||25 Underground||

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Yoongi

Irgendwann, als die Sonne schon tiefer stand und Seoul in goldenes Licht tauchte, wachte ich langsam auf. Ich öffnete meine Augen und starrte auf... Haut?! Mit einem Ruck fuhr ich hoch und langsam kamen auch meine Erinnerungen an die letzten Stunden zurück. Jimin, ich, Paar. Mein Herz begann sofort wieder, kräftiger zu klopfen und Jimin, der mich unverwandt anblickte, machte die Sache nicht besser.

"Auch schon wach", scherzte er. 

"Tut mir leid. Du hättest mich einfach wecken können"

"Aber du hast du süß ausgeschaut, während du geschlafen hast"

"I-ich bin nicht... süß..."

"Oh doch, und schau, du hast mich ganz feucht gemacht"

Jimin deutete auf einen nassen Fleck auf seinem Hals. Hatte ich ihn etwa angesabbert? Oh man, wie peinlich war das denn?

"Das muss dir doch nicht unangenehm sein, Yoongi. Ich mag es~"

Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich ihn an. Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Er zeigte mir seine Zuneigung so offensichtlich, doch ich konnte es einfach nicht verarbeiten. Ich liebte ihn, so viel war klar, aber dieser ganze Pärchenkram überforderte mich. Vor ein paar Tagen dachte ich noch, er müsste bei meinem bloßen Anblick würgen, und jetzt störte ihn nicht einmal meine Spucke. So schnell komm ich dann doch nicht mit. 

"Mein Fehler. Ich hör schon auf"

Jimin lächelte mich entschuldigend an und fuhr sich absichtlich langsam durch die Haare. Dieser kleine Teufel...!

"Also, was wollen wir jetzt noch machen?", fragte ich ihn, um mich selbst abzulenken.

"Warte, Mist, wie spät ist es?"

Er kramte hektisch sein Handy aus seiner Hosentasche. Hatte er etwa wieder eine Verabredung mit jemandem  anderen? So wie vorgestern? Beim Gedanken an diesen Tag kamen Schuldgefühle in mir hoch. An diesem Morgen, an dem ich in der Badewanne gelegen hatte, hatte ich ihn belogen. Denn damals hatte ich nicht nur ein Bad genommen...

"Halb sechs! Verdammt, das wird knapp. Yoongi wir müssen uns beeilen"

"Hä, ich soll mitkommen?"

"Natürlich. Heute ist schließlich unser gemeinsamer Tag"

"Wohin gehen wir überhaupt?"

"Ein Ort, an dem es dir ganz bestimmt gefallen wird. Aber dafür müssen wir jetzt einen Zahn zulegen!"

Jimin, auf dessen Schoß ich noch immer saß, zog mich zu sich und half mir auf die Beine. Mein Herz schlug dabei in einem ungesunden Rhythmus und ich biss die Zähne zusammen. Dann sank Jimin vor mir auf die Knie, aber ich verstand nicht ganz, was das sollte.

"Spring rauf. So sind wir schneller"

"Aber ich kann doch selber laufen"

"Ja, aber vor dir steht der Gewinner des Schulmarathons, also komm jetzt auf meinen Rücken"

Ich zögerte etwas, näherte mich ihm dann aber doch. Ich ließ mich vorsichtig auf ihn plumpsen und schlang sofort meine Arme um seinen Hals, während meine Beine seine Taille in Beschlag nahmen. 

"Y-Yoongi, Luft!"

Erschrocken entfernte ich meine Arme und umschlang stattdessen seinen Oberkörper. War ich wirklich so unfähig, ihn jetzt schon zu verletzen? 

"Oh Gott, tut mir leid!"

"Passt schon. Also bist du bereit für einen wilden Ritt?"

Seine dunklen Augen funkelten gefährlich, aber ich wusste, dass ich ihm vertrauen konnte. Schließlich waren wir jetzt zusammen. 

"Gib Gas, Pferdchen!"

Jimin begann zu laufen mit einem heiteren Lächeln auf den Lippen. Er rannte unermüdlich und zwar mit einem ordentlichen Tempo. Ich hätte selbst alleine schon längst schlapp gemacht. War ich eh nicht zu schwer? Verdammt, ich hätte vorher nicht so viel essen sollen, dann müsste er jetzt nicht so viel Gewicht schleppen. Kam es nur mir so vor, oder war ein immer eine Last für Jimin? Nein, nein, nicht so denken Yoongi. Ihr seid ein Paar, er liebt dich hoffentlich und wenn nicht, dann bedeutest du ihm wenigstens etwas. Verpisst euch, ihr negativen Gedanke. Heute nicht!

"Wir sind da", keuchte Jimin.

Ich ließ mich von seinem Rücken gleiten und sah mich erst einmal um. In dieser Gegend war ich noch nie gewesen. Irgendwie sah es heruntergekommen und düster aus. Mir gefiel es. Die Fassade der Häuser bröckelte allmählich ab. Schummriges Laternenlicht erhellte die einsame Straße nur wenig. Und vor uns ein kleines Gebäude, auf dem mit Neonleuchten 'Underground' geschrieben war. Keine einladende Gegend, aber ich genoss die Atmosphäre komischerweise. 

"Was machen wir hier?"

"Wenn du es unbedingt wissen willst, gut. Also ich hab uns Konzertkarten besorgt"

"Ein Konzert? Wir gehen auf ein Konzert? Welche Musikrichtung?"

"Sei nicht so neugierig, du verdirbst dir noch die Überraschung. Aber es wird dir sicher gefallen!"

"Ich bin aber sehr wählerisch, was Musik betrifft"

"Ich weiß, deswegen hab ich mir auch so lange den Kopf darüber zerbrochen. Also kommst du?"

"Klar!"

Jimin trat zur Tür und drehte sich noch kurz zu mir um. Er streckte fordernd seine Hand aus. Ich verstand nicht ganz, was er wollte, deswegen schenkte ich ihm nur einen fragenden Blick.

"Ach, Yoongi wir müssen echt mehr Romanzen schauen. Und jetzt her mit deiner Hand, ich will schließlich mit dir angeben"

Ich hätte schwören können, mein Kopf war schon wieder rot geworden. Trotzdem legte ich meine Hand in seine und gemeinsam betraten wir das Gebäude. Das Ambiente hier entsprach etwa dem von draußen, nur das hier auch Leute waren. Viele tratschten einfach nur miteinander während andere ziemlich high aussahen... Instinktiv festigte ich den Griff um Jimins Hand und er lächelte mir aufmunternd zu. Trotzdem machte mich auch nur die Gegenwart von anderen Menschen nervös.

"Kann ich euch irgendwie helfen?", fragte eine junge Dame hinter einer Art Tresen.

"Wir haben Karten für das Konzert von XXXTentacion"

XXXTentacion? Nie gehört den Namen...

"Dürfte ich die Karten kurz sehen?"

Jimin händigte ihr die zwei Karten über. Die Frau kontrollierte sie kurz und wies uns dann mit einem leichten Lächeln nach hinten. Jimin zog mich mit sich dorthin und wir standen vor einer weiteren Tür. Diesmal eine Doppeltür in tiefen schwarz gestrichen. 

"Wer ist XXXTentacion?", fragte ich neugierig.

"Er", sagte Jimin nur und stieß die Doppeltür schwungvoll auf.


First Love is a Lie || YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt