Zu Hause

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Als Annika am nächsten Morgen aufwachte, fühlte sie sich wie ein ausgewrungener Waschlappen, doch zugleich realisierte sie auch sofort, wo sie sich befand und warum. Das erleichterte es ihr doch ziemlich, zügig aus dem Bett zu kommen. 
Schnell stand sie auf und schlüpfte dann hinaus in den Flur. Ruki hatte gesagt, ihre Sachen lägen in der Eingangshalle. Zugleich war dieser Satz in Annikas Ohren auch eine unausgesprochene Aufforderung gewesen, sich so bald wie möglich vom Acker zu machen. 
„Nichts lieber als das“, murmelte sie, während Annika eilig die Treppe hinunterstieg und sich dann ihren Weg zum Eingangsbereich suchte, wo sie tatsächlich ihre Schultasche vorfand, die sie sogleich schulterte. Dann lief sie zur Pforte und schob die schwere Tür auf. 
Endlich, dachte sie erleichtert, als ihr die frische Morgenluft um die Nase wehte. Gott sei Dank.
Doch schon im nächsten Augenblick schwante ihr, dass sie noch längst nicht in Sicherheit war. Um sie herum war nur Wiese und Wald, sonst nichts. Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich überhaupt befand, wie weit es bis zur nächsten Stadt war und welche Stadt das denn überhaupt sein würde. 
Als Annika das realisierte, wollte sie schon wieder am liebsten weinen. 
Doch sie kam nicht dazu, erneut zu verzweifeln, denn im nächsten Moment wurde die Eingangstür erneut geöffnet und sie erlitt schier einen Herzinfarkt. Als sie dann jedoch in das Gesicht von Harumi sah, atmete sie einigermaßen erleichtert auf. 
„Hey“, sagte das Mädchen und lächelte, ein Lächeln, mit dem sie Annika offenbar signalisieren wollte, dass sie keine Gefahr darstellte. „Ich hab’ dich die Treppe runterlaufen sehen und dachte, dass ich mal nach dir sehe.“ Dann jedoch zögerte sie, scheinbar wusste sie nicht, was sie nun am besten sagen sollte. „Ähm …“, begann sie stattdessen ein wenig unschlüssig. „Geht es dir wieder gut? Also … den Umständen entsprechend?“
Annika zögerte einen Augenblick, dann nickte sie knapp. Wieder bemerkte sie, wie viel kleiner Harumi war, allerdings wirkte sie zugleich auch älter, erwachsener. 
„Gut … ähm … tja …“ Harumi kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Tja … es tut mir leid, dass du es auf diesem Weg erfahren musstest. Aber … wenn dein Blut so besonders ist, war es wohl nur eine Frage der Zeit …“ Sie seufzte. „Sorry, ich bin nicht besonders sensibel bei sowas. Hime ist da besser. Ähm … pass’ auf dich auf, okay?“ Sie lächelte aufmunternd. 
Wieder nickte Annika, ihr Gesicht war vollkommen ausdruckslos. 
„Wenn du das Gefühl hast, dass die Sakamakis noch einen Versuch unternehmen wollen, dich zu beißen, dann kannst du zu uns kommen, ja?“, bot Harumi Annika nun an. „Wir halten uns in den Pausen meistens im ersten Stock bei den Treppen auf.“ 
Wieder ein Nicken. „Ja, mach’ ich“, meinte Annika bereitwillig. Bestimmt nicht, dachte sie unterdessen und spürte schon beim Gedanken daran, wie sich die Härchen in ihrem Nacken aufstellten vor Widerwillen. Als ob es irgendetwas verbessert hätte, sich in Kous und Azusas Nähe vor Ayato, Kanato und Raito in Sicherheit zu bringen. Und in Rukis Nähe. Auch die Aussicht darauf, am Abend wieder in diese verfluchte Schule gehen zu müssen, verursachte Annika Bauchschmerzen. 
Harumi lächelte beruhigt. „Gut. Ähm … Findest du … alleine nach Hause?“
Annika war versucht, die andere einfach abzuwimmeln und Ja und Amen zu sagen, aber dazu fehlte ihr genau genommen die Kraft. Darum schüttelte sie den Kopf. „Nein“, gab sie ehrlich zu. „Ich habe keine Ahnung, wo ich hier bin, wie ich zurückkomme …“ Wieder spürte sie Tränen in sich aufsteigen, sie war noch immer so schrecklich erschöpft …
„Okay. Ich helfe dir“, entschied Harumi sofort und lächelte. „Ich bringe dich zur Bushaltestelle. Von dort kommst du zumindest bis in die Stadt. Hast du Geld bei dir?“
Annika schüttelte gequält den Kopf. 
„Okay, hier“, sagte Harumi, kramte kurz in ihrer Hosentasche und hielt Annika dann einen etwas zerknitterten Geldschein hin. „Nimm schon“, sagte Harumi gutmütig. „Wir müssen zusammenhalten. Du hast schon viel zu viel durchgemacht.“ 
„D-danke“, stotterte Annika ein wenig überrumpelt und nahm das Geld entgegen. Irgendetwas sagte ihr, dass Harumi vielleicht sogar aus eigener Erfahrung wusste, wie es ihr ging … Wie sie wohl an diese Vampire geraten ist?, fragte sie sich verwundert. 
Als sie sich auf den Weg machten, schwiegen sie anfangs, doch dann begann Annika, sich ein wenig sicherer zu fühlen in der Gegenwart der anderen, und vor allem hatte sie nun endlich dieses unheimliche Anwesen hinter sich gelassen. 
„Was habt ihr drei … also du, Hime und Noriko, eigentlich mit diesen Vampiren zu schaffen?“, wollte Annika schließlich zögerlich wissen. 
Harumi grinste sie verschmitzt an. „Ich bin Yumas Freundin.“ 
„Das ist doch der Riese, oder nicht?“, fragte Annika nachdenklich. 
Harumi nickte fröhlich. „Genau der.“ 
„Dann seid ihr alle … mit echten Vampiren zusammen?“, hakte Annika noch einmal nach. 
Wieder ein Nicken seitens Harumi. „So ist es“, bestätigte sie. 
„Wie … kommt es zu so etwas?“, wollte Annika ein wenig ratlos wissen. 
Nun blies Harumi kurz die Wangen auf, ehe sie antwortete. „Lange Geschichte. Bei uns allen, soweit ich weiß.“ Sie machte eine kurze Pause. „Allerdings würden sie dich wohl nur noch mehr beunruhigen. Die Jungs sich unheimlich kompliziert.“
„Kompliziert?“, fragte Annika verwundert. 
„Na ja …“, sagte Harumi gedehnt. „Rücksichtnahme ist vor allem Yuma und Kou ein Fremdwort. Und ich glaube, sie alle haben eine angeknackste Psyche, vor allem Azusa“, meinte sie nachdenklich. „Aber man traut sich eben auch nicht, nachzufragen“, setzte sie dann hinterher. „Sie sind sicherlich schon sehr alt und Noriko hat mir mal erzählt, dass sie früher Menschen waren.“ Kurz fuhr sie sich mit einer Hand durch ihre feinen Haare, ehe sie weitersprach. „Kou hat ihr zufolge beinahe jede Nacht Albträume und auch Yuma hat mich bei dieser Gelegenheit schon mal aus dem Bett geworfen. Außerdem hat er großflächige Brandnarben auf dem Rücken.“ Harumi sah zum Himmel auf. „Ich weiß, dass ihm irgendetwas zu schaffen macht, und das beschäftigt mich, immerhin liebe ich ihn, aber …“ Sie seufzte. „Ich kann ihn nicht darauf ansprechen.“ Sie klang resigniert. „Die Jungs versuchen um jeden Preis, ihre manchmal unausstehliche Fassade aufrechtzuerhalten. Und die ist so dick, dagegen würde ich wahrscheinlich nicht ankommen, schon gar nicht bei Yuma.“ Sie zuckte mit den Schultern, sie wirkte bedrückt dabei. 
Eine Fassade, dachte Annika und musste unwillkürlich an die gefühllose Maske denken, die Ruki offenbar immerzu aufsetzte. 
Apropos Masken … „Sag’ mal … ist das wirklich Liebe bei euch oder … macht ihr das nur, weil ihr es müsst?“, fragte Annika schließlich, weil sie das Gefühl hatte, dass sie sich mit Harumi wirklich vernünftig unterhalten konnte. 
Harumi schmunzelte. „Ich liebe Yuma“, sagte sie schlicht und sie lächelte dabei so glücklich, dass sie Annikas Zweifel beinahe sofort ausradierte. „Da ist eine unheimlich tiefe Verbundenheit zwischen uns, die sich kaum beschreiben lässt“, erklärte Harumi ihr. „Und wenn du Noriko und Kou mal zusammen sehen würdest, wie die beiden immer herumturteln, müsstest du mich das nicht mehr fragen. Von Hime und Azusa will ich gar nicht erst anfangen.“ Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen. 
„Und … was war das dann gestern? Ich meine … Kou und … Noriko“, murmelte Annika und dachte an Norikos wütenden Blick zurück und natürlich an Kous Versuche, sich ihr gegen ihren Willen zu nähern. Diese ganze Situation war so schrecklich unangenehm gewesen …
Harumi seufzte. „Oh ja. So hab’ ich Kou noch nie erlebt, und Noriko sicherlich auch nicht. Du hast eine … na ja … beunruhigende Wirkung auf die Jungs gehabt.“
Annika schluckte. Warum ist das jetzt eigentlich alles meine Schuld?, fragte sie sich unbehaglich. Ich habe das alles doch gar nicht gewollt, ich wollte ja noch nicht einmal auf diese verfluchte Schule gehen … Sie atmete tief durch und begrub ihren Unmut vorerst. 
„ … Was ist eigentlich … mit Ruki?“, wollte Annika schließlich zögerlich wissen. 
„Huh?“, machte Harumi, überrascht über den plötzlichen Themenwechsel. „Was soll mit ihm sein?“, hakte sie verwundert nach und sah Annika aufmerksam an. 
„Du hast nur von den anderen drei erzählt“, meinte Annika leise. 
Harumi seufzte. „Gut, das liegt vermutlich daran, dass wir eigentlich nichts über Ruki wissen, auch Hime und Noriko nicht. Er ist, neben Azusa, der stillste von allen, und trotzdem hat er seine Brüder ziemlich gut im Griff.“ Sie grinste kurz. „Wir sind uns jedenfalls einig, dass wir ziemlichen Respekt vor ihm haben und ihn niemals wütend erleben wollen. Was er sagt, ist Gesetz in diesem Haus. Nicht einmal Yuma widerspricht ihm oft, und auch Kou zieht gegen ihn früher oder später den Kürzeren. Nein, am besten, man reizt ihn nicht.“ 
Annika schluckte. Wenn du wüsstest … Egal, wie sehr Annika es am vergangenen Tag in ihrer Wut noch darauf angelegt hatte, Ruki ebenfalls wütend zu machen, nun, da sie mit heiler Haut das Anwesen der Mukamis verlassen hatte, erschien ihr ihr Leben plötzlich wertvoller als jemals zuvor. 
Harumi bemerkte nichts von Annikas unruhigen Gedanken, sie sprach einfach weiter. „Meistens liest er und dann traut sich keine von uns, ihn zu stören. Wir haben kaum Kontakt mit ihm, weil er nicht mit uns spricht und wir nicht mit ihm. Aber trotzdem habe ich das Gefühl, dass er alles, was um ihn herum passiert, mit Adleraugen beobachtet.“
Annika erschauderte. Warum lebe ich eigentlich noch?, fragte sie sich und schüttelte kaum merklich den Kopf. Dieses Haus ist eine einzige Irrenanstalt. Sie musste wirklich ein nahezu unirdisches Glück gehabt haben. 
„So, da wären wir“, sagte Harumi da endlich und blieb neben dem Haltestellenschild stehen. „Wohin musst du denn?“, wollte sie freundlich wissen. Als Annika ihr die Adresse nannte, sah Harumi sie überrascht an. „Wenn ich mich nicht irre, ist das die Straße, in der Hime wohnt“, stellte sie verwundert fest. 
„Oh“, machte Annika nur. Sie war weder erfreut noch erschrocken, um genau zu sein, hatte diese Information für sie schlicht und ergreifend keine Bedeutung. Sie hatte in den letzten vierundzwanzig Stunden schon deutlich größere Überraschungen erlebt. 
„Das ist vielleicht gar nicht so verkehrt“, meinte Harumi jedoch nachdenklich. „So könnt ihr denselben Bus nehmen und du läufst nicht Gefahr, noch einmal überfallen zu werden.“
„Das klingt tatsächlich nicht schlecht“, gab Annika müde zu, ohne Harumis Vorschlag wirklich voll und ganz begriffen zu haben. Aber eines hatte sie begriffen. Von nun an kann ich keinen Fuß mehr vor die Tür setzen, ohne mich fürchten zu müssen. Ein Gedanke, der ihr erneut alle Lebensgeister raubte. 
„Danke“, sagte Annika schließlich einfach. Für mehr fehlte ihr die Kraft. 
„Gern geschehen … Ich wünschte, ich könnte dir auch anderweitig helfen“, meinte Harumi bedauernd und blickte die Straße entlang. „Du hast Glück, da kommt dein Bus.“ 
Annika lächelte matt. „Danke“, wiederholte sie noch einmal. Als der Bus anhielt und sie einstieg, spürte sie, wie sie zitterte, und das lag nicht nur an der frühmorgendlichen Kälte, die draußen herrschte. Der Schreck des vergangenen Tages ließ sie nicht immer nicht los. 
Die Busfahrt dauerte elf Minuten, eine Zeit, in der Annika keinen vernünftigen Gedanken fassen konnte. Sie wusste nicht, was sie noch fühlen sollte. Auf der einen Seite war sie unglaublich erleichtert und auf der anderen war da noch immer die Gewissheit, dass es mit diesem Horrortrip, den sie seit dem vergangenen Abend durchlebt hatte, noch nicht getan war. 
Und das alles nur wegen einer gottverdammten Blutgruppe oder so, dachte Annika dumpf. Wer hätte das denn ahnen können? Warum muss denn ausgerechnet diese Schule voller Vampire sein?
Annika ließ ihre Schläfe gegen das kalte Fensterglas sacken und versuchte, nicht länger nachzudenken. Sich dadurch zu quälen, würde sie nicht weiterbringen. Es gab nichts, das dieses Problem, das sich von heute auf morgen aufgetan hatte, lösen könnte. 
Ich kann lediglich die Schule wechseln, dachte Annika schließlich. Sie werden mir doch nicht folgen, oder? Wieder bekam sie eine Gänsehaut vor Grauen. Nein, bestimmt nicht, sagte sie sich dann fest. Ich muss es zumindest versuchen.
Als sie an der Bushaltestelle, an der sie am vergangenen Tag auch auf dem Hinweg zur Schule eingestiegen war, ausstieg, beeilte sie sich ganz besonders, schnell nach Hause zu kommen. Als sie das Mehrfamilienhaus erreichte, nestelte sie ihren Schlüssel hervor, den sie erst einen Tag zuvor bekommen hatte, und schloss die Haustür auf. Dann lief sie eilig hinauf in den zweiten Stock und sperrte dort die Wohnungstür auf. 
Die Tür ließ sich kaum öffnen, weil große, schwere Umzugskartons direkt im Flur standen, und als Annika sich durch den Türspalt quetschte, stolperte sie beinahe über die nächste Kiste, die sie im Halbdunkel nicht gesehen hatte. Mit einem großen Schritt stieg sie darüber. 
Gerade als sie sich in ihr Zimmer zurückziehen wollte, hörte sie, wie die Wohnzimmertür geöffnet wurde. „Annika! Mein Gott, wo bist du gewesen?“
Annika stieß genervt die Luft aus. „Jeder andere Ort hier ist genauso fremd wie dieser, also welchen Unterschied macht es schon, wenn ich woanders übernachte?“, fragte sie ärgerlich. 
Sie hörte, wie ihr Vater ungläubig nach Luft rang, dann spürte sie seine Hand auf ihrer Schulter und er riss sie energisch zu sich herum. „Sag’ mal, spinnst du eigentlich, junges Fräulein? Hast du auch nur ansatzweise eine Ahnung, was ich mir für Sorgen gemacht habe?“
Annika funkelte ihn einfach nur feindselig an und verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust. „Glaubst du, das interessiert mich? Lass’ mich einfach nur in Frieden!“ Mit diesen Worten wandte sie sich ab und verschwand in „ihrem“ Zimmer. 
Nachdem die Tür hinter ihr lautstark ins Schloss gefallen war, tat sich eine kurze Weile gar nichts, dann hörte sie, wie ihr Vater wieder ins Wohnzimmer verschwand. Sie selbst warf ihre Schultasche achtlos auf den Boden, trat ans Fenster und starrte wütend nach draußen, ihr Blick war so finster, dass es wohl nicht ausgeschlossen war, dass das Glas, das zwischen ihr und der Außenwelt lag, demnächst unter diesem Blick zerspringen würde. 
Irgendwann, nach vier oder fünf Minuten, in denen Annika sich nicht bewegt hatte, ging wieder die Wohnzimmertür und anschließend klopfte es an Annikas Zimmertür. 
Sie reagierte nicht, lediglich ihre Haltung versteifte sich ein wenig und sie verschränkte die Arme vor der Brust, ihre Finger krallten sich in ihre Oberarme. 
„Annika?“, sprach ihr Vater sie von draußen an. „Ich habe dann jetzt ein wichtiges Meeting. Ich werde erst ziemlich spät zurück sein. Bitte mach’ mir nicht noch einmal solche Sorgen, wenn ich heute Abend dann zurückkomme, ja?“ 
Annika sagte nichts, stattdessen biss sie sich so fest auf die Unterlippe, dass es schmerzte. 
„Annika? Hast du mich gehört?“, hakte ihr Vater nach, und nun klang er wirklich verärgert. 
„Ja!“, antwortete seine Tochter ihm gereizt. 
Eine kurze Weile war es still. Dann seufzte ihr Vater. „Ich bringe Haruka nachher mit und dann werde ich mich hier noch umziehen, ehe wir essen gehen. Tu’ mir bitte den Gefallen und benimm dich zumindest einigermaßen, wenn sie hier ist.“ 
Annika knirschte mit den Zähnen und antwortete nicht. 
„Haben wir uns verstanden?“, wollte ihr Vater nun scharf wissen. 
Annika ballte die Hände zu Fäusten und fuhr herum. „Mein Gott, ja!“, brüllte sie dann durch die geschlossene Tür zurück. 
„Gut.“ Mit diesen Worten verließ Annikas Vater die Wohnung. 
Annika hatte das Gefühl, gleich zu platzen. Sie hatte die Schnauze so voll von alldem … 
Es brauchte noch einige Minuten, bis sie sich wieder halbwegs beruhigt hatte, dann nahm sie ihre Schultasche auf, sammelte ihre Bücher und Hefte, die herausgefallen waren, wieder ein und legte sie neben die bloße Matratze mit blauem Spannbettlaken, auf der sie im Augenblick noch schlafen musste, bis sie ein richtiges Bettgestell bekam. 
Dann ging sie hinaus in den Flur, der über und über vollgestellt war mit Umzugskisten. Annika seufzte und öffnete den ersten Karton, inspizierte kurz den Inhalt und stellte fest, dass es sich um das Geschirr handelte, das sie von zu Hause mitgebracht hatten. Also trug sie den Behälter vorsichtig in die Küche und sortierte dort Teller, Tassen, Gläser und Besteck erstmals in die Hängeschränke und Schubladen ein. 
Als sie damit fertig war, kehrte sie in den Flur zurück und suchte nach den Kartons, in denen sich die Kleidung ihres Vaters befand. Sie schaffte die Kiste in sein Schlafzimmer und suchte dann dort nach einem angemessenen Hemd, einer Anzughose und einem Jackett. Sie legte die feine Kleidung auf seine Matratze und machte sich dann daran, die übrigen Klamotten in seine Kommode, die bereits am Fenster stand, einzusortieren. 
Anschließend tat Annika dasselbe mit ihren eigenen Sachen, auch in ihrem sonst noch recht leeren Zimmer stand bereits ein einfacher, sandfarbener Kleiderschrank. 
Als Annika schließlich fertig war, fühlte sie sich noch erschöpfter als zuvor. Das ist sicherlich der Blutverlust, dachte sie und ließ sich auf ihre Matratze sinken, vergrub das Gesicht in ihrem Kissen. Und natürlich fragte sie sich erneut, wie es nun weitergehen sollte. Ich kann es niemandem sagen, dachte sie nur. Man würde sie für verrückt halten. Aber ich kann die Schule wechseln … Aber auch das würde nicht von jetzt auf gleich gehen. Und in der Zwischenzeit gibt es jede Menge Gelegenheiten, in denen mir diese verfluchten Blutsauger wieder auf die Pelle rücken könnten, ergänzte sie im Stillen. 
Es war so viel passiert, die Ereignisse der vergangenen Tage wären sogar auf mehrere Monate verteilt noch erschlagend gewesen. Und so forderte die Erschöpfung erneut ihren Tribut und Annika schlief noch einmal ein, trotz aller Sorgen, die sie noch immer quälten. 

* ~ * ~ * ~ *

Hallo miteinander ^-^ Tut mir leid, dass das hier das berühmte 100%-OC-Kapitel ist, nachdem gestern schon nicht viel passiert ist, aber na ja ... muss halt sein, ne? ^^

Sooooo. Ich bin supergespannt auf eure Reaktionen, denn Annika war/ist ja ziemlich beliebt bisher ;D Ich frage mich, ob sich das jetzt vielleicht geändert hat. Hm ^-^ Sagt doch mal ;D

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