es von seinem Bruder Will weiß!"

Seufzend ließ Caleb sich in den Sitz zurücksinken und schloss die Augen zu. Das war ganz schön viel zu verarbeiten...

~*~

Kaum kam ich zuhause an, lief ich in mein Zimmer. Meine Tasche warf ich rücksichtslos in eine Ecke. Um Harry und die anderen musste ich mir keine Sorgen machen, weil sie bei einer Veranstaltung waren. Da blieben sie sicher noch länger weg. Ohne zu duschen haute ich mich aufs Bett, zog mein Handy raus und rief Kylie an. Diese ging aber nicht an ihr Handy, weshalb ich die Nummer von Will wählte. Ich hatte sie irgendwann auswendig gelernt, weil ich ihn alle zwei Wochen unter einem anderen dämlichen Namen eingespeichert hatte und dann nie wusste, wie er hieß.
„Hi! Wie war dein erstes Training mit Caleb?", sagte Will nach dem ersten Tuten.
„Schrecklich.", sagte ich, bevor ich wirklich darüber nachdanken konnte, „Ich will einfach wieder nach Wien und dass alles wieder wie früher ist."
„Awww, was ist denn passiert, dass es so schlimm war?", fragte Will mitleidig. Also erzählte ich einfach, was alles passiert war.
„Das hört sich doch gar nicht so furchtbar an. Vielleicht war Caleb, oder wie der Typ heißt, auch überfordert und wollte dich beeindrucken. Du weißt doch, Jungs in dem Alter wissen noch nicht wie sie damit umgehen sollen, einem hübschen Mädchen nahe zu sein..."
Ich war mir sicher, dass Will mir jetzt schelmisch grinsend zugezwinkert hätte und begann zu lachen. Er hatte schon immer gewusst, wie man mich zum Lachen brachte.
„Ich wünschte, du wärst hier.", murmelte ich traurig.
„Kleine, bei meinem Bruder bist du viel besser dran. Er nimmt alles immer so entsetzlich ernst und ist so genau – mit ihm hast du mehr Chancen auf Gold bei der Olympiade."
„Das stimmt doch gar nicht. Du warst ein super Trainer!", widersprach ich sofort.
„Ja, für kleine Kinder vielleicht, aber nicht für sowas. Außerdem hat Jem echt viele Kontakte. Sieh das Paarlauf-Ding einfach positiv. Du kannst deine Gelenke bei den Sprüngen entlasten. Hoffentlich werden dann deine Knie besser. Haben sie dir beim Training weh getan?"
Kurz blieb ich still. Es war ja so klar, dass er nachfragen würde. Jetzt konnte ich aber auch nicht lügen, denn das wüsste er sofort. Will kannte mich einfach schon zu lange.

Jump Until It Feels Like FlyingDonde viven las historias. Descúbrelo ahora