Prolog

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"Ich wünschte wirklich sagen zu können, dass es mir schwerfiel oder dass ich es bereue und dass ich es beim nächsten Mal vielleicht anders machen würde. Ich wünschte, ich hätte eine Ausrede, die das Ganze hier auch nur ansatzweise rechtfertigen könnte. Dass meine Eltern mich nie geliebt haben. Oder dass ich von irgendeinem Psycho immer und immer wieder gequält wurde. Ich wünschte, es gäbe irgendein fatales Ereignis in meinem Leben, dass mich bis zu meinem Lebensende geprägt und mich schließlich zu dem gemacht hat, was ich heute bin. Doch so ein Ereignis hat es nie gegeben. Ich bin absolut unbeschwert aufgewachsen. Mit verständnisvollen Eltern, die mich liebten und sich um mich sorgten. Mit normalen Hobbies. Mit normalen Freunden. Ein Leben, dass normaler nicht hätte sein können.

Bis ich eines schönen Morgens aus meinem Bett aufstand, mir ein Messer aus der Küche holte und es meinen Eltern ins Herz rammte, während sie friedlich schlummerten. Es fiel mir nicht schwer. Ich bereue es nicht und ich würde es wahrscheinlich wieder tun, wenn ich die Möglichkeit dazu hätte. Ich habe es auch nicht aus Hass getan, noch weil ich Spaß am Töten hab oder wissen wollte, wie es sich anfühlt. Nein. Wisst ihr, warum ich es getan habe?"

Lächelnd blickte sie auf die beiden gefesselten Polizisten hinab und wartete auf ihre Antwort. Während sie erzählt hatte, waren immer mehr kleine Tränen aus den geröteten Augen der Polizistin gequollen und über ihr leichenblasses Gesicht gekullert. Man konnte ihre Todesangst beinahe greifen. Der ältere Partner neben ihr hatte sich dagegen kaum etwas anmerken lassen. Stattdessen hatte er sie schon seit er in diesem Badezimmer aufgewacht war, mit einem durchdringenden Blick angestarrt. Als versuchte er herauszufinden, was die junge Frau mit ihnen vorhatte und wie er und seine Partnerin am besten lebend hier wieder rauskommen würden. Sie lächelte noch breiter, beugte sich vor und strich dem alten Mann die blutverklebten, grauen Haare aus dem Gesicht.

"Mir war einfach so schrecklich langweilig", seufzte sie dramatisch und blickte ihn dabei mit großen, unschuldigen Augen an. Für einen Moment blitzte ein Funken Unsicherheit, wenn nicht sogar Angst in seinen Augen auf. Dass Lächeln verschwand von ihrem blassen Gesicht und sie drehte sich mit einem enttäuschten Seufzer dem Waschbecken zu. "Du willst mir also weiß machen, dass all die Menschen, die du auf dem Gewissen hast, nur gestorben sind, weil so ein kleines Miststück wie du Langeweile hatte? Du bist echt das Letzte!" Seine Stimme begann zu beben und versagte beinahe bei seinem letzten Satz. "Ich bin das Letzte, ja? Ein kleines Miststück? Was genau unterscheidet mich denn bitte von dem Rest der Welt?", antwortete sie monoton, immer noch mit dem Rücken zu ihnen gedreht. "Solange es sich nicht um einen Verwandten oder Freund handelt, juckt es doch da draußen eh niemanden, wenn ich hier mal ein bisschen aufräume und Platz für Neues schaffe. Niemand schert sich auch nur einen Scheiß um diesen Typen." Sie drehte sich langsam wieder zu den beiden Polizisten um und zeigte dabei auf die blutüberströmte Leiche des Hausbesitzers. "Ach und das gibt dir das Recht Gott zu spielen und die Menschen, die dir nicht in dein Bild passen, einfach aus dem Weg zu räumen?", fragte David mit einem verachtenden Unterton in der Stimme. Ein breites Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus und sie fing an zu Lachen. "So naiv", flüsterte sie, während sie sich so tief zu dem Polizisten hinunter beugte, dass sie eine Mischung aus seinem Aftershave und dem getrockneten Blut auf seiner Stirn riechen konnte. "Jeder hat das Recht Gott zu spielen. Die Meisten haben nur nicht den Mumm, es auch wirklich durchzuziehen." Mit demselben breiten Lächeln schob sie dem alten Mann ein Küchenmesser in die Brust, bis es komplett darin verschwunden war. Röchelnd kippte er zur Seite. "Wir sehen uns in der Hölle.", flüsterte sie, während die Blutlache um ihn immer größer wurde. "Und was mach ich jetzt mit dir?" Ihr Blick richtete sich auf die junge Polizistin, die nun gefesselt in der Blutlache ihres früheren Partners saß. Sie hatte aufgehört zu weinen, doch dafür waren ihre Augen jetzt vor Schreck weit aufgerissen und starrten auf das Messer, dass noch immer aus der Leiche des alten Mannes herausragte. "Langweilig", seufzte die Mörderin, richtete ihre Mütze und die Sonnenbrille und verließ den Raum, ohne die gefesselte Frau auch nur eines zweiten Blickes zu würdigen.

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