kapitel 3

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In der Mittagspause holte ich mir einen Salat und Chili con Carne von der Essensausgabe. Dann sah ich mich in der Cafeteria um.

Die meisten Tische waren bereits voll besetzt - Gruppen hatten sich zusammengefunden, alte Freunde, neue Bekannte. Sie alle waren am Lachen und Reden. Der Lärmpegel war so laut, dass ich mir am liebsten meine Kopfhörer in die Ohren gestopft und die Musik dermaßen laut aufgedreht hätte, dass mir die Trommelfelle platzten.

Letztendlich suchte ich mir, wie immer schon, einen leeren Tisch irgendwo in einer Ecke aus und ließ mich dort auf einen Stuhl nieder. Dann holte ich aus meinem Rucksack das Buch hervor, das ich momentan las. Es war der zweite Band der A Court of Thorns And Roses - Trilogie von Sarah J. Maas, eine meiner absoluten Lieblingsautoren. Während ich die Seite aufschlug, an der das Lesezeichen steckte, ließ ich noch einmal den Blick durch den Raum schweifen.

Wie oft hatte ich mich an dieser Stelle befunden und die Menschen um mich herum betrachtet? Wie oft dabei dieses bekannte Stechen in der Brust verspürt?

Und wie es schien, sollte sich daran in Zukunft nichts ändern. Das hier war wohl mein Schicksal - am Rande zu stehen und andere beim Leben beobachten.

Frust baute sich in mir auf, doch ich schluckte das Gefühl herunter. Ich zwang meinen Blick auf die Seiten und begann zu lesen.
Normalerweise fiel es mir nicht schwer, in ein gutes Buch einzutauchen und ziemlich schnell verlor ich mich dann in der Geschichte und alles um mich herum verschwand. Heute hatte ich aber Probleme damit, mich auf die Zeilen zu konzentrieren. Ständig musste ich blinzeln, weil die Wörter vor meinen Augen verschwammen.
Mit einem resignierten Seufzer gab ich es schließlich auf und kniff die Augenlider zu. Ich massierte mir mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel, tief durchatmend, um den Druck zu lindern, der sich in meiner Brust gebildet hatte.
Dieser Tag war einfach nur scheiße!
Wieder verspürte ich ein Kribbeln auf der Haut, doch ich ignorierte das Gefühl - mittlerweile wusste ich, dass es nur meiner Einbildung entsprang. Es war nicht so, dass mich tatsächlich jemand ansah. Das hatte ich im Laufe des Vormittags kapiert.
Für mich selber war der Look, den ich heute trug, fast schon ein Meilenstein an Veränderung. Wenn ich an die langweiligen langen Röcke und die formlosen Blusen dachte, die Mum mich sonst zwang anzuziehen, dann waren die engen Jeans und das Top definitiv das Figurbetonteste was ich jemals an hatte. Und ich spürte es deutlich - wie der Jeansstoff sich eng an meine Beine schmiegte und jede Kurve betonte; wie das Top über meine Brüste spannte und sich gleichzeitig viel zu luftig anfühlte.
Für mich war das neu - für die anderen aber nichts besonderes.
Ganz ehrlich, Annie! Was hast du für Reaktionen erwartet? Dass sich alle zu dir umdrehen und rufen „Die hat ja Jeans an! Krass!"
Meine Wangen brannten. Im Nachhinein kam ich mir bescheuert vor. Aber so in etwa hatte ich mir das vorgestellt. Nun ja, vielleicht nicht ganz so übertriebene Reaktionen - aber zumindest, dass es den Leuten auffiel.
Schön blöd.
Das Kribbeln auf meiner Haut verstärkte sich. Missmutig rieb ich mir über die Stirn, im Versuch, das Gefühl los zu werden. Als es nichts brachte, schaute ich letztendlich doch auf.
Und begegnete einem Blick, der tatsächlich auf mir lag.
Seinem Blick.
Ich holte tief Luft und erwartete, dass er gleich wieder weg schauen würde - so wie auch in den letzten eineinhalb Jahren, wann immer unsere Blicke sich zufällig gekreuzt hatten.
Aber heute nicht. Heute sah Kyler Bowen nicht weg.
Um genau zu sein, starrte er mich dermaßen intensiv an, dass ich sogar quer durch die ganze Cafeteria die Hitze seines Blicks spürte, wo er mich traf.
Ich schluckte schwer und befahl mir, weg zu sehen. Aber aus irgendeinem Grund konnte ich mich nicht von ihm abwenden.
Seit ich Kyler in jenem Sommer durch mein Fenster hatte klettern lassen, hatten wir kein einziges Wort miteinander ausgetauscht. Um genau zu sein, schien er, wann immer wir uns zufällig begegneten, mich überhaupt nicht wahr zu nehmen. So, wie auch der Rest der Menschen.
Anfangs hatte es mich geschmerzt, zu wissen, dass er mich trotz jener Nacht nicht wieder erkannte. Aber mit der Zeit hatte ich mich damit abgefunden.
Was allerdings nicht hieß, dass ich unser Treffen damals vergessen hätte. Das würde ich wahrscheinlich nicht einmal, wenn ich achtzig und dement wäre. Es war das erste Mal gewesen, dass mich jemand angesehen hatte - wirklich angesehen hatte. Mich wahrgenommen hatte. Auch wenn er mich seit dem wie Luft behandelte, die Erinnerung an dieses Gefühl konnte mir keiner nehmen.
Einer der Typen, die bei ihm saßen, sagte ihm etwas ins Ohr, worauf woraufhin Kyler sich nun doch abwandte.

Kaum hatte er seinen Blick von mir gelöst, spürte ich, wie sich meine Schultern entspannten und ich atmete die Luft aus, die ich unbewusst angehalten hatte. Schnell schaute ich auf die Tischplatte vor mir und ermahnte mich, nicht wieder aufzusehen.

Leider konnte ich meine Gedanken nicht so gut kontrollieren. 

Kyler Bowen hat mich angestarrt! Röte schoss mir in die Wangen, als sich diese Worte wieder und wieder in meinem Kopf drehten. Er hat mich tatsächlich angestarrt!

Okay, jetzt bloß nicht durchdrehen, Annie!

Aber ich konnte nicht anders und schaute abermals auf.

Enttäuschung machte sich in mir breit, als ich sah, dass der Tisch, an dem Kyler gesessen hatte, leer war. Er und seine Freunde hatten die Cafeteria verlassen.

Resigniert ließ ich den Kopf hängen.

Es ist eben doch alles wie immer.

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⏰ Terakhir diperbarui: Jul 09, 2018 ⏰

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