Kapitel 15

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Irgendwann war Serenity auf Sunray's Rücken eingeschlafen. Sie wusste, dass sie nicht träumte, als sie das Fenster erkannte. Das war alles, was im Moment existierte, das Fenster mit den Blumengardinen. Und vor diesem Fenster stand die Lady Mysteria. Serenity machte sich auf alles gefasst. Normalerweise schaffte sie es Außenstehende aus ihren Träumen herauszuhalten, aber ihr momentaner geistiger Zustand erlaubte das nicht mehr.
„Was willst du hier?", fragte sie, als sie näher trat.
„Ich möchte ein wenig reden", antwortete Lady Mysteria freundlich.
„Und worüber möchtest du reden?"
„Na worüber wohl? Über den Sterndiamanten natürlich."
„Darüber gibt es nichts zu besprechen", sagte Serenity entschieden.
„Serenity", sagte Lady Mysteria versöhnlich, „ich bin mir sicher, wir können uns irgendwie einigen, wenn du-"
Serenity stampfte mit dem Huf auf. „Nein! Es gibt nichts zu bereden. Verschwinde!"
Lady Mysteria machte ein enttäuschtes Gesicht. „Wie schade. Ich hatte gehofft, du würdest deine Meinung noch ändern. Aber wenn du so denkst, kann man wohl nichts dagegen machen." Sie wandte sich ab und eine Tür erschien neben ihr. „Das ist wirklich zu schade, für den kleinen Sunray."
„Warte!", rief Serenity als Lady Mysteria einen Schritt auf die Tür zumachte. „Was meinst du damit?"
Lady Mysteria blickte über die Schulter. „Na, wie schon? Du bist mir jetzt schon so oft entwischt, du hast mehr als einmal bewiesen, dass du sehr schwer zu fangen bist. Aber ob das auch für Sunray gilt?"
„Lass ihn in ruhe!"
„Pah! Wie könnte ich? Er ist der Grund, warum du so weit gekommen bist. Er ist ein Hindernis für meine Pläne und anscheinend hat er interessante Fähigkeiten. Selbst Dovario ist an ihm interessiert. Ich werde nicht mehr Jagd auf dich machen, Serenity. Aber dafür ganz gezielt auf Sunray. Und du wirst ihn nicht ewig Beschützen können. Die Frage ist nur, was ich mit ihm anstelle, wenn ich ihn habe. Ich könnte ihn zu einem meiner Diener machen", sagte sie abwägend.
Serenity knirschte mit den Zähnen.
„Oh, das gefällt dir nicht?", sagte Lady Mysteria lächelnd. „Wie wäre es dann damit?"
Ihre Augen glühten auf und eine Flut von Bildern fiel über Serenity her. Bilder die all die Grausamkeiten zeigten, die Lady Mysteria Sunray antun konnte.
„Hör auf!", schrie Serenity.
„Du weißt, dass ich bereit bin alles zu tun, um in die Sternstadt zu kommen", hörte sie Lady Mysteria's scharfe Stimme. „Und du kennst auch die letzten Zeilen der Prophezeiung genauso gut wie ich. Es gilt nicht nur für dich, sondern genau so sehr für ihn."
Sie weinte. Aber die Bilder schossen weiter durch ihren Kopf. Plötzlich hörte sie Sunray's Stimme: „Serenity! Serenity, wach auf!"
„Du willst doch nicht, dass ihm so etwas passiert, oder?", hörte sie Lady Mysteria sagen. „Dann bring mir den Sterndiamanten."
Damit schreckte sie auf.
Und fiel fast von Sunray's Rücken.
Sunray torkelte ein wenig zur Seite. „Oh Mann, ich dachte schon, du wachst gar nicht mehr auf", sagte er.
„Wie..." Serenity versuchte die Angst in ihrer Stimme zu unterdrücken. „Wie lange habe ich geschlafen?"
„Eine Ewigkeit. Dann hast du angefangen zu zappeln und zu murmeln. Hattest du einen Albtraum?"
Serenity wischte sich über eine Tränenspur in ihrem Gesicht. „Ja", sagte sie. „Ja, ein Albtraum."
„Sehr schlimm?", fragte Sunray.
Serenity dachte an die Bilder, die ihr Lady Mysteria gezeigt hatte.
„Schrecklich", sagte sie.
„Naja, jetzt ist ja alles gut", sagte Sunray und versuchte mitfühlend zu klingen. „Ich bin ja da."
Dabei warst du doch Teil des Albtraums, dachte Serenity und atmete tief durch. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Einen Moment lang fragte sie sich, ob sie Sunray davon erzählen sollte. Stattdessen legte sie den Kopf auf seine Mähne und fragte: „Bin ich nicht zu schwer?"
„Also um ehrlich zu sein", setzte Sunray an.
Bevor er weitersprechen konnte, sagte Serenity: „In so einer Situation sagt man: Nein, überhaupt nicht. Du bist leicht wie eine Feder."
„Oh." Sunray war ehrlich überrascht. „Echt?"
„Du bist ein Heukopf", sagte sie und fühlte wie die Angst in ihr langsam nachließ, aber trotzdem nicht vollständig ausgelöscht wurde.

Serenity achtete darauf ja nicht noch einmal einzuschlafen, während Sunray sie immer weiter trug. Sie merkte, wie seine Schritte immer kürzer wurden und er immer schwächer, bot ihm mehr als einmal an, eine Pause einzulegen, aber Sunray ging stur immer weiter vorwärts. Deswegen fing sie an, ihn alles zu fragen, was ihr gerade einfiel.
Was war sein Lieblingsessen? Heuauflauf.
Seine Lieblingsfarbe? Blau.
Sein lieblings Hufball-Team? Die Hoofston Hoofers.
Sein Lieblingsbuch? Berry Trotter und der verwaiste Stein. Auch wenn er eigentlich wenig las.
Wie viele Geschwister er hatte? Dazu konnte selbst er keine genauen Angaben machen.
Doch langsam gingen ihr die Fragen aus. Also stellte sie die Frage, die sie schon die ganze Zeit über im Sinn hatte, auch wenn es ihr eigentlich ein wenig peinlich war: „Weißt du noch, als ich bei dir zu Hause war und alle dachten ich wäre deine Freundin?" Es war erst ein paar Tage her, aber Serenity kam es wie eine Ewigkeit vor.
„Ja", antwortete Sunray.
„Sie sagten ich wäre deine erste Freundin", sagte Serenity weiter und spürte, wie es ihr immer peinlicher wurde. „Aber du sagtest, ich wäre nicht deine erste Freundin. Hattest du denn schon mal eine?"
„Ich hab haufenweise Freunde", sagte Sunray mit zitternder Stimme. Was sollte diese Fragerei auf einmal?
„Nein, du weißt schon, wie ich das meine." Serenity wand sich ein bisschen. „Ich meine, ob du schon mal eine richtig feste Freundin hattest?"
Beide waren froh, dass sie sich nicht in die Gesichter sehen konnten, weil beide knallrot waren.
Schließlich antwortete Sunray mit: „Ähm."
„Ähm ist keine Antwort", sagte Serenity unwirsch.
„Ich schätze schon", sagte Sunray langsam. „Irgendwie."
„Irgendwie? Wie kannst du dir nicht sicher sein?"
„Naja, es ist kompliziert."
Serenity's gespanntes Schweigen wertete Sunray als Aufforderung weiter zu erzählen.
„Also, wir waren in der Grundschule und..."
„Habt ihr euch geküsst?", schoss es aus Serenity's Mund.
„Sie hat mich geküsst", stellte Sunray richtig.
„Und du hast sie geküsst?"
„Naja", Sunray ahnte, dass er hier keine richtige Antwort geben konnte. „Sie hat mich auf den Mund geküsst und deshalb hab ich auch praktisch sie - wieso interessiert dich das auf einmal?"
„Tut's nicht", antwortete Serenity schnippisch. „Tut es überhaupt nicht. Bild dir bloß nichts ein."
Sunray fühlte sich, als ob ein gewaltiges Fragezeichen auf seinen Kopf hämmern würde. „Was soll ich mir einbilden?"
„Gar nichts. Geh einfach weiter."
Sie schwiegen eine Weile, er verwirrt, sie verdrossen. Dann sagte Sunray: „Das ist schon ewig her. Ich hab's damals auch nicht wirklich begriffen." Er wusste zwar nicht warum, aber er fand es wichtig, dass Serenity das wusste. Und irgendwie glaubte er zu merken, dass Serenity nicht mehr ganz so angespannt war.

Sunray - Das Geheimnis der Sternstadt (My Little Pony Fanfiction)Where stories live. Discover now