44. Ich hasse es, wenn mein Bruder weg muss...

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Ich hasse es, wenn mein Bruder Charlie weggehen muss.

Meine Eltern versuchen mir oft zu erklären, wie Krank er ist. Und das ich Glück habe ein Gehirn zu haben, in dem alles so funktioniert, wie es sein sollte. Ich beschwere mich oft, wie langweilig mir doch ist, wenn ich keinen kleinen Bruder zum spielen habe. Doch dann versuchen sie immer nur, mich schlecht fühlen zu lassen, indem sie mir sagen, dass ihm noch viel langweiliger ist, in dem dunklen Raum einer Anstalt, in welchem er eingesperrt ist.

Ich bettle sie jedes mal an, dass sie ihm noch eine Chance geben. Natürlich haben sie es die ersten male gemacht. Charlie ist ein paar mal zurück nach Hause gekommen, doch die Zeitspannen, die er zuhause verbrachte, wurden immer kürzer. Es beginnt gewiss jedes mal wieder von vorne. Die Katzen aus der Nachbarschaft, mit herrausgerissenen Augen in seiner Spielzeugkiste. Die Rasierklingen meines Vaters verteilt auf der Rutsche, die sich auf dem Spielplatz der gegenüberliegenden Straßenseite befinden. Die Vitamin-tabletten meiner Mutter, ausgetauscht mit den Spülmaschienen tabs...

Meine Eltern zögern immer öfter, geben ihm nur noch selten eine "letzte Chance". Sie sagen, dass seine Behinderung ihn beeindruckend macht, sie macht es ihm leicht, Normalität zu imitieren. Er kann die Ärzte, die ihn betreuen, leicht austricksen und sie denken lassen, er wäre bereit zur Rehabilitation. Immerzu erzählen sie mir, dass ich mich lieber langweilen sollte, wenn es hieß, dass ich somit sicher vor ihm bin.

Ich hasse es, wenn Charlie weggehen muss.

Dann muss ich immer so tun, als wäre ich brav, bis er endlich zurück kommt.

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Danke an EscapingTheReallife dafür, dass ich diese Geschichten abschreiben darf.

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