||41 Surprise||

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Yoongi

Einfach so. Er war einfach so gegangen. Die Wärme seines Körpers schlich langsam aus der Decke. Und mit ihr auch meine Sorglosigkeit. Ich sollte nicht verletzt sein. Ich weiß, dass er das für seine Zukunft tut. Das ist eine einzigartige Chance für ihn. Ja, ich sollte mich doch eher freuen für ihn. Freu dich für ihn, freu dich für ihn! Aber selbst jetzt nach wenigen Minuten vermisse ich schon seine Nähe, seine Worte und sein Lächeln. Aber er wird mich jeden Abend anrufen, das wird schon. Ich schaff das. Ich komm aus diesem Loch raus. Jimin hatte mir doch oft genug gezeigt, wie ich das konnte. 

Und ganz plötzlich schluchzte ich auf. Warum? Weil ich zum ersten Mal seit Langem wieder so etwas wie Hoffnung verspüre. Nicht Hoffnung, die Jimin mir geschenkt hat. Nein, diesmal konnte ich sie ihn mir spüren. Seit verdammten Jahren hatte ich auf diesen Moment gewartet. 

Ich rollte mich in meinem Bett zusammen und roch an der Decke, die noch immer Jimins Duft beherbergte. Ich weinte. Ich weinte Freudentränen. Ich konnte das hier wirklich durchziehen. Komm, eine Woche war möglich! 

Ich stürzte zu meinem Klavier und klappte den Klavierdeckel behutsam auf. Ich musste jetzt spielen. Diese Hoffnung musste ich auf die kalten Tasten übertragen. Und das tat ich auch. Es war eine langsame hoffnungsvolle Melodie. Ich mochte sie irgendwie. Es war mal was Neues. Jimin hätte es gefallen. 

Da hatte ich die Idee. Ich könnte doch für Jimin ein Lied schreiben! Und es ihm, wenn er heimkommt, vorspielen! Oh ja, das machte ich! Und diese Melodie musste unbedingt drin vorkommen. 

Ich kramte in meinem verstaubten Notenkasten nach Notenpapier, das ich vor Ewigkeiten mal gekauft und nie verwendet hatte. Zum Glück fand ich es und sofort schrieb ich die Noten auf. Ich brauchte ziemlich lange, da ich nie der Beste im Noten lesen gewesen war. Aber es war okay. Ich brauchte sowieso eine Beschäftigung. Mein Opa war tot, Jimin war weg. Ich musste nur beschäftigt bleiben, dann werden mich die Gedanken nicht einholen können. Also ließ ich mir alle Zeit der Welt beim Niederschreiben. 

Irgendwann wurde es dann Dunkel und ich weigerte mich noch immer aufzuhören oder zu essen. Ich hatte einfach Angst vor mir selbst. Aber hatte Jimin nicht gemeint, das war gar nicht ich selbst? Das war einfach diese scheiß Krankheit, die mir das Alles einredete. Vielleicht war ich ja wirklich nicht so schrecklich. Sonst würde Jimin doch nicht mit mir abhängen, oder?

Plötzlich zerschnitt ein hektisches Klopfen die laute Stille. Ich erschrak nicht. Ich wurde nur misstrauisch. Wer sollte um diese Uhrzeit noch etwas bei mir zu suchen haben? Mir fiel nur Jimin ein, aber der musste zuhause sein, deswegen konnte er es nicht sein. Aber wer sonst? Vielleicht doch die Polizei von dem "Beinahe-Unfall" vor ein paar Tagen? Oh Gott, bitte nicht!

Leise schlich ich zu meiner Eingangstür und lauschte. Es wurde noch immer geklopft. Wieso konnte ich nicht ein bisschen Luxus haben und mir einen Türspion leisten? Naja, sonst bekam ich eben nie Besuch...

Ich atmete kurz durch und machte mich auf das ernste Gesicht des Polizisten gefasst, bevor ich den Schlüssel im Schloss umdrehte und die Tür öffnete. 

"Yoongi!", rief Park Jimin und warf sich in meine Arme. 

Ich erstarrte vor Überraschung und blinzelte mehrmals ungläubig mit den Augen. Jimins Körperwärme durchflutete mich sofort und seine knuffige Wange streifte meine. Was machte er hier? Er musste doch noch seinen Koffer packen und alles. Wieso war er hier? Er löste sich wieder von mir, ohne dass ich die Begrüßung auch nur irgendwie erwidern konnte. 

"Ich versteh's, wenn du noch verletzt bist, Yoongi. Soll ich doch lieber wieder gehen?", fragte er zögerlich.

"N-nein, bitte nicht. I-ich war nur so...so überrascht,...dass du hier bist", fand ich langsam meine Worte wieder.

Jimin lächelte breit und umarmte mich nochmal. Diesmal war ich auch endlich in der Lage, die Geste zu erwidern. Ich drückte seinen kleinen Körper ganz dicht an mich und er schmiegte seinen Kopf gegen meinen. Dieser süße Junge hier war doch wieder in meinen Armen gelandet. Und ich dachte, ich würde erst in einer Woche wieder in den Genuss seiner Nähe kommen. Zum Glück nicht. 

"Ich hab meine Mutter überredet, noch einmal zu dir kommen zu dürfen"

"Wie denn? Sie mag mich doch nicht mal..."

"Sie hat nur Angst, dass du mich 'ansteckst'. Aber das ist unmöglich und das sollte sie wissen. Und mein Vater mag dich noch immer, deswegen war er auch auf meiner Seite"

"E-er mag mich?", erkundigte ich mich ungläubig.

"Haha, ja. Meinen Koffer hatte ich auch schon gepackt, also hatte sie keine Argumente mehr"

Irgendwie rührte es mich, wie sehr er sich dafür einsetzte, mich sehen zu können. Tränen traten mir in die Augen und ich bekam wieder einen Blinzelanfall. Bleib stark, verdammt. 

"Gehen wir rein?", nuschelte Jimin gegen mein Shirt.

Ich nickte. Er hielt meine Hand selbst für dieses kurze Stück. Plötzlich schoss es mir durch den Kopf. Die Noten von Jimins Lied lagen noch auf meinem Schreibtisch! Wie von Teufel besessen ließ ich seine Hand los und rannte in mein Zimmer. Dort griff ich hastig nach den Blättern und schleuderte sie schlampig in die nächstbeste Schublade. Ich sprintete zurück zu ihm. Wow soviel Sport hatte ich wahrscheinlich während der letzten Jahre nicht gemacht. 

"Was hast du gerade versteckt?", wollte er besorgt wissen.

"N-nicht sowas. Aber ich kann es dir nicht sagen..."

Er schenkte mir einen traurigen Blick, der voller Sorge war. Fuck, und schon wieder alles falsch gemacht, Yoongi. Wo bleibt nur mein Grammy fürs Verkacken?

"Ist schon okay...ich denke nicht, dass du dich geschnitten hast...ich dachte nur, wir hätten keine Geheimnisse voreinander"

"D-das ist kein Geheimnis...obwohl irgendwie schon, aber du wirst es erfahren"

"Also eher wie eine Überraschung?"

Ich nickte und Jimins Miene hellte sich augenblicklich auf. Vorfreude und Überraschung zeichneten sich nun in dem Funkeln seiner Augen ab und mein Herz flatterte auf. Ob vor Erleichterung oder einfach der Schönheit des Anblicks weiß ich nicht. But idc.









First Love is a Lie || YoonminWhere stories live. Discover now